Schüler planen Stadt: Zehntklässler erarbeiten Konzepte für Platz am Bärenbrunnen und alte Turnhalle in Bernkastel-Kues

Bernkastel-Kues · Junge Leute sehen manches anders. Vielleicht kommen von ihnen zündende Ideen für die Entwicklung von Bernkastel-Kues. Motiviert sind die Gymnasiasten jedenfalls, nachdem sie sich im Erdkunde-Unterricht mit Stadt- und Regionalplanung beschäftigt haben. Und: Sie begrüßen, dass Unterricht auch einmal anders läuft.

Bernkastel-Kues. Ein McDonald's-Laden in der Altstadt von Bernkastel-Kues? "Der passt doch gar nicht dahin." Diese Antwort überrascht vielleicht - wenn sie von jungen Leuten kommt. Doch Schüler des Nikolaus-von-Kues-Gymnasiums Bernkastel-Kues, die im vergangenen Schuljahr das Für und Wider diskutierten und abwogen, kamen zu diesem Ergebnis. Sie taten dies im Rahmen des Erdkunde-Unterrichts, wo sie sich mit Stadt- und Regionalplanung befassten.

Junge Leute als Stadtplaner? Warum eigentlich nicht! Zwischen der Stadt Bernkastel-Kues, der Entwicklungsagentur und dem Nikolaus-von-Kues-Gymnasium gibt es in dieser Hinsicht seit dem vergangenen Jahr eine Kooperation. Lehrer Marcel Petry hat es in einer zehnten Klasse angestoßen. In diesem Schuljahr ist Kollegin Saskia Kreten mit einer weiteren Klasse dazugekommen.

"Junge Leute sehen manches anders, gehen ohne Scheuklappen an eine Sache heran", erläutert Petry.
Ein Projekt in diesem Schuljahr: Petrys Klasse (31 Schüler) macht sich Gedanken, wie der Platz am Bärenbrunnen in der Bernkasteler Altstadt nach dem Abriss eines viergeschossigen Gebäudes gestaltet werden könnte. Die 32 Schüler von Saskia Kreten tun dasselbe mit der alten Turnhalle in der Straße Hinterm Graben.
In Gruppen aufgeteilt gehen sie in den nächsten Wochen an die Sache heran. Mitte Dezember werden sie ihre Konzepte den Mitschülern und Lehrern vorstellen. Die jeweils beiden besten Projekte werden dann dem Strategieteam der Entwicklungsagentur präsentiert.

Was daraus wird oder werden kann, ist erst einmal zweitrangig. Vielleicht sind aber kostengünstige zündende Ideen dabei, auf die niemand der in der Stadt Verantwortlichen kommen würde, weil da die berühmten Scheuklappen im Einsatz sind. "Die Schüler werden in den kommenden Wochen brennen", ist sich Marcel Petry sicher.Besondere Motivation


Die Gruppen am Bärenbrunnen halten sich auch nicht lange mit Vorreden auf. Sie schwärmen aus, befragen Passanten und Geschäftsleute über deren Wünsche. Sie tauchen schnell in die Materie ein, gehen gleich in die Tiefe. Bleibt der Bordstein nach dem Abriss des Hauses?", fragt beispielsweise eine Schülerin Entwicklungsagentur-Geschäftsführerin Bianca Waters. Die Gruppe um Sofie Blum und Pauline Müller kann sich einen begrünten Treffpunkt mit einem kleinen Holzhäuschen vorstellen. Das Team um Alexander Zettler und Philipp Molitor denkt über eine Bühne nach, auf der regelmäßig Musik und Kleinkunst zur Geltung kommen. Auch von einem Tropengarten mit Schmetterlingen ist die Rede.

"Das ist eben keine trockene Theorie", sagt Torben Ganz. "Das ist viel besser als nur Theorie", ergänzt Alexander Zettler. Auf der Schulbank könne man manche Standortfaktoren nicht erkennen, erläutert Sofie Blum. Bei einem solchen Projekt sei das möglich. Daraus entstehe eine besondere Motivation.
Die Person des Lehrers spielt auch eine wichtige Rolle. "Er versteht es, uns zu motivieren", sagt Sofie Blum. Ähnliches ist von den anderen Schülern zu hören.

Der Platz am Bärenbrunnen ist auch von Urlaubern und Tagesgästen frequentiert. Die alte Turnhalle dagegen liegt abseits. Sie wird derzeit nur von Vereinen genutzt. Der Tenor: Dort müsste etwas entstehen, dass den Bürgern nutzt. Zum Beispiel ein Ort, an dem sich Senioren und Junioren treffen können. Lehrerin Saskia Kreten stellt nach der Erdkundestunde im Freien fest: "Es ist schön zu sehen, wie schnell sich die Ideen entwickeln - auch unter denen, die im Unterricht eher ruhig sind."Meinung

Kleiner Rahmen - große Wirkung
Wie heißt ein berühmter lateinischer Satz in deutscher Übersetzung: "Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir." Der römische Philosoph Seneca hatte vorher, vor etwa 2000 Jahren, die umgekehrte Version ins Spiel gebracht. Es mag Ausnahmen geben. Aber sein Satz, dass die Menschen nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen, prägte Generationen von Schülern. Was sie mühsam lernten oder ihnen eingetrichtert wurde, vergaßen sie nach ihrem Abschluss schnell wieder. Natürlich kann eine Schule Lehrpläne nicht auf den Kopf stellen. Was in kleinem Rahmen in Bernkastel-Kues passiert, zeigt aber, was machbar ist. c.beckmann@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort