Rodeo auf dem Wasser: Motorbootrennen auf der Mosel (Fotostrecke)

Traben-Trarbach · Lokalmatador Jörg Gleinert besteht seine Feuertaufe beim Weltmeisterschaftslauf in Traben-Trarbach. Der 37-Jährige zeigt Respekt und Ehrgeiz beim Motorbootrennen auf der Mosel.

Es dauert schon eine ganze Weile, bis der Mann mit dem breiten Kreuz, den kurz rasierten Schläfen und dem zusammengebundenen Haarzopf sich aus allem herausgeschält hat, was er in der mittäglichen Hitze mit sich herumschleppt. Helm, Maske, feuerfeste Unterwäsche, Fahreranzug, Stiefel.

Da kommen ein paar Kilo zusammen, und bei Temperaturen jenseits von 25 Grad gerät man da am Moselufer ganz schön ins Schwitzen. Vor allem dann, wenn man sich in dieser Montur auch noch bäuchlings in den engen Schlauch eines Rennboot-Cockpits zwängt, um anschließend mit diesem Ungetüm brüllend, springend und vorwärts schießend Rock'n Roll auf der Gischt zu tanzen.

Aber Jörg Gleinert bleibt nichts Anderes übrig, denn er hat Großes vor an diesem Wochenende. Einem Renn-Wochenende, wie es noch keines für den 37-jährigen Traben-Trarbacher gegeben hat. Der Mann, der vor mehr als 20 Jahren durch seinen ebenfalls Rennen fahrenden Vater zum Motorboot-Sport gekommen war, fährt in diesem Jahr zum ersten Mal um Weltmeisterschafts-Punkte in der sogenannten Klasse Osy 400. Dort tummeln sich Könner in bunten, Raketen-ähnlichen Flundern, die an diesen beiden Tagen über das Wasser auf der Mosel schießen.

Dazu zählen auch Starter aus den USA, die während des ganzen Sommers zwischen den Erdteilen unterwegs sind. Einer ist der 55-jährige Billy Allen aus Oklahoma, der - gestählt von unzähligen Duellen in tobenden Fluten - im Sportlerlager so breitbeinig umherstapft wie einst Wyatt Earp zu Zeiten des Goldrauschs.

Jörg Gleinert ist in diesem Jahr von den sogenannten 350ern umgestiegen auf die OSY-400, in der er jetzt zum ersten Mal um Weltmeisterschaftspunkte fährt. Sie bildet eine Art Königsklasse auf dem Wasser. Die Boote sind mit Geschwindigkeiten bis zu 185 Stundenkilometer unterwegs. "In der 350er-Klasse fliegt man freier, fährt ruhiger und bekommt längst nicht so viele Schläge mit wie in der Osy 400", sagt Gleinert. Ein solches Boot sei sehr viel schwieriger zu beherrschen: "Du musst mit mehr Körpereinsatz fahren. Das ist so ein bisschen wie Rodeo auf dem Wasser." Die Konkurrenten aus der neuen Bootsklasse kennt er schon. Mit Massimo Rossi, dem jungen italienischen Weltmeister, der im Vorjahr auf tragische Weise in Traben-Trarbach beim Rennen sein Leben verlor, habe er zuvor mal gemeinsam im Krankhaus in einem Zimmer gelegen. Gleinert: "Wenn dann so was passiert, das vergisst Du nie."

Zum ersten Mal habe er drei Wochen vor seinem Traben-Trarbacher Heimspiel in dem neuen Boot gelegen. Von Gewöhnung könne man da nicht sprechen. "Jeder Boots-Typ ist anders. Es dauert eine Zeit lang, bis man eins wird mit dem Boot. Mit Respekt, aber auch mit Ehrgeiz, wolle er an sein Heimspiel herangehen, hatte Gleinert im Vorfeld gesagt. "Wir sind noch ein junges Team. Wir müssen alles selbst finanzieren", erläutert der 37-Jährige. Aber zum Hinterherzuckeln wolle er sich den Helm nicht aufsetzen: "Ich bin Racer, und bevor ich keinen Ehrgeiz entwickele, lasse ich es lieber sein."

Gleinert fährt Rennen aus Leidenschaft. "Ich habe mir für diese Tage Urlaub genommen. Mein Chef hat für meinen Sport Verständnis." Und wenn das ganze Spektakel vorbei ist, tauscht Gleinert den Renn-Overall gegen die Fahrerkluft.
Der 37-Jährige arbeitet im Fernreiseverkehr als Busfahrer. Dort ist er nie mit 185 Stundenkilometern unterwegs. Ganz zu schweigen davon, dass er im Bus einen bequemen Schwingsitz hinter dem Lenkrad hat und sich nicht auf dem Bauch liegend in eine solche Rakete zwängen muss.ERGEBNISSE RENNEN IN TRABEN-TRARBACH
OSY 400: 1. Rasmus Haugasmägi (Estland), 2. Cezary Strumnik (Polen), 3. Billy Allen 4. Miroslav Bazinsky (Ungarn), 5. Grzegorz Stepniak (Polen), (USA)... 12. Jörg Gleinert (Traben-Trarbach)

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