Schweineohren nach China: Simon Fleisch will neuen Export-Markt erschließen

Wittlich · Besondere Stücke für besondere Kunden: Das Familienunternehmen Simon Fleisch in Wittlich, in dem nach eigenen Angaben mehr als 90 Prozent aller in Rheinland-Pfalz geschlachteten Schweine, rund 22.000 Stück je Woche, verarbeitet werden, exportiert schon länger nach Südost-Asien. Jetzt strebt es eine China-Zulassung an.

 Naturgemäß hat jedes Schwein zwei Ohren. Für die Fleischverwertung spielen diese Körperteile in Deutschland keine besondere Rolle. Das kann sich ändern. Die Ohren gelten in China als Delikatesse und sind dort sehr begehrt. Und das gilt zum Beispiel auch für die Schweinefüße. Vielleicht werden sie einmal aus Wittlich ins sogenannte Reich der Mitte exportiert. Symbolfoto: dpa

Naturgemäß hat jedes Schwein zwei Ohren. Für die Fleischverwertung spielen diese Körperteile in Deutschland keine besondere Rolle. Das kann sich ändern. Die Ohren gelten in China als Delikatesse und sind dort sehr begehrt. Und das gilt zum Beispiel auch für die Schweinefüße. Vielleicht werden sie einmal aus Wittlich ins sogenannte Reich der Mitte exportiert. Symbolfoto: dpa

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Salat aus Schweineohren? Das ist nicht nur für Vegetarier eine unvorstellbare Mahlzeit. Aber Tatsache ist: Schweineohren, auch Füße, Schwänze gelten in China als Delikatesse, auch im Salat. Dort können sich immer mehr Menschen dieses besondere Fleisch leisten, nur die Chinesen selbst haben nicht genug Tiere, um diesen Bedarf zu decken. Also wird importiert. Etwa aus Deutschland. Seit rund zehn Jahren sammeln Zwischenhändler die speziellen Stücke deutschlandweit ein, um sie weiter zu exportieren. Interessanter und lukrativer ist naturgemäß der direkte Verkauf in das bevölkerungsstarke Land.

Chinesische Kontrolleure heben sogar einen Gullydeckel hoch

Denn China ist der größte und entscheidendste Markt für die speziellen Schweinestücke. Allerdings war eine China-Zulassung bisher nur den Großkonzernen vorbehalten. Nun hat der Wittlicher Schlachthof Simon, der zehntgrößte Betrieb dieser Art deutschlandweit, einen Fuß in der Tür: "Die Kontrolleure aus China haben sich einen Tag lang den Betrieb sehr genau angeschaut, der gesamte Produktionsprozess von der Schlachtung der Tiere bis zum verpackten Produkt im Karton wurde begutachtet - und ein Chinese hat sogar einen Gullydeckel im Betrieb hoch gehoben und geschaut, ob wirklich überall alles top sauber ist", sagt Pascal Röder, Leiter der Qualitätssicherung im Wittlicher Schlachthof.

"China könnte für uns ein sehr wichtiger Markt werden, deswegen haben wir uns auch sehr angestrengt, auf die Liste der Betriebe zu kommen und dann natürlich bei dem Besuch der Chinesen einen guten Eindruck zu hinterlassen", ergänzt Bernhard Simon junior. Man habe in den vergangenen Jahren den Export nach Südost-Asien stark ausgebaut und liefere heute etwa Bäuche nach Korea, Schwarten auf die Philippinen und Knochen nach Singapur. "Aber auf das Festland China exportieren, das geht noch nicht. Wir können bislang nur nach Hongkong liefern. In der halb-autonomen Sonderverwaltungszone leben aber nur sieben Millionen Menschen. Jetzt hoffen wir natürlich auf die Zulassung für den Riesenmarkt China, dort leben über 1,3 Milliarden Menschen", so Simon.

