TV-Serie 15 jüdische Friedhöfe - Steinerne Denkanstöße der Geschichte im Landkreis Bernkastel-Wittlich

Auf eine besondere Atmosphäre trifft man, wenn man jüdische Friedhöfe besucht. Im Kreis Bernkastel-Wittlich gibt es noch 15 Orte mit Ruhestätten, auf denen seit sieben Jahrzehnten niemand mehr bestattet wurde. Der TV berichtet in einer neuen Serie über diese Friedhöfe.

 Der jüdische Friedhof in Osann-Monzel ist mit 2169 Quadratmetern der drittgrößte im Kreis Bernkastel-Wittlich. Von Bäumen eingerahmt ist hier ein Ort der Ruhe und des Gedenkens.

Der jüