Schläge, Tritte oder doch nur heiße Luft?

Wittlich/Dreis · Ein Prozess am Wittlicher Amtsgericht, bei dem es um gefährliche Körperverletzung geht, ist auch nach achtstündiger Sitzung nicht zu Ende. Das liegt an widersprüchlichen Aussagen der Zeugen und dem Streit eines Richters mit einem der Verteidiger.

Wittlich/Dreis. Das Gesicht von Richter Josef Thul ist rot gefärbt, an seinem Hals zeichnen sich Adern ab. Er ist wütend. Den Grund für den Zorn liefert ihm der Verteidiger Marcus Palm aus Köln, der zusammen mit seinem Wittlicher Kollegen Winfried Schabio zwei Angeklagte aus Wittlich vor dem Amtsgericht vertritt. Immer wieder unterbricht Palm die Zeugenbefragung des Richters und beschuldigt ihn, befangen zu sein. "Sie wollen den Zeugen doch etwas in den Mund legen", sagt Palm.
Weiteren Anlass sieht Palm in der offenen Art des Richters. Thul duzt die geladenen Zeugen, die jeweils zwischen 16 und 18 Jahre alt sind. "Mir macht es den Anschein, als würden sich hier alle kennen", folgert Palm daraus. Später steigt Richter Thul dann auch selbst ins Spiel ein und weist Marcus Palm bei dessen Fragen zurecht. Kaum eine Frage wird ohne Unterbrechung gestellt. Palm droht dem Richter, bei einer weiteren Unterbrechung einen Befangenheitsantrag gegen ihn zu stellen.
Die Klärung des Sachverhalts gerät zunehmend in den Hintergrund. Die beiden Angeklagten Z. und H. sind wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Sie sollen nach dem Rosenmontagsumzug in Dreis das Opfer M. vor der Dreiser Halle zunächst geschlagen und dann getreten haben, als es schon am Boden lag.Opfer hat kaum Erinnerungen


Einig sind sich die Zeugen, die den 19-jährigen M. aus der Schule oder aus dem Umfeld kannten nur bei einer Sache: Der junge Mann hatte einen Streit beobachtet und wollte diesen schlichten, daraufhin geriet er selbst in die Schlägerei. M. selbst habe nur einen Schlag auf den Hinterkopf gespürt. Danach kann er sich nur noch daran erinnern, dass er zu Boden gegangen ist. Ob es tatsächlich die beiden Angeklagten gewesen sind, die ihn geschlagen und getreten haben, kann er nicht mit Gewissheit sagen.
Zur Aufklärung tragen auch die beiden Angeklagten nichts bei, die ihre Aussage verweigern. Belastend sind zwei Zeugenaussagen: Der Zeuge H. sagt aus, er habe in die Schlägerei eingegriffen und den Angeklagten Z. vom Opfer M. weggezogen, als Z. mehrfach auf M. eingeschlagen habe. Beim weiteren Geschehen offenbaren sich dann wieder Gedächtnislücken beim Zeugen. Wie sich die Schlägerei weiterentwickelte, kann er nicht mehr sagen. Das kann auch keiner der anderen Zeugen.
Eine weitere Frau will gesehen haben, wie der Angeklagte H. das am Boden liegende Opfer getreten habe. H. habe Anlauf genommen und gegen den Kopf des Opfers "wie gegen einen Fußball" getreten. Diese Aussage zweifelt Palm an. Ein medizinisches Gutachten solle klären, ob die Verletzungen des Opfers mit der Aussage der Zeugin übereinstimmen. Über den Antrag auf ein medizinisches Gutachten berät das Gericht noch. sek

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