Feste und Feiern Kleine Dorffeste stehen wegen neuem Gesetz vor dem Aus

Lieser · Neues Polizei- und Veranstaltungsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz bremst Dorffeste aus: Traditionsveranstaltungen müssen abgesagt werden, darunter auch das Lieserer Wein- und Straßenfest, das es in der alten Form nicht mehr geben wird.

 In Lieser gab es trotz Pandemie ein Hoffest anstelle des Straßenfestes. Dabei wird es auch in Zukunft wohl bleiben. Foto: Hans-Peter Linz

In Lieser gab es trotz Pandemie ein Hoffest anstelle des Straßenfestes. Dabei wird es auch in Zukunft wohl bleiben. Foto: Hans-Peter Linz

Foto: TV/Hans-Peter Linz

„Unser Straßenfest wird in Zukunft nicht mehr stattfinden. Der Aufwand ist zu groß und das Fest können wir in der ursprünglichen Form nicht mehr durchführen,“ sagt Ortsbürgermeister Jochen Kiesgen aus Lieser. Das Wein- und Straßenfest in dem Moselort war in den vergangenen Jahrzehnten ein fester Termin im Veranstaltungskalender.

Aber das neue Polizei- und Ordnungsbehördengesetz, das die Landesregierung mitten in der Corona-Krise verabschiedet hat, macht es kleineren Orten zunehmend schwer, ihre Feste in der traditionellen Form weiterzuführen. Kiesgen sagt: „Wir werden statt des Wein- und Straßenfests zu einem Höfefest einladen, wie wir es in den zwei Jahren der Pandemie auch gemacht haben.“ Damit wird die Aussage mancher Bedenkenträger, Corona-Restriktionen seien das „new normal“, die neue Normalität, tatsächlich Realität. Und das nicht nur in Lieser, denn auch andere Ortsgemeinden kämpfen derzeit mit den Verschärfungen dieses Gesetzes.

Woran hakt es nun in Lieser? Das neue Gesetz erfordert für Veranstaltungen unter anderem verschärfte Sicherheitskonzepte, die nur noch wenig Ermessensspielraum zulassen. Und der war früher nötig. „Der Veranstaltungsraum müsste nun abgetrennt werden und wir müssen Rettungswege freihalten. Das ist in einer eng bebauten Ortschaft nur sehr schwer so umzusetzen, wie es das neue Gesetz fordert,“ sagt Kiesgen. Gerade das machte bislang den Charme solcher Feste aus.

Kiesgen gibt die Hoffnung aber nicht auf: „Die Hürden sind sehr hoch und das Land Rheinland-Pfalz lässt uns Kommunen mit dem Gesetz im Stich. Da ist noch Nachbesserungsbedarf, worauf wir hoffen.“

Das sehen Stadträte in Bernkastel-Kues ähnlich. Denn auch dort ist das neue Gesetz in der Kritik. Nach zwei Jahren Pandemie-bedingter Pause soll das Weinfest der MIttelmosel in diesem Jahr wieder stattfinden. Die Großveranstaltung wird aber auch nicht in der herkömmlichen Form stattfinden. Vielmehr hat man sich für ein „Weinfest light“ entschieden: Das Feuerwerk wird nicht am Samstag, sondern am Sonntagabend gezündet und der Festumzug wurde komplett gestrichen.

Auch hier erschweren die neuen Anforderungen die Planung des Fests. Um zu große Menschenansammlungen zu umgehen, soll durch die Verschiebung des Feuerwerks der Samstagabend entlastet werden. Sonst hätte das Moselufer komplett mit einem Gitter abgesperrt werden müssen. Kosten- und Zeitaufwand dafür hätten das Budget des Festes gesprengt, von der seltsamen optischen Anmutung mal ganz abgesehen. Lothar Marmann von der UBU-Fraktion im Bernkastel-Kueser Stadtrat deutete bereits an: „Wir müssen das Gesetz ändern und über unsere Parteien Druck machen!“

Grundsätzlich müsste bei jedem Fest im Vorfeld ein umfangreiches Sicherheitskonzept erarbeitet werden, um zu prüfen, in welche Kategorie das Fest fällt. Denn das Gesetz unterscheidet zwischen Veranstaltungen mit unterschiedlich hohen Besucherzahlen. Je nach Erwartung wäre dann auch ein Sicherheitsdienst für Feste erforderlich, die bislang ohne auskamen. Gerade für kleinere Gemeinden, in denen die Vereine solche Feste organisieren, könnte das hoch problematisch werden. Wolfgang Port, Stadtbürgermeister von Bernkastel-Kues, warnte gar davor, dass das neue Gesetz das Aus für viele mittelgroße Dorffeste bedeuten könne.

Die mit dem neuen Gesetz verbundene Landesverordnung „Gefahrenvorsorge und Gefahrenabwehr bei öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel in Rheinland-Pfalz“ vom Mai 2021, sieht vor, dass Veranstaltungen mit zeitgleich mehr als 5000 Besuchern als Großveranstaltung ausgelegt werden können. Das könnte für Lieser zutreffen, aber auch für die Morbacher St. Anna Kirmes.

Ob diese stattfinden wird, ist auch noch ungeklärt. Morbachs Bürgermeister Andreas Hackethal betonte jüngst, dass man grundsätzlich bestrebt sei, die Kirmes nach zwei Jahren Zwangspause wieder zu veranstalten. Aber auch hier müsse man noch vieles mit der Verwaltung abstimmen. Es zeigt sich, dass weniger die Großveranstaltungen, die schon seit vielen Jahren Sicherheitskonzepte erarbeiten von dem Gesetz betroffen sind, als vielmehr die kleineren Feste.

Im Wittlicher Rathaus blickt man bislang der Säubrennerkirmes optimistisch entgegen. Die Großveranstaltung war ebenfalls in den vergangenen zwei Jahren ausgefallen. In Wittlich hatte man 2015 ein umfangreiches Sicherheitskonzept erstellt, aber auch hier müsse die Planung an die neuen Vorgaben angepasst werden. Das letzte Wort hat bei solchen Großveranstaltungen schlussendlich die Kreisverwaltung, die solche Feste genehmigen muss.

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