Schwarze Schönheit

WITTLICH. Dampfloknostalgie in Wengerohr. Am Samstag erfreuten sich Hunderte von Eisenbahnfans am Zwischenstopp eines historischen Sonderzuges im Hauptbahnhof Wittlich. Doch nur wenige konnten die Einfahrt beobachten.

 Eine ganz seltene Gelegenheit, einmal eine echte Dampflok zu bestaunen, bot sich jetzt am Bahnhof in Wittlich-Wengerohr.Foto: Erich Gerten

Eine ganz seltene Gelegenheit, einmal eine echte Dampflok zu bestaunen, bot sich jetzt am Bahnhof in Wittlich-Wengerohr.Foto: Erich Gerten

400 Menschen trafen sich am Samstagvormittag beim Wengerohrer Bahnhof, um den "Tankstopp" der Dampflok Nr. 01 1066 der Ulmer Eisenbahnfreunde zu sehen. Jedoch nur ein paar Dutzend Fans haben die Einfahrt der Lok von 1940 und der sechs Waggons ab Baujahr 1930 inklusive Speisewagen aus den 50er Jahren tatsächlich erlebt. Entgegen mittlerweile beinahe üblicher Verspätung bei der Bahn traf das ölbefeuerte Stahlross mit schwarzem Rauch bereits um 10 Uhr ein. Angekündigt war 10.15 Uhr. "Schade! Die Einfahrt hätten wir gerne bestaunt", kommentierte Bertram Heinze aus Wengerohr, der sich mit Fotoapparat "bewaffnet" hatte.Dennoch blieb Zeit zum Fotografieren. Immerhin hielt sich die Lok 45 Minuten statt der vorgesehenen halben Stunde auf. Die Männer des Feuerwehrlöschzuges Wengerohr füllten 21 000 Liter Wasser in die zwei Tender ein, damit das 177 Tonnen schwere Ungetüm mit seinen 2450 PS genügend Dampf erzeugen kann. Die Spitzengeschwindigkeit betrage 140 Stundenkilometer, so der auskunftsfreudige Lokführer Jürgen Regler, ein pensionierter Eisenbahner aus Baden-Württemberg. Zwölf Kubikmeter Wasser und 1,5 Kubikmeter schweres Heizöl benötige die Lok auf 100 Kilometer. Währenddessen strömten die Schaulustigen herbei.Mächtige Lok verschlägt Kindern die Sprache

Neben Eisenbahnfans mit Fotoapparat und Videokamera waren es viele Väter und auch Mütter mit ihren Kindern, die von der schwarzen Schönheit fasziniert waren. "Für mich ist es die Erinnerung an viele Fahrten mit der Dampflok in den 60er Jahren, besonders an die Fahrt durch den Cochemer Tunnel", erzählt Birgit Pazen aus Rachtig, die mit ihren Kindern Jennifer und Marcel gekommen war. An den Cochemer Tunnel fühlt sich auch Manfred Lentes aus Wengerohr erinnert. "Ist doch klar, ich will den Kindern zeigen, wie ich seinerzeit als Passagier nach Holland gefahren bin." Für Helen, Denise und Julian Lentes istes das erste Mal, dass sie eine Dampflok sehen. Thomas Schneider aus Wengerohr fasziniert das Rustikale an der Lok. Karl-Ludwig Gottschalk von der Ranzenmühle bei Landscheid antwortet auf die Frage, was ihn begeistere: "Ja, wat denn wohl. Bin als Junge oft in meiner Berliner Heimat und in der Tschechei mit Dampfloks jefahren." Damals waren sie oft ölverschmiert. Die hier sei schön sauber. Stimmt: Beim Ölen in Wengerohr achtet der Lokführer darauf, dass kein Tropfen verschüttet wird. Hans-Peter Hayer aus Lüxem: "Seit 1970 habe ich keine Dampflok mehr gesehen." Als Junge habe er oft an der Bahnschranke in Wengerohr gestanden, um den Dampfloks zuzuschauen. Leon, Niki und Janis, die Jungs von Edgar Koller aus Hasborn, staunen und strahlen. Ihnen hat die mächtige Lok glatt die Sprache verschlagen. Fazit: Vor allem Nostalgie aus der eigenen Jugend hat die Menschen am Samstag zum Hauptbahnhof Wittlich geführt. Ebenso überraschend wie sie angekommen war, fuhr sie von dannen, mit schwarzem Rauch und 200 Passagieren im Schlepptau. Wittlich war der einzige Tank-Aufenthalt auf der Fahrt von Linz/Rhein nach Landau in der Pfalz. sos/ax

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