Restaurierung mit Hindernissen

Wittlich · Der Friedhof Burgstraße ist eine kultur- und kunstgeschichtlich interessante Anlage. Einzelne Grabmale zeugen in Material und Form vom ehemaligen Zeitgeschmack. Eines wird derzeit als Paradebeispiel restauriert. Dabei sind zwei Schwarzglasstücke abhanden gekommen. Rückgabe erwünscht.

 Am Schwarzglasgrabmal fehlen zwei Scheiben. TV-Foto: Sonja Sünnen

Am Schwarzglasgrabmal fehlen zwei Scheiben. TV-Foto: Sonja Sünnen

Foto: (m_wil )

Wittlich. "Ich kann es nicht mit ganzer Sicherheit sagen, aber ich glaube, es ist das letzte Schwarzglasmal auf dem Friedhof Burgstraße." Sebastian Langner, Steinmetz und Bildhauer, kennt das Beispiel für eine bestimmte Grabmalzeit und Technik sozusagen in- und auswendig. Er restauriert es und weiß: "Es ist erhaltenswürdig, gehört stilistisch eher ins 19. Jahrhundert und ist eventuell schon einmal innerhalb des Friedhofs umgezogen. Es besteht aus altem Wittlicher Sandstein, was selten ist, und war komplett schwarz gestrichen. Die mit Bronzeschrauben vorgesetzten Schwarzglasscheiben hatten eine Schrift in Gold. Das Kruzifix war abhanden gekommen, das habe ich bereits rekonstruiert." Zuvor war das Grabmal nicht mehr standfest, vermutlich wäre es aus dem Friedhofsbild verschwunden, hätte der Bildhauer sich nicht für die "Ruhestätte der Familie Eichhorn-Moseler" (frühestens ab 1915) eingesetzt. Ein Erhalt geht nur mit offiziellem Einverständnis. "Die Stadt Wittlich und die Stiftung Stadt Wittlich fördern im Rahmen ihrer Möglichkeiten und im Sinne des Stiftungszwecks auch die Pflege von Kulturgut. Bisher wurde auf dem Friedhof Burgstraße in einem Einzelfall die Sicherung und Instandsetzung einer kunst- und kulturhistorisch bedeutsamen und erhaltenswerten Grabstelle unterstützt", sagt dazu Jan Mußweiler, Pressesprecher der Stadtverwaltung auf TV-Nachfrage.
Um seine Arbeit ordentlich zu erledigen, hatte Langner die aus verschiedenen Teilen bestehende Konstruktion auseinandergebaut und in seine Werkstatt gebracht. Dabei musste er zwei an der Oberkante geschwungene Seitenstücke mit Schwarzglas zurücklassen. Sie sind jetzt verschwunden. "Irgendjemand hat wohl geglaubt, er rette die beiden Scheiben vorm Wegwerfen", so Langner.
Zeugen des Zeitgeschmacks


Das besondere, komplett durchgefärbte und in Form geschliffene Glas wurde abgeschraubt und von Unbekannten mitgenommen. Sebastian Langner bittet nun darum, dass die Scheiben, die sehr schwer nachzuarbeiten sind, nebst Montagematerial wieder zurückgebracht werden. Dafür hat er Schilder an den leeren Steinen angeklebt: "Diese Scheiben fehlen. Bitte wiederbringen!" steht darauf.
Damit könnte eine kunsthistorisch interessante Arbeit weiterhin vom Zeitgeschmack vor 100 Jahren zeugen. Sebastian Langner gibt einen Schnellkurs, was es ansonsten alles an Trends gab: "Das Schwarzglas, das heute kaum noch hergestellt wird, war genauso modeabhängig wie in den 1950er-Jahren die möglichst dunklen Steine. Die 70er konnten nicht hell und rau genug sein, in den 80ern ging es nicht bunt genug. Da kamen die Steine aus Indien, fliederfarben, auf Hochglanz poliert."
Dunkles Glas erlebe dabei wieder ein Revival, was man ganz woanders, nämlich in Küchen sehen könne, in denen die gefliesten Rückwände nun stattdessen mit dunklem Glas beklebt würden.
Doch zurück zum Friedhof: Wer die Scheiben hat, möge sie bitte wieder zum Grabmal legen. Gott vergelt's sozusagen. sos

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