Sanfte Töne und starke Stimme

Wittlich · Spannungsgeladen und fast zerbrechlich haben Natalia Mateo und ihr Quintett Jazzmusik im Casino dargeboten. Einige Stücke sind von slawischen Eindrücken geprägt. Und es gibt eigene Interpretationen von Welthits.

 Intensive Musik bringen Natalia Mateo und ihre Mitmusiker auf die Bühne des Casinos. TV-Foto: Christina Bents

Intensive Musik bringen Natalia Mateo und ihre Mitmusiker auf die Bühne des Casinos. TV-Foto: Christina Bents

Foto: Christina Bents (chb) ("TV-Upload Bents"

Wittlich Sie hat einen Echo, und sie hat ihn sich verdient. Natalia Mateo wird als die neue Stimme des zeitgenössischen Jazz gefeiert, und sie hat den wichtigen deutschen Musikpreis gewonnen. In Wittlich trat sie mit ihrem Quintett auf und startete erst einmal nur mit ihrem Gitarristen Dany Ahmad. Der spielt ihr einen gleichbleibenden Rhythmus, über den sie lange, teils gehauchte Töne legt. Diese Mischung aus der Spannung, die der Gitarrist erzeugt, und dem ruhigen Gesang reißt die Besucher gleich aus ihrem Alltag und lässt sie in eine tiefgründige Atmosphäre eintauchen. Dann wird es schneller. Einzelne Silben verschwimmen mit langen Tönen, der Schlagzeuger trommelt auf dem Rand seines Instruments, und der Pianist wirft akzentuiert Noten zur Unterstützung in das Stück "Eternity", das auf Deutsch Ewigkeit bedeutet.
Natalia Mateo versinkt beim Singen mit geschlossenen Augen in ihrer Musik. Dabei ist sie präsent. Und doch wirkt sie wie schemenhaft, wenn sie mit den Händen kleinere und größere Bewegungen macht, die Töne wegschiebt und wieder heranholt. Man könnte meinen, sie holt die Musik wie ein Fischernetz ein. Es geht bei ihrem Konzert aber nicht nur kuschelig und melancholisch zu. Laut, grollend, mit hohen, verzerrten, fast schreienden Tönen und tiefen mit Hall unterlegten Sequenzen - es gab auch Stücke, die punkige Elemente hatten.
Die Musik des Quintetts hat in vielen Teilen ihre Wurzeln in traditionellen polnischen oder slawischen Stücken, unter anderem in Kinderliedern. In dem Stück "Du bist nicht da" kommt das Sehnsuchtsvolle, Traurige, schon fast Zerbrechliche zum Ausdruck.
Dabei drängt sich keiner ihrer Mitmusiker auf. Die Gruppe ist in sich sehr homogen, der Bass ruhig und stabilisierend, das Schlagzeug immer der Musik angepasst, der Gitarrist stark in seinen Soli und der Pianist mit einer breiten Klangfarbe sowohl bei unterstützenden Akzenten, als auch in schnellen Passagen sehr präsent. Man hört nie einzelne Instrumente, sondern immer einen gesamten Klangkörper. Im Stück "Sommer" geht es um die Vergänglichkeit, nicht nur um die der Jahreszeit, sondern auch um die zwischen zwei Menschen. Ganz langsam und sanft begleitet singt Mateo zwei, drei Sätze, die sehr sinnlich klingen, bevor Simon Grote am Klavier übernimmt und die Worte in Musik weiterschreibt. Wie bei einem Tanz, bei dem der Partner seine Partnerin führt, die Schritte fließender werden und schließlich schweben. Dabei setzt der Bass kleine Betonungen, die die Bewegung unterstreichen.
Auch an Musikstücke, die bei vielen Sängern tabu sind, weil sie sehr erfolgreich und mit einem großen Namen verbunden sind, traut sich Natalia Mateo ran. So gibt es eine eigene Version von Whitney Houstons Hit "I will always love you". Das Stück ist bei ihr schnell und treibend. Die Gitarre arbeitet sich mit schnellen Läufen in die Höhe, Mateo nimmt die Töne ab, wiederholt Sätze in Bruchstücken, streut lange Töne dazwischen, bevor es ruhiger wird und das Klavier langsam die Musik ausblendet. Hinter dem Original braucht sich diese Version nicht zu verstecken.
Das Publikum zeigt während des Konzerts wenig Regung, hier und da sieht man ein rhythmisches Kopfnicken oder ein Fußwippen, aber als das Konzert sich seinem Ende nähert, wird der Applaus stärker und die Band muss zwei Zugaben geben, bevor die 60 Besucher sie mit Beifall im Stehen verabschieden.
Extra: NATALIA MATEO


Die Jazzsängerin Natalia Mateo ist 1983 in Warschau geboren. Sie spielt Klavier und Geige. Nach einem geisteswissenschaftlichen Studium hat sie in Osnabrück Jazzgesang studiert. Ihr Debütalbum erschien 2013 mit dem Titel "You". Als Newcomer des Jahres hat sie für ihr zweites Album "Heart of Darkness" den Echo erhalten. Ihr aktuelles Album heißt "De Profundis".

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