Rechte Propaganda steigt in der Region an

Wittlich · Deutlich mehr rechtsextreme Straftaten in Rheinland-Pfalz: Das hat das Innenministerium auf eine Kleine Anfrage der Grünen mitgeteilt. Auch die Region schneidet schlecht ab, insbesondere der Kreis Bernkastel-Wittlich. Eine organisierte rechte Szene gebe es aber nicht, sagt ein Sprecher der Polizei Trier.

Jugendliche, die in Landscheid ein Hotel verwüsten, weil es als Flüchtlingsunterkunft genutzt werden soll, Hakenkreuze an der Traben-Trarbacher Moselbrücke, eine brennende Fußmatte vor einer Unterkunft für Flüchtlinge im gleichen Ort und Brandstiftung in einem von Flüchtlingen bewohnten Haus in Niederstedem (Eifelkreis Bitburg-Prüm): Die Meldungen über mögliche und tatsächliche rechtsextreme Straftaten häufen sich - auch in der Region.

Laut einer Antwort des rheinland-pfälzischen Innenministeriums auf eine "Kleine Anfrage" der Grünen ist die Zahl der rechten Straftaten nicht nur bundesweit, sondern auch in Rheinland-Pfalz deutlich gestiegen: 701 waren es 2015. Das waren 180 mehr als 2014. Damit wurden laut Innenminister Roger Lewentz erstmals seit 2011 steigende Fallzahlen im Bereich der "politisch motivierten Kriminalität - rechts" registriert. Brand- und Sprengstoffanschläge gab es bis 2015 zum Beispiel keine in der Region. Im vergangenen Jahr waren es laut dem Innenministerium gleich sechs in Rheinland-Pfalz.

Diesen Anstieg erklärt der Trierer Leiter des Fachkommissariats für politisch motivierte Kriminalität und Terrorismus mit der aktuellen politischen Situation. Es gebe mehr Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte und Asylbegehrende und mehr Proteste gegen Überfremdung. Auch politische Äußerungen könnten solche Straftaten schüren. Es gebe mittlerweile mit der NPD, den Republikanern, dem Dritten Weg, der AfD und deren Ableger ALFA vier bis fünf Parteien in der Region, die man dem rechten Spektrum zuordnen könne. Auch wenn diese nicht zu Gewalt aufriefen, fühlten sich manche dazu berufen, "etwas zu tun".

Bernkastel-Wittlich an vierter Position im Land

Der Landkreis Bernkastel-Wittlich steht gemeinsam mit dem Rhein-Pfalz-Kreis mit 33 rechtsextremen Straftaten in 2015 an vierter Position im Land - hinter Ludwigshafen (80), Kaiserslautern Stadt (55) und Mayen-Koblenz (36). Von den 33 Taten waren vier Gewaltdelikte: zwei Brandanschläge, eine Körperverletzung und ein "anderes", worunter laut einem Sprecher des Innenministeriums zum Beispiel Raub fällt. Außerdem wurden 25 Propagandadelikte, drei Volksverhetzungen und eine Bedrohung beziehungsweise Nötigung registriert. Dass die Zahl rechtsmotivierter Straftaten im Vergleich zum Vorjahr um 20 Delikte gestiegen ist, erklärt der Leiter des Fachkommissariats für politisch motivierte Kriminalität mit der hohen Zahl an Propagandadelikten. Darunter fielen zum Beispiel Hakenkreuz-Schmierereien.

"Propaganda-Delikte sind sehr leicht unentdeckt zu begehen", erklärt er. Die modernen Medien vereinfachten das. Aber: "Hinter der Zahl steckt keine größere rechte Szene als in anderen Regionen", versichert er. Es gebe keine Erkenntnisse über strukturierte Zusammenschlüsse rechtsgesinnter Menschen in der Region. Übergriffe seien im Bereich des Polizeipräsidiums Trier Einzeltaten. Die Bekämpfung von rechtsmotivierter Kriminalität sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Polizei könne nur einen Teil dazu beitragen. So organisiere sie Vorträge in Schulen, um Eltern zu sensibilisieren. "Viele merken erst sehr spät, dass ihre Kinder sich damit beschäftigen." Oft sei eine Veränderung im Sprachgebrauch oder in der Kleidung von Jugendlichen ein Indiz für eine rechte Orientierung. Dass viele Menschen Ängste hätten, sei der Polizei bewusst. "Subjektiv nehmen wir das sehr ernst, an objektiven Kriterien können wir es nicht festmachen", sagt der Kommissariatsleiter für politisch motivierte Kriminalität und Terrorismus. "Trier ist eine sehr sichere Region."

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