Selbsthilfegruppe Wirbelsäulenpatientin beklagt: Es wird zu oft und unnötig operiert

Bengel/Wittlich · Schlechte Erfahrungen mit Ärzten haben Petra Göttges aus Bengel dazu bewogen, eine Selbsthilfegruppe für Menschen mit Wirbelsäulenerkrankungen zu gründen.

 Petra Göttges, Vorsitzende der Spondylodese-Selbsthilfegruppe Mittelmosel-Eifel.

Petra Göttges, Vorsitzende der Spondylodese-Selbsthilfegruppe Mittelmosel-Eifel.

Foto: TV/Winfried Simon

Die Leidensgeschichte von Petra Göttges aus Bengel begann vor 18 Jahren. Damals fingen die schlimmen Rückenschmerzen an. Stechende Schmerzen, die bis ins Bein führten und Lähmungserscheinungen hervorriefen. Die Ärzte diagnostizierten eine Skoliose, das heißt, eine Versteifung der Wirbelsäule und rieten zu einer Operation – genauer gesagt zu einer Spondylodese. Das ist die operative Versteifung der Wirbelsäule. Dabei werden unter anderem spezielle Schrauben oder Platten zu Stabilisierung implantiert..

Göttges: „Vertrauensvoll unterzog ich mich dieser Operation. Nach 13 Tagen wurde ich ohne Korsett entlassen, war zwei Tage zu Hause und anschließend in der Reha. Nach zwei Wochen Reha-Aufenthalt brachen neuartige Schmerzen in dem versteiften Gebiet aus. Die erstellten Röntgenbilder gaben keinen Aufschluss. Selbst bei der zweiten Nachuntersuchung in der Klinik klagte ich über messerstichartige Schmerzen im Rücken. Drei Wochen später hatte ich einen Termin bei einem anderen Orthopäden. Dieser stellte an Hand von Röntgenaufnahme fest, dass zwei Schrauben gebrochen waren und diese bei jeder Bewegung auf den Nerv kamen. In einer anderen Klinik wurden die alten Schrauben und Stangen herausgeholt und durch neue ersetzt. Zusätzlich wurden vom Bauch aus zur Stabilisierung fünf Titankörbchen eingesetzt.“

Es folgten Aufenthalte in Schmerzkliniken und weitere Operationen. Bei der fünften brach die Wirbelsäule.

Heute ist Petra Göttges auf starke Schmerzmittel angewiesen. „Ich bin nur knapp dem Rollstuhl entkommen. Mein ganzes Leben hat sich durch den Pfusch der Ärzte verändert. Ich kann ein dickes Buch schreiben über all das, was ich erlebt habe und von anderen Betroffenen gehört habe“, sagt sie. Sie kann nur kurze Strecken gehen, muss auf Theater- oder Konzertbesuche verzichten, den Haushalt kann sie allein nicht mehr bewältigen.

Ihr Schicksal hat sie dazu bewogen, die Spondylodese-Selbsthilfegruppe Mittelmosel-Eifel zu gründen. Der Verein bietet Betroffenen Erfahrungsaustauch, Informationsabende, Vorträge von Fachärzten und Aufklärung. Jeden ersten und jeden dritten Donnerstag im Monat finden im Mehrgenerationenhaus  in der Wittlicher Kurfürstenstraße Beratungsgespräche statt.

Petra Göttges sagt: „Das Einzige, was ich noch machen kann, ist über die Krankheit und die Operationen aufzuklären, denn niemand soll erleben müssen, was ich mitgemacht habe.“

Die Rentnerin ist davon überzeugt, dass in der Orthopädie viel zu oft und unnötig operiert wird. Vielen Ärzten gehe es vor allem darum, Geld zu verdienen. Natürlich gebe es auch gute Ärzte, aber diese zu finden, sei nicht einfach. Die Betroffenen sollten sich auf jeden Fall immer mehrere Meinungen von Fachärzten  einholen.

In den 15 Jahren haben sich rund 200 Betroffene Rat bei der Selbsthilfegruppe geholt.

Im Januar 2016 wurde Petra Göttges in Berlin vom damaligen Bundespräsident Joachim Gauck für ihr langjähriges ehrenamtliche Engagement geehrt. Unterstützt wir sie bei ihrer Arbeit von Ehemann Karl-Heinz, der sich hauptsächlich um die organisatorischen Dinge des Vereins kümmert.

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