SCHULE

Zur Verurteilung einer Schulleiterin wegen des Führens einer schwarzen Kasse meint dieser Leser

Meinung

"Hosanna!" und "Kreuzigt ihn!"
"Hosanna!" und "Kreuzigt ihn!" Wie nah das beieinander liegt, erleben wir gerade wieder anschaulich. Es geht um eine Schulleiterin. Es hat sich viel bewegt in den vergangenen Jahren an der Cusanus-Grundschule Bernkastel-Kues. Und der TV hat immer wieder darüber berichtet: erste Ganztagsgrundschule in der Verbandsgemeinde, Comeniusschule mit Kontakten zu fünf europäischen Partnerschulen, Beraterschule in Sachen Kooperation mit Sportvereinen für ganz Rheinland-Pfalz, Pilotschule für Qualität und Selbstständigkeit an Schulen. Teilnahme am Mittelaltermarkt, Chorsingen auf dem Weihnachtsmarkt, innovative Arbeitsgemeinschaften, Praxisbezug durch außerschulische Mitarbeiter, durch Berufsexperten, die das Schulleben bereichert haben. Die Schule erhält einen Namen, ein Image, und altersgemäß finden Grundschulkinder Zugang zur Philosophie von Nikolaus Cusanus. Und der Schulleiterin überreicht der Bürgermeister den Preis der Bürgerstiftung der Verbandsgemeinde für ihre innovative und vorbildliche Sozialarbeit. Diese hat es an Grundschulen in dieser Form bisher noch nicht gegeben und sie genießt weiterhin in der Elternschaft ein hohes Ansehen. Und dann fliegt durch bestimmte Machenschaften eine Schwarzkasse auf. Die Schulleiterin hält als letztendlich Verantwortliche ihren Kopf hin. Empörung, Entsetzen, "untragbar". Und auch die Presse macht kräftig mit. "Mir ist schmerzlich bewusst, dass ich aus Unwissenheit und Naivität heraus offensichtlich gesetzeswidrig gehandelt habe." Innovationen haben zunächst einmal keinen Etat, aber auch sie müssen finanziert werden. Und da werden schon mal Gelder "umgewidmet", zumal manche Stellen unverbrauchte Gelder gar nicht zurückerhalten wollen. "Da haben Sie doch Ideen. Sie sind doch kreativ." Und für diese Kreativität wird man "gekreuzigt". Alles andere ist vergessen. Auch ich hatte als Schulleiter eine Schwarzkasse. Mein Vorgänger hat sie mir übergeben. Und die vorhandenen Mittel wurden ausschließlich für schulische Zwecke verwendet, für Zwecke, die der Etat nicht vorgesehen oder für die er nicht gereicht hat. Und dies ist oder war an sehr vielen Schulen gängige Praxis. Nicht an den Pranger stellen und bestrafen, sondern im Vorfeld Abhilfe schaffen, wäre die sinnvollere Lösung. Wir brauchen für unsere Schulen das "Hosanna!", wir brauchen Innovationen und kreative Ideen, so wie sie diese Schulleiterin umgesetzt hat. Und ich beglückwünsche die Eltern und die Kinder, die sie demnächst wohl wieder als einfache Klassenleiterin unterrichten wird. Otto Mixa, Lösnich (Anmerkung der Redaktion: Der Autor war Schulleiter einer Hauptschule)

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