Sechs Jahre für versuchten Totschlag: Landgericht Trier verurteilt 30-Jährigen aus Wittlich

Trier/Wittlich · Das Landgericht Trier hat einen 30-jährigen Mann aus Wittlich zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Die Richter sind überzeugt, dass der Angeklagte einem Mann absichtlich im Streit ein Messer in den Rücken gerammt hat, um diesen zu töten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Trier/Wittlich. Immer wieder blickt der Angeklagte zu seinen Angehörigen. Sein Bruder hat dem Verteidiger vor der Verhandlung am Trierer Landgericht noch deutsch-russische Wörterbücher in die Hand gedrückt - die liegen jetzt auf der Anklagebank. Noch einmal geht es um die Telefonmitschnitte, die den Angeklagten so sehr belasten (der TV berichtete). Darin soll er gesagt haben, dass er sein Opfer "kaltmachen" wolle. Mehrmals verwickelt der Angeklagte die Zeugin - die Dolmetscherin, die für die Kripo Trier die Wortprotokolle angefertigt hat - in Diskussionen. Denn die Aussage bestreitet er genauso wie die Absicht, den anderen verletzt haben zu wollen.

Tötungsabsicht oder Notwehr? Die entscheidende Frage im Prozess, der das Gericht seit Ende 2013 beschäftigt. Aufgrund der Telefonmitschnitte entschied das Gericht, dass auch ein versuchter Totschlag in Betracht komme - und nicht nur gefährliche Körperverletzung, und rollte alles nochmal von vorne auf. Die Vorwürfe: Mit einem Messer soll der Wittlicher seinem Opfer in den Rücken gestochen haben. Der 28-Jährige, dessen Lunge verletzt wurde, landete auf der Intensivstation. Bei einer vorangegangenen Auseinandersetzung soll der Angeklagte einen Dritten mit einer Axt am Bein verletzt haben.

Der Angeklagte jedoch erklärt, er habe in Notwehr gehandelt und auch aus Angst um seine Familie - das Opfer und dessen Freunde hätten gedroht, sein Haus niederzubrennen. Eine wenig lebensnahe Schilderung, findet dagegen der Vertreter der Staatsanwaltschaft und fordert eine Freiheitsstrafe von sieben Jahren und zehn Monaten. Der Angeklagte habe in Kauf genommen, dass sein Stich tödliche Verletzungen hervorrufe. Roderich Schmitz, Vertreter der Nebenklage erklärt ebenfalls: "Die Version, die der Angeklagte uns aufgetischt hat, kann man in den Bereich der Fabel verweisen."

Verteidiger Ralph Schira hat dagegen Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen: "Alle, die hier gehört worden sind, stammen aus dem Lager des Opfers. Wir haben zwei Möglichkeiten, wie das abgelaufen sein könnte, und beide stehen gleichberechtigt nebeneinander. Dann gilt doch: im Zweifel für den Angeklagten." Er beantragt einen Freispruch. In seinem letzten Wort erklärt der Angeklagte: "Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich will nur bei meiner Familie sein."

Doch die Richter glauben seiner Version nicht. "Es fällt doch auf: Wo immer der Angeklagte war, ist hinterher einer verletzt. Das war eindeutig keine Notwehr", fasst der vorsitzende Richter Armin Hardt zusammen. Das Gericht verurteilt den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren. "Wir gehen in Revision", kündigt Verteidiger Schira an.

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