Schüler lernen, blind den Ball zu hören

Bernkastel-Kues · Mit einer körperlichen Behinderung aktiv Sport zu treiben scheint für viele undenkbar. Dass das aber durchaus funktioniert und wie man als Blinder Fußball spielen kann oder im Rollstuhl den Basketball dribbelt, das konnten Schüler des Nikolaus-von-Kues Gymnasiums Bernkastel-Kues im Rahmen des Aktionstages "Neue Sporterfahrung" am eigenen Leib erleben.

 Blind Fußball zu spielen – das ist gar nicht so einfach und eine neue Sporterfahrung. TV-Foto: Claudia Szellas

Blind Fußball zu spielen – das ist gar nicht so einfach und eine neue Sporterfahrung. TV-Foto: Claudia Szellas

Bernkastel-Kues. "Ich fühle mich total orientierungslos", gesteht Lukas Reinhard. Der 16-Jährige Schüler hat gerade mit seinen Klassenkameraden die Erfahrung des Blind-Seins und als Blinder Fußball zu spielen gemacht. Unter der Anleitung von Jens Pleier werden die Kinder in der Turnhalle des Gymnasiums dafür sensibilisiert, wie es eben ist, wenn man nicht alles sehen kann. Pleier ist hochgradig sehbehindert, hat ein Glasauge und auf dem anderen Auge noch fünf Prozent Sehstärke - seit vier Jahren spielt er beim BFW Würzburg Fußball.
Die Mädchen und Jungen sind zunächst betroffen, später fasziniert, wenn Pleier davon berichtet, dass er im Internet surft, lesen kann und eben sportlich aktiv ist. "Eine Behinderung ist heute kein Hindernis mehr, am Leben teil zunehmen." Im Blindenfußball ist das Hören wichtig: Der Ball ist innen mit lauten Rasseln ausgestattet, ein Rufer am Feldrand lenkt die Spieler. "Wenn man sich auf die eine Stimme konzentriert, kann man alles andere ausblenden", sagt Selina Jüngling (16). Aber auch sie gesteht ein, sich mit der Brille der Dunkelheit total hilflos zu fühlen.
Nicht sehen zu können, scheint dabei für die Schüler noch schwieriger in der Umsetzung zu sein, als das Basketballspielen im Rollstuhl: In der anderen Sporthalle warten Schüler der fünften und sechsten Klasse auf "ihren" Rollstuhl. Hier zeigen Paralympics-Teilnehmer und der Trierer Bundesligaspieler Dirk Passiwan sowie sein Trierer Mannschaftskollege Florian Ewertz den Neugierigen, wie man einen sportlichen Untersatz auf Rollen in Einklang bringt mit dem Basketballspiel. "Das ist was ganz anderes, aber man gewöhnt sich schnell an den Rollstuhl", so Bastian Schneider (12).
Möglich wurde der außergewöhnliche und empfindsame Schultag durch die Teilnahme dreier Schülerinnen des Gymnasiums am Wettbewerb für Nachwuchsreporter der Paralympics. Angela Vatlach, Melanie Kohl und Catharina Clüsserath waren eines der vier Siegerteams, die mit nach London fliegen durften und von dort berichteten.
Angela (16) erinnert sich: "Das ganze Feeling dort war einfach unbeschreiblich. Die Abschlussfeier wird mir immer in Erinnerung bleiben und das Thema Behinderung sehe ich jetzt auf eine andere Weise." Sensibl gegenüber Menschen mit körperlichen Einschränkungen war Melanie (17) schon vorher: Ihr Onkel hat auch eine Behinderung, dennoch war für sie das Miterleben der olympischen Spiele "ein Gänsehaut-Erlebnis, das lange anhält".
Nach dem Projekttag, den die Telekom in Kooperation mit dem Deutschen Behindertensportverband, dem Deutschen Rollstuhl-Sportverband und dem Deutschen Fußballbund durchführt, hat sich für einige Schüler etwas verändert: "Wenn ich das nächste Mal einen Menschen mit Behinderung sehe, der Hilfe braucht, werde ich ihm helfen", versichert Bastian. Wenn auch nur ein paar der Mädchen und Jungen soweit sensibilisiert worden sind, hat sich der Tag in der Sporthalle gelohnt. jo
Die Beiträge aus London sind nachzulesen: www.neue-sporterfahrung.de/nachwuchsreporter und www.facebook.com/TelekomNeueSporterfahrung.

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