Genussmittel Holzmuseum gibt Einblicke zu einem verloren gehenden Kulturgut

Morbach-Weiperath · Mit einem Seminar zum Zigarrenrollen hat das Hunsrücker Holzmuseum in Weiperath viele Interessenten angezogen.

 Wie rollt man eine Zigarre? Interessiert schauen die Seminarteilnehmer der „Manufactrice“ Annette Meisl (links) aus Köln zu.

Wie rollt man eine Zigarre? Interessiert schauen die Seminarteilnehmer der „Manufactrice“ Annette Meisl (links) aus Köln zu.

Foto: Christoph Strouvelle

Regelrecht würzig riecht es an diesem Abend im Hunsrücker Holzmuseum, als die Kölnerin Annette Meisl die Tabakblätter auf ihrem Arbeitstisch ausbreitet. Da wird gerollt, drüber geklappt, und das Deckblatt der Zigarre, die dort gleich entsteht, rund um die sogenannte Puppe, die Einlage, mit allen zehn Fingern eingearbeitet. „Die Puppe besteht aus drei verschiedenen Einlageblättern“, erklärt die Fachfrau für Zigarren, selbst Inhaberin einer Zigarrenmanufaktur in Köln. „Das Deckblatt ist superfein“, berichtet Meisl. „Wichtig ist: Die dunkle Seite des Blattes muss aufs Brett.“

Und dann erleben die 20 Teilnehmer des Zigarrenrollseminars, die zwischendurch immer mal wieder an ihrer zuvor ausgeteilten Zigarre ziehen oder einen Schluck Rum dazu genießen, wie fein und präzise gearbeitet werden muss, um eine schöne Zigarre herzustellen. „Seht ihr, wie das Blatt sich spannt“, fragt Meisl die Besucher, als sie das Tabakblatt etwas zieht. „Das ist nichts Hektisches, sondern man muss meditativ damit umgehen.“ Und als sie die Überstände, den sogenannten Strulles abschneidet, lernt auch die Zigarrenmanufactrice, wie sich selbst bezeichnet noch etwas dazu. „Diese Reste kaufen Taubenzüchter und legen damit die Nester aus“, sagt ein Teilnehmer des Seminars.

Als nach dem Kleben der ausgeschnittenen Ellipse, mit der die Zigarre am Ende verschlossen wird, und dem Befestigen der Banderole das Werk beendet ist, starten die Teilnehmer paarweise ebenfalls damit, ihre eigene Zigarre herzustellen. Auf allen Tischen wird emsig geklebt, geschnitten und gerollt. „Die kann man doch zeigen. Da bin ich nicht unglücklich“, sagt der Gonzerather Frank Klein nach dem Rollen seiner ersten Zigarre. „Zigarren sind für einen besonderen Moment“, erläutert er. Eigentlich ist Klein Nichtraucher, aber „für einen Genuss gehört das dazu“.

„Einen Preis gewinnen wir damit keinen“, stellt Peter Löper aus Gusenburg fest, als er sein Werk betrachtet. „Aber wir sind ganz zufrieden“, sagt der Raucher. Zigarren seien naturrein, es befänden sich keine chemischen Mittel darin. „Zigarren werden nicht über Lunge geraucht, sondern gepafft. Beim Rauchen von Zigarren kann man schön entspannen, und ein guter Rum, der gehört dazu.“

Gerd Molitor aus Thomm nimmt bereits zum zweiten Mal an diesem Seminar teil. „Das ganze Drum­herum, das ist schon schön“, berichtet er. Seine selbst hergestellte Zigarre nimmt er mit nach Hause. „Die muss noch trocknen.“ Auch Edda Gerten nimmt zum zweiten Mal an dem Seminar teil – als Nichtraucherin. „Die Zigarre bekommt meine Tochter.“ Zur ersten Auflage des Seminars ist sie gegangen, weil sie das Thema spannend fand. Das zweite Mal nimmt sie daran teil, weil sie ihrem Schwiegersohn ein schönes Geschenk machen wollte, erklärt Gerten. Ursprünglich war lediglich ein Zigarren­rollseminar vorgesehen, sagt Annette Eiden, Vorsitzende des Hunsrückvereins in Morbach und Kuratorin der Sonderausstellung Räubertabak, die noch bis Ende des Jahres im Hunsrücker Holzmuseum zu sehen ist: „Aufgrund der großen Nachfrage haben wir entschieden, ein zweites Seminar anzubieten.“ Nach etwas Mundpropaganda war auch die zweite Auflage schnell ausgebucht.

Warum ist ein solch spezielles Seminar so stark gefragt? „Das ist ein Handwerk, das man nur selten sieht.“ Möglicherweise erleben Urlauber so etwas in Kuba oder der Dominikanischen Republik. „Aber hier findet man so etwas sonst nicht mehr“, sagt sie. Zudem steht das Paffen einer Zigarre, „ein Stück Kulturgut, das verloren gegangen ist“, für Genuss. Eiden: „So wie man sich eine gute Fasche Wein gönnt, so gönnt man sich auch eine gute Zigarre.“

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