"Rettung von Menschenleben hat Priorität" -TV-Interview mit dem Leiter der ADAC-Rettungsstation in Wittlich

Wittlich · 2125 Einsätze ist der Wittlicher ADAC-Rettungshubschrauber Christoph 10 im vergangenen Jahr geflogen. Dienstreisen von Funktionären des Vereins seien keine darunter gewesen, versichert der Leiter der Station, Jens Richter. Im TV-Interview nimmt er Stellung zu den Diskussionen rund um den Automobilclub und unterstreicht die Wichtigkeit der Luftrettung.

 Jens Richter vor dem Rettungshubschrauber Christoph 10. TV-Foto: Sonja Sünnen

Jens Richter vor dem Rettungshubschrauber Christoph 10. TV-Foto: Sonja Sünnen

Wittlich. Ob die getürkte Abstimmung zum Autopreis "Gelber Engel" oder vermeintliche Manipulationen bei Reifentests: Der Automobilclub ADAC ist in den vergangenen Wochen in die Negativschlagzeilen geraten. Unter anderem sollen Funktionäre Rettungshubschrauber der ADAC-Luftrettung für Dienstfahrten genutzt haben. Ein solcher Rettungshubschrauber - der Christoph 10 - ist seit 1975 auch in Wittlich angesiedelt. TV-Redakteurin Nina Ebner hat mit dem Leiter der Wittlicher Station, Jens Richter, gesprochen.

Herr Richter, wie oft sind Sie und Ihr Team in den letzten Tagen angesprochen worden auf die aktuelle Diskussion rund um den ADAC?
Jens Richter: "Natürlich werden wir angesprochen. Aber am Ende weiß glaube ich jeder, dass wir jeden Tag für sie unsere Arbeit verrichten und dort helfen, wo andere in Not geraten. Im Übrigen werden und wurden keine Rettungshubschrauber der ADAC-Luftrettung für ,Dienstfahrten' genutzt. Für offizielle Termine des Präsidenten wurden Reservemaschinen verwendet."

Wurde denn der Wittlicher Rettungshubschrauber Christoph 10 - wenn auch nicht für Dienstfahrten - ab und an mal für etwas anderes als Rettungseinsätze benutzt?
Richter: "Nein, die Stationen sind jeden Tag mit einem Rettungshubschrauber und Personal - mindestens einem Piloten, Notarzt und Rettungsassistent - besetzt und einsatzbereit. Die Rettung von Menschenleben hat die absolute Priorität."

Die Zahl der Einsätze des Wittlicher ADAC-Hubschraubers ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. 2010 waren es noch 1832 Einsätze, 2011 schon 1961, 2012 2039 und 2013 sogar 2125 Einsätze. Wie erklären Sie diesen Anstieg?
Richter: "Die Bevölkerung wird älter und die Notarztversorgung schwieriger, gerade in den ländlichen Bereichen. Durch unsere hohe Geschwindigkeit können wir jeden Ort im Einsatzgebiet in kurzer Zeit erreichen und die Patienten bei Bedarf schnellstmöglich in das nächste geeignete Krankenhaus bringen. Auf diese Art ergänzen wir das Rettungsdienstsystem seit Jahren sinnvoll. Ist ein bodengebundener Notarztstandort im Bereich einmal nicht verfügbar, so schließen wir diese Lücke mit dem Rettungshubschrauber und helfen, die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen."

Wann wird die Luftrettung überhaupt alarmiert? Gibt es bestimmte Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit der Christoph 10 in die Luft steigt?
Richter: "Eingesetzt werden wir von der Rettungsleitstelle Trier. Jeder Notruf über die 112 geht dort ein und wird bearbeitet. Die Rettungsmittel werden dann entsprechend der Einsatzlage und des Einsatzortes disponiert. Dazu wird eine Weg-Zeitberechnung durchgeführt und dem Disponenten ein entsprechendes Rettungsmittel vorgeschlagen. Wir werden überwiegend dann alarmiert, wenn ein Notarzt benötigt wird und wenn bestimmte Verletzungs- beziehungsweise Krankheitsbilder vorliegen, die eine schnelle Behandlung und einen gegebenenfalls schonenden Transport des Patienten erfordern."

Wie oft stellt sich später am Einsatzort heraus, dass der Christoph 10 umsonst geflogen ist?
Richter: "Dass wir gar nicht gebraucht werden, kommt selten vor. Oftmals können wir helfen, indem der Patient vor Ort versorgt wird und dieser dann mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gefahren wird. So steht der Rettungshubschrauber sofort wieder für weitere Notfälle zur Verfügung. Wichtig ist beim Notruf, möglichst genaue Angaben zur Notsituation zu machen, denn diese Informationen bilden die Entscheidungsgrundlage für den Disponenten der Rettungsleitstelle."

Ist es richtig, dass über jeden Einsatz des Rettungshubschraubers ein Protokoll geführt wird und auf einem vorgedruckten Formular Flugzeit, Einsatzziel und Angaben zur Besatzung notiert werden?
Richter: "Jeder Flug des Rettungshubschraubers wird vom Piloten in das Bordbuch des Hubschraubers eingetragen und unterschrieben. Damit ist jede Flugbewegung nachvollziehbar. Auch die Leitstelle kann über das System ,Rescue Track' am Bildschirm die Flugbewegungen verfolgen."

Warum ist der Einsatz des Christoph 10 unverzichtbar?
Richter: "Die Versorgung der Patienten gerade in den ländlichen Regionen wird aufgrund des Mangels an Notärzten immer schwieriger. Der Rettungshubschrauber wird hier sinnvoll eingesetzt, um mit einem Notarzt einen großen geografischen Bereich abzudecken. Darüber hinaus bietet der Rettungshubschrauber enorme Zeitvorteile gerade für die Region Eifel, Mosel, Hunsrück. Auf der Straße verliert der Patient wertvolle Zeit, gerade wenn es in die weiter entfernte Spezialklinik geht." nebExtra

Die ADAC-Luftrettung ist deutschlandweit an 36 Stationen mit 51 eigenen Rettungs- und Intensivhubschraubern vertreten. In Wittlich ist der Christoph 10 seit 1975 stationiert. Seitdem wurden mehr als 38 000 Einsätze in der Region geflogen. Das Luftrettungsteam in Wittlich besteht aus insgesamt drei Piloten, sechs Rettungsassistenten und 16 Notärzten. Leiter der Station ist seit dem Jahr 2007 der 41-jährige Pilot Jens Richter. neb

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort