Russischer Prinz küsst Dornröschen wach

LONGKAMP. (urs) Das geschäftige Treiben rund um den "Longkamper Hof" lässt keinen Zweifel: In das über Jahre verwaiste Gebäude kehrt wieder Leben ein.

Seit Monaten gehen im "Longkamper Hof" Handwerker ein und aus. Momentan legt ein Maler letzte Hand an die Fassadengestaltung. Denn rein optisch soll sich an dem Anwesen nicht viel ändern, auf der Speisekarte des künftigen Hotel-Restaurants aber schon. Geschäftsführer Heinrich Woit will typische deutsche und russische Gerichte anbieten. "Ich bin selbst aus Russland und stolz, dass meine Ureltern 300 Jahre die deutsche Kultur behalten haben", erläutert er. Woit ist mit seiner Familie einer von drei Investoren, die das Objekt als GmbH übernommen haben. Mit ihm seien die deutsch-russischen Familien Goberkon und Semich beteiligt, zwei in Russland ansässige Unternehmen. Bei der Renovierung des Hauses, die neben dem Kaufpreis von 140 000 Euro bisher etwa 300 000 Euro kostete, ging Woit behutsam vor. Abgesehen von Technik und Zapfanlage sei beispielsweise in der Gaststube nichts verändert worden: "Wir wollen diesen altdeutschen Stil erhalten." Ebenso spiegelt das "Tanzcafe" bewusst den Stil der 80er-Jahre wider. Komplett neu ausgestattet sind dagegen der große Saal, der 70 bis 180 Personen Platz bieten kann, die angrenzende Bar und ein Konferenz- oder Frühstücksraum. Eröffnung des Hauses mit an die 30 Gästezimmern soll im November sein. Bei den im Juni begonnenen Arbeiten half laut Woit die gesamte Verwandtschaft mit. Größtes Problem war ein Wasserschaden, der dem seit drei Jahren leer stehenden Anwesen arg zugesetzt hatte. Ortsbürgermeister Hans Herrmann ist daher erleichtert, dass sich ein Käufer für das ortsbildprägende Gebäude gefunden hat. Zudem hat das Haus eine Tradition, wie der Longkamper Leo Kolz weiß. "Das war so eine richtige Dorfgastwirtschaft", kommentiert er dessen bis ins 19. Jahrhundert nachweisbare Geschichte. Die ehemaligen Eigentümer, eine Familie Laym, seien "Bauers- und Wirtsleute" gewesen. 1896 habe Katharina Laym einen Peter Edringer geheiratet, der dann, nach nur sieben Jahren kinderlos verwitwet, wieder heiratete. Nachdem das Haus 1908 komplett abgebrannt und wieder aufgebaut worden war, betrieb es Sohn Johann weiter. Zusammen mit seiner Schwester Christine, wie sich Kolz erinnert: "Die hatten vor dem Krieg noch eine gut gehende Landwirtschaft." Später gab es an den Wochenenden Tanzmusik oder die Familienabende der Vereine, und auch der Gemeinderat tagte dort. Doch in dem Haus neben der Kirche war eigentlich immer was los. Allein schon wegen der Tanksäule und erst recht beim Frühschoppen. "Das war so der Dorfmittelpunkt", bilanziert Kolz. Als Johann Mitte der 70er-Jahre starb, erhielt das Haus einen neuen Inhaber, Heinrich Weischede, und seinen Namen "Longkamper Hof". Den anfänglichen Reiterhof führte Nora Weischede nach dem Tod ihres Mannes viele Jahre allein weiter.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort