Schiefertafel, Frontalunterricht und Schuhputz

Morscheid-Riedenburg · Zum 60-jährigen Bestehen des Morscheider Schulgebäudes haben aktuelle und ehemalige Schüler gefeiert. Die heutigen Grundschüler haben einen Schultag erlebt, wie er vor 60 Jahren üblich gewesen ist. Die Volksschüler von damals haben ihre Erinnerungen ausgetauscht.

Morscheid-Riedenburg. Wie war es damals vor 60 Jahren? Mit dieser Frage beschäftigten sich sowohl die heutigen Schüler der Grundschule Blandine Merten in Morscheid-Riedenburg als auch die ehemaligen Schüler der damaligen Volksschule. 1952 zog die Volksschule, in der die Schulkinder vom ersten bis zum achten Schuljahr unterrichtet wurden, von ihrem alten Domizil neben der Kirche in das Gebäude um. Dort werden heute die 48 Schüler der Grundschule unterrichtet. Für Schulleiterin Ingrid Wagner war der 60. Geburtstag des Schulgebäudes Anlass, gleich zweimal zu feiern: Zum einen lud sie die Schüler der Volksschule ein, die damals von der alten Schule in das neue Gebäude umgezogen sind.
Ein Schultag wie vor 60 Jahren


Zum Zweiten erlebten die Klassen eins bis vier der heutigen Grundschule einen Schultag, wie er vor 60 Jahren üblich war. Das heißt: Vor dem Betreten des Schulgebäudes Antreten in Zweierreihe, Schiefertafel statt Hefte, Frontalunterricht statt zusammengeschobener Gruppentische und Kontrolle des Lehrers, ob Hände und Ohren der Schüler sauber sind.
Während die Schüler der Klasse eins eine Viertelstunde das "i" in der Sütterlinschrift schreiben, hat Lehrer Ludwig Marx Zeit, sich um die anderen Klassen zu kümmern. Denn die 48 Schüler aller Klassenstufen werden wie damals gemeinsam in einem Raum unterrichtet. Und wer dabei nicht artig ist: ab in die Ecke. Für die Kinder war die Erfahrung lustig, "aber wenn wir das öfter so hätten, finde ich das nicht gut", sagte der neun Jahre alte Frederik. Die acht Jahre alte Lina findet den Unterricht heute auch besser: "Oma und Opa haben erzählt, dass sie früher Schläge mit dem Stock bekommen haben."
Daran konnten sich die ehemaligen Volksschüler der Geburtsjahrgänge 1938 bis 1945 noch gut erinnern. 51 der 70 heute noch lebenden Schüler von damals hatten für das Treffen im Vorfeld ihr Kommen zugesagt. "Die Mädchen bekamen auf die Finger, und die Jungs hintendrauf", sagte Peter Engelbreit. Überhaupt mussten die Schüler Aufgaben erledigen, die heute undenkbar sind: "Als der Hausmeister verstorben war, mussten wir Schüler die Heizung mit Koks anfeuern", sagte Adolf Reinhard. "Außerdem haben wir für die Frau des Lehrers Milch geholt, den Garten umgegraben und für 10 Pfennig die Schuhe geputzt", sagte er.
Baubeginn vor dem Krieg


Der Bau des Schulgebäudes war bereits vor dem Krieg begonnen, dann aber eingestellt worden, erinnerte sich Ludwig Arend. Im Krieg seien die Kühe und Schweine, die von der Wehrmacht annektiert wurden, im Rohbau untergebracht gewesen. 1952 sei die Schule fertiggestellt und bezogen worden. "Der Plattenfußboden im Gang und der Holzfußboden in den Klassenzimmern sind noch die originalen von damals", sagte er. Für den Tag des Umzugs musste die damals 14-jährige Adelheid Merten ein Gedicht auswendig lernen, das sie am Treffen immer noch auswendig aufsagen konnte. Überhaupt gab es viel Lob für die damaligen Lehrer. "Beim Lehrer Breustedt haben wir gut rechnen gelernt", sagte Sieglinde Manz. "Und hier im Gang haben wir Theater gespielt: Hänsel und Gretel", sagte sie. Die Zeiten, in denen sich Kinder vor dem Lehrer mit dem Rohrstock fürchten mussten, sind vorbei, sagte Schulleiterin Wagner. "Die Kinder haben heute Respekt, aber keine Angst."

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