Rosenkrieg um Missbrauch der Kreditkarte

Wittlich · Hilfsbereitschaft, Liebe, Vertrauen, tote Geldgeber: Die Auseinandersetzung zwischen einem Ehepaar kostete auch Richterin und Anklagevertreter am Amtsgericht Wittlich Nerven. Es ging um unerlaubte Abbuchungen vom Konto der Frau. Ein Urteil wäre aber nur möglich gewesen, wenn sie früher Anzeige erstattet hätte.

Wittlich. Richterin Silke Köhler und Oberamtsanwalt Thomas Grawemayer schauen sich mehrfach an, während sie das mutmaßliche Opfer befragen. Aus ihren Augen spricht auch Ratlosigkeit. Wie sollen sie in dem Streit zwischen der Frau und ihrem auf der Anklagebank des Wittlicher Amtsgerichts sitzenden (Noch-)Ehemann verfahren? Sind sie Zeugen eines sogenannten Rosenkriegs? Dabei ist die Sachlage klar: Der 43-Jährige gibt zu, mehrfach von einem Konto seiner Frau, für das er keine Vollmacht besaß, Geld auf ein anderes Konto überwiesen zu haben. Der Gesamtschaden liegt bei mehr als 8000 Euro.
Die entscheidende Frage lautet: Wie viel Zeit lag zwischen der Erkenntnis, dass nur der Mann die Abbuchungen vorgenommen haben kann, und dem Gang zur Polizei, um Anzeige zu erstatten? Denn das dürfen, so Richterin und Oberamtsanwalt, nur drei Monate sein. Ansonsten greift das Strafrecht nicht mehr. Die Abbuchungen erfolgten zwischen Dezember 2011 und Februar 2012. Anzeige erstattete die 46-Jährige aber erst am 23. November 2012. Im September war der Mann aus der gemeinsamen Wohnung in der Verbandsgemeinde Kröv-Bausendorf ausgezogen."Ich kümmere mich darum"



Mehrfach befragen Richterin und Staatsanwalt die Frau, ob ihr nicht schnell klar sein musste, dass der Mann das Konto plünderte. Schließlich habe außer ihr und ihm niemand Zugang zu der im Safe liegenden Mastercard gehabt. Sie habe ihren Mann mehrfach auf das fehlende Geld angesprochen. Seine Standardantwort: "Ich war es nicht, aber ich kümmere mich darum. Du bekommst das Geld zurück."
"Ich habe ihm lange vertraut", sagt die Frau. Dabei hatte er bereits Geld aus einem aufgelösten Bausparvertrag und einem Sparbuch vereinnahmt. "Um einem kranken Freund zu helfen", sagt sie. Das Geld, das er vom Konto der Frau überwies, ging nach Rumänien. Nach seiner Aussage an eine Frau, deren mittlerweile verstorbener Mann Krebs hatte undHilfe brauchte. Nach ihrer Ansicht war das aber seine Freundin. Vom Hintergrund dieser Transaktion habe sie aber erst kurz vor seinem Auszug erfahren.
Warum und wie wollte er denn das Geld zurückzahlen, wenn er es nicht genommen habe, fragen Richterin und Anklagevertreter. Die Geschichte wird dubios. Die Rede ist von zwei toten Freunden. Sie hätten ein Konto in der Schweiz. Darüber habe er Vollmacht. Auch von Erpressung ist die Rede. Die Ratlosigkeit steigt. Richterin, Oberamtsanwalt und Verteidiger beraten sich. Danach verkündet Richterin Köhler die Einstellung des Verfahrens. Die Frau hätte wissen müssen, dass nur ihr Mann infrage kommt und früher Anzeige erstatten müssen, heißt es in der Begründung. Ihre Ansprüche verliere sie damit nicht. Die müssten aber zivilrechtlich im anstehenden Scheidungsprozess verhandelt werden.

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