S-Klasse ohne Chancen

BERNKASTEL-WITTLICH. Seit dem 1. Februar dürfen 16-Jährige mit Quads, Trikes und Miniautos am Straßenverkehr teilnehmen. Im Kreis Bernkastel-Wittlich hält sich das Interesse der Jugendlichen stark in Grenzen.

Auf Kleinkrafträdern und Leichtkraftfahrzeugen mit einem Hubraum von maximal 50 Kubikzentimetern und einer Spitzengeschwindigkeit von 45 Stundenkilometern dürfen Teenager seit Anfang des Jahres Gas geben. Begeisterung allerdings löst die neue Fahrerlaubnisklasse nicht aus: "Wir hatten bisher keinen einzigen Prüfungsantrag", berichtet der TÜV in Wittlich. Die Lage im Kreis spiegelt die Situation im gesamten Großraum Trier wider. Fast vier Monate nach Inkrafttreten der Neuregelung zeigt sich: Die Jugendlichen in der Region entscheiden sich durchweg gegen die neuen Möglichkeiten. Die S-Klasse hat damit praktisch keine Bedeutung. Heinrich A. Haas, Geschäftsführer beim Fahrlehrerverband Rheinland, kennt die Ursache: "Der neue Führerschein und besonders die Fahrzeuge sind nicht gerade günstig." Für Fahrausbildung in Theorie und Praxis kann zunächst ein hoher dreistelliger Betrag eingeplant werden. Wer sich dann für eines der beliebten Quads entscheidet, zahlt oft mehr als 2000 Euro. Ein Miniauto erfordert mindestens die Verfünffachung der Investitionen und übertrumpft damit so manchen Kleinwagen. "Wer lässt sich zwei Jahre vor dem 18. Geburtstag schon auf solch ein finanzielles Abenteuer ein?", fragt Haas und spricht ein weiteres Problem an: "Die neue Klasse schließt keine übrige Fahrerlaubnis ein, das heißt: Der Erwerb jedes weiteren Scheins läuft völlig unabhängig - auch was die Kosten betrifft." Für die Zukunft prophezeit er keine steigende Nachfrage: "Wir können nicht erkennen, weshalb sich die aktuelle Entwicklung demnächst umkehren sollte. Besonders durch die katastrophalen Ergebnisse der Crashtests mit solchen Leichtmobilen wurden viele Menschen abgeschreckt - zu Recht. Die Fahrzeuge sind sehr gefährlich, und vor allem beim Quad haben wir keine Knautschzone." Obwohl Quads den Kafträdern sehr ähnlich sind, werden sie zulassungsrechtlich meist nicht als solche eingestuft. Damit entfällt auch die Helmpflicht. Fahrer solcher Geräte müssen mit fatalen Konsequenzen rechnen, sollte es zu einem Unfall kommen. Eine vom Bundesverkehrsministerium schon seit Monaten angekündigte Rechtsänderung ist bisher nicht erfolgt. Auch Miniautos sind im Falle einer Kollision sehr gefährdet. Das hat der ADAC bei einem Frontal-Crashtest eines solchen Fahrzeugs gegen einen Kleinwagen herausgefunden. Die Belastungen auf den Körper des Dummys im Miniauto hätten im Ernstfall zu schwersten Verletzungen geführt. Die Karosserie des Testfahrzeugs zeigte beim Aufprall mit 40 Stundenkilometern eklatante Schwächen. Die Rahmenkonstruktionen des Vorderbaus und der Fahrgastzelle hielten der Belastung nicht stand. Die Lösung des Problems sehen Experten in der Lockerung der Gewichtsbeschränkung. Hersteller könnten dadurch stabilere Materialien und bewährte Schutzsysteme wie den Airbag einbauen. Möglicherweise wären gar gedrosselte Kleinwagen in der S-Klasse einsetzbar. Aktuell ist ein Leergewicht von maximal 350 Kilo Vorschrift. Bis es vielleicht einmal soweit ist, werden die wenigen Fahrschulen der Region, die Schulungen für die neue Fahrerlaubnisklasse anbieten, weiter vergeblich auf den großen Ansturm warten. Christel Döpp von "Sauer und Müller" in Trier erklärt auf TV-Anfrage: "Seit Einführung konnten wir in der Klasse S keine neuen Schüler aufnehmen. Mit Ausnahme von wenigen Anfragen lässt sich kein ernsthaftes Interesse erkennen."

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