Schwierige Suche nach dem Sündenbock

Schweich · Während im Schweicher Gymnasium pausenlos die Trocknungsmaschinen laufen, sind auf dem Schulhof Container für die Unterbringung von sechs Klassen aufgestellt worden. Noch ist unklar, wie hoch der Wasserschaden ist und wer ihn verursacht hat.

 Mobile Klassenräume, auch Container genannt, sollen die Raumnot nach dem Wasserschaden am Gymnasium Schweich beheben. TV-Foto: Albert Follmann

Mobile Klassenräume, auch Container genannt, sollen die Raumnot nach dem Wasserschaden am Gymnasium Schweich beheben. TV-Foto: Albert Follmann

Schweich. Betritt man in diesen Tagen das Stefan-Andres-Gymnasium in Schweich, kommt man sich vor wie in einer Sauna, die gerade saniert wird. Überall sind Rigipswände und Parkettböden freigelegt, Trocknungsgeräte brummen, auf der Erde liegen Dutzende von Schläuchen kreuz und quer. Sie leiten warme Luft unter den Estrich. Andere Maschinen entziehen der Raumluft Feuchtigkeit.
Es ist warm in den 18 Klassenräumen, in denen vor den Sommerferien noch Hunderte Schüler Mathe, Physik und Deutsch gepaukt haben. Nach den Ferien war dann in dem erst ein Jahr alten, futuristisch aussehenden schwarzen Schulkomplex nichts mehr wie vorher: Austretendes Wasser, wie man heute weiß aus der Lüftungsanlage eines Technikraums im Obergeschoss, breitete sich im ganzen Gebäude aus. Ursache und Umfang des Wasserschadens seien noch nicht bekannt, informiert Landrat Günther Schartz kürzlich den Kreistag.
Abläufe werden dokumentiert



Zum jetzigen Zeitpunkt sei es müßig darüber zu spekulieren, ob einzelne Personen, Firmen, die Bauleitung oder eine unzureichende Planung für das Desaster verantwortlich seien. Zur Klärung dieser Fragen hat der Landkreis als Schulträger ein "selbständiges gerichtliches Beweisverfahren" (siehe Extra) in die Wege geleitet. Außerdem sei ein Bausachverständiger beauftragt worden, die Abläufe im Gebäude zu dokumentieren. Ziel sei es, alle Beweise für ein möglicherweise folgendes Gerichtsverfahren zu sichern, so Schartz.
Die Kreisverwaltung habe alle am Bau beteiligten Firmen aufgefordert, ihren Versicherungen den Schaden zu melden. Auch der Kreis hat seine Versicherungen eingeschaltet.
Angesichts des enormen Schadens rechnet der Schulträger mit einer langwierigen Aufarbeitung. Erst vor rund einem Jahr war der 10,4 Millionen Euro teure Neubau bezogen worden. Zum Gymnasium gehört auch eine Mensa, die im benachbarten Bürgerzentrum der Stadt Schweich untergebracht ist. Dieses Gebäude ist nicht vom Wasserschaden betroffen. Im kommenden Jahr soll mit dem Bau eines zweiten Gymnasium-Traktes neben dem bestehenden begonnen werden. Der Bauantrag werde noch im September gestellt, die EU-weite Ausschreibung sei im Verlauf dieses Jahres vorgesehen, sagt Kreissprecherin Martina Bosch. Unterdessen sind 18 Container auf dem Schulhof aufgestellt worden.
Der Kreis hat sie für 45 000 Euro (Kosten bis Jahresende) gemietet. In ihnen können sechs Klassen unterrichtet werden. Der Betrieb soll nächste Woche los gehen, sobald die Container an die Haustechnik der Schule angeschlossen sind. Der Schaden im Gymnasium wird inzwischen auf mehrere Hunderttausend Euro geschätzt. Hinter vorgehaltener Hand ist auch schon von einer Million Euro die Rede. In vier Monaten soll das Gebäude wieder hergerichtet sein und für den Unterricht zur Verfügung stehen. alfExtra

Das "selbständige gerichtliche Beweisverfahren" (früher: Beweissicherungsverfahren) dient dazu, in eilbedürftigen Fällen Beweismittel durch einen unabhängigen Gutachter sichern zu lassen. Es soll hauptsächlich der Prozessbeschleunigung dienen und möglicherweise Chancen zu einer außergerichtlichen Einigung eröffnen. alf

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