2,1 Millionen Schweineohren

Mit einer Zulassung könnte das Eifeler Unternehmen dann tatsächlich alle seine Schweine-Ohren, immerhin fast 2,1 Millionen im Jahr, nach China liefern. Das hätte Firmengründer Jakob Simon anno 1850 und ursprünglich Ochsenhändler, sicher als Spinnerei abgetan: Als Geschäftsidee Schweineohren bis nach China transportieren zu wollen! Zu seinen Zeiten hatte man jedoch nicht nur in der Säubrennerstadt zumindest Verwendung für die Füße, die man zum Beispiel in Erbsensuppe kochte. Aber die Ohren? Der Wittlicher Eric Illigen, stellvertretender Obermeister der Fleischerinnung, sagt: "Die Ohren werden getrocknet meistens als Tierfutter verwendet. Ich hatte mal welche zugekauft für Hundehalter, aber jetzt habe ich die auch nicht mehr. Ich weiß gar nicht, ob ich da noch dran kommen könnte. Wir haben sie nie selbst verwendet, denn selbst als Geliermittel ist doch relativ viel Knorpelanteil. Schon mein Vater hat sie immer an Hundehalter gegeben."

Doch andere Länder, andere Traditionen. Deshalb schätzt man diese Fleischzutat von Portugal bis Brasilien durchaus als Kochzutat etwa für Eintöpfe oder eben auf der chinesischen Speisekarte. Petra Kneppel, Metzgerei Kneppel in Morbach sagt: "Früher gab es hier einen Chinese, der hatte ein Restaurant. Der hat sich für alles interessiert und immer für sich privat bei uns die Ohren und Füße gekauft und uns auch zum Probieren eingeladen. Meistens wurden die Stücke eingelegt, dünn geschnitten und gebraten mit Sojasoße. Das war gut!" Und was ist mit Bernhard Simon junior? Schon mal Schweineohr gekostet? Er sagt: "Ja, Schweineohren habe ich in China schon einmal gegessen - man muss sich ja den Sitten und Gebräuchen als Gast in einem fremden Land anpassen. Zu Hause esse ich das aber nicht."Extra

 Die chinesiche Delegation bei dem Wittlicher Schlachtbetrieb.

Die chinesiche Delegation bei dem Wittlicher Schlachtbetrieb.

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Bernhard Simon junior erklärt das Verfahren so: Um nach China Fleisch liefern zu dürfen, müsse ein Betrieb von der chinesischen Lebensmittelüberwachungsbehörde vorher inspiziert und zugelassen werden: "Der Prozess ist kompliziert. Zuerst muss ein mehrere Hundert Seiten dicker Antrag gestellt werden, dann reisen Vertreter des Betriebs nach Peking und stellen den Betrieb dort vor, und wenn alles klappt, kommen die Chinesen am Ende zu dem Betrieb zur finalen Kontrolle." So war es auch in Wittlich.

Anfang April waren Bernhard J. Simon junior und der Leiter der Qualitätssicherung im Wittlicher Schlachthof, Pascal Röder, zunächst in Peking. Am 19. April war dann eine Delegation von 20 Personen, bestehend aus Vertretern der Chinesischen Überwachungsbehörde CNCA, des zuständigen Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft BMEL, des Landesministeriums für Verbraucherschutz und weiterer Landesbehörden sowie Dolmetscher war zu Gast in Wittlich. Insgesamt seien bei dieser Inspektionsreise der Chinesen deutschlandweit nur sieben Schweine-Schlachtbetriebe besichtigt worden. Ob der Wittlicher Schlachthof die begehrte Genehmigung bekommt? Auf diese Frage nach einem Feedback vonseiten der Chinesen kann Simon noch nichts sagen, man bekomme erst nach Monaten einen offiziellen Bericht: "Aber alle Mitarbeiter haben sich vor und während des Besuchs sehr viel Mühe gegeben und der Wittlicher Betrieb habe sich von seiner besten Seite gezeigt."

Für die Richtigkeit seine Einschätzung spreche das Abschlussfoto vor der extra an den Tag gehissten chinesischen Flagge an Eingang zum Betrieb: "Der chinesische Delegationsleiter lächelt und scheint wirklich zufrieden mit dem Besuch in der Eifel." Wie kommt Fleisch aus Wittlich in die Welt? "Der Transport ist deutlich unkomplizierter als die meisten Leute denken. Das Fleisch wird gefroren, mit einer Plastikfolie eingeschlagen oder vakuumiert und in Kartons verpackt", sagt Bernhard Simon junior. Dann würden je rund 22 Tonnen in einen Seecontainer mit eigenem Kühlaggregat geladen und von Wittlich per LKW zu einem Seehafen, meistens Rotterdam oder Antwerpen gebracht. Simon weiter: "Anschließend geht es mit einem riesigen Containerschiff, bis zum 18.000 Container gehen heute auf ein Schiff, in etwa vier Wochen nach Südostasien."

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