Riesen-Enttäuschung und etwas Zuversicht

"Eine Riesen-Enttäuschung" - nennt Matthias Richter, am Mittwoch in den Ruhestand verabschiedete Leiter der Regionalen Schule Salmtal (RGS), die Entscheidung aus Mainz, dass die RGS noch keine Integrierte Gesamtschule (IGS) werden kann.

 Auch in Zukunft keine Integrierte Gesamtschule: Die Regionale Schule in Salmtal. TV-Foto: Archiv/Nora John

Auch in Zukunft keine Integrierte Gesamtschule: Die Regionale Schule in Salmtal. TV-Foto: Archiv/Nora John

Salmtal. 17 neue IGS wird es landesweit ab dem Schuljahr 2010/11 geben können. Die RGS Salmtal ist nicht dabei. "Ich weiß nicht, woran es liegt, dass wir diese Chance nicht bekommen haben", sagt Matthias Richter. Das Lehrerkollegium habe ein klares pädagogisches Konzept erstellt, man habe auf eine 96-prozentige Zustimmung der Eltern aufbauen können und systematisch auf die IGS hingearbeitet. Zumal man in Salmtal trotz allgemein sinkender Schülerzahlen jedes Jahr mehr Schüler habe binden können.

Attraktive Schule, die zum Abitur führen könnte



Zwei Mal sei eine verpflichtende Ganztagsschule in Salmtal abgelehnt worden, und jetzt auch die IGS. Matthias Richter vermutet, die ungeklärte Situation in Wittlich habe eine Rolle gespielt. "Wir sind am Rande von Wittlich eine attraktive Schule, die auf einem anderen Weg zum Abitur führen könnte. Das Kollegium wird demotiviert sein", schließt er seine Reaktion. Der RGS hat aktuell die Schulentwicklungsplanung des Kreises bestätigt, dass sie im konstanten Maße Schüler gebunden habe. Deshalb wurde die Bildung einer IGS mit eigener Oberstufe auch dort vorgeschlagen, um die Realschule und die Gymnasien in der Stadt Wittlich zu entlasten. Und: "Diese neben Bernkastel-Kues schülerstärkste Verbandsgemeinde sollte ihre eigenen Kinder mit Blick auf das schulische Angebot zu allen Abschlüssen führen können."

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Wittlich-Land, Christoph Holkenbrink, sagt "Ich bin über die Entscheidung sehr enttäuscht und warte auf eine offizielle Begründung. Nach Informationen des Bildungsministeriums ist die bisher ungeklärte Situation in Wittlich ein Grund für die ablehnende Entscheidung."

Er gibt aber nicht auf - zumal in Hetzerath zum neuen Schuljahr die Grundschule zur Ganztagsschule wird. Er setzt auf das Land: "Im Hinblick auf Gespräche mit dem Ministerium gehe ich davon aus, dass wir noch vor Weihnachten die Option erhalten, auch in Salmtal Ganztagsschule zu werden. Sonst würde ich die Welt nicht mehr verstehen. Und ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass wir dann im nächsten Durchgang auch eine IGS werden können." Diese Entscheidung sei dann zeitnah notwendig im Hinblick auf die erforderlichen Neubauten, die als Einheit betrachtet werden müssten.

Und Matthias Richter, 40 Jahre im Schuldienst, ist noch eines wichtig: "Ein Kollegium, das sich über viele Jahre für ein attraktives Schulsystem motiviert, auf Integration und nicht auf Selektion setzt, sollte bei der Vergabe der IGS-Standorte berücksichtigt werden. Nicht allein fiskalische Abwägungen sollten den Ausschlag geben."

Meinung

Unselige Abhängigkeit

Offensichtlich ist den Anstrengungen für eine sinnvolle Zukunft der Salmtaler Schule angesichts der fehlenden Entscheidungen zur künftigen Schulsituation in Wittlich sozusagen der Lohn verweigert worden. Das ist aus Landessicht plausibel, da die Bildungsstruktur als Netz gesehen werden muss. Allerdings ist diese Abhängigkeit eine unselige. Wer seine Hausaufgaben gut macht und dann einen "schwarzen Peter" kassiert, kann nur reagieren wie es stellvertretend Schulleiter und Bürgermeister tun: sehr enttäuscht. Wie Holkenbrinks Einschätzung zu künftigen Entscheidungen aus Mainz zu entnehmen, ist nun der "schwarze Peter" als "eine Runde aussitzen" zu begreifen, so schwer es auch fällt. Recht hat der Bürgermeister auch darin, dass einem wohl zu erwartenden "Ja" zur Ganztagsschule schnell ein weiteres zur IGS folgen sollte. Und: Andere sollten ihre Hausaufgaben für Wittlich endlich und gut machen, anstelle sich darauf auszuruhen, dass sie Entscheidungen vertagt haben. s.suennen@volksfreund.deEXTRA Schulstrukturreform: 102 Anträge auf Einrichtung einer Realschule plus oder einer Integrierten Gesamtschule (IGS) lagen in Mainz vor. Für 50 Realschulen plus und 17 IGS hat das Bildungsministerium eine Einrichtungsoption erteilt. 22 Schulen, die IGS werden wollten, ist diese zum Schuljahr 2010/11 nicht genehmigt worden. Sie sollen laut Wolf-Jürgen Kahle, Pressesprecher des Ministeriums, "in der nächsten Zukunft eine qualifizierte Rückmeldung zu ihrem Antrag und eine intensive Beratung durch die Schulaufsicht erhalten."

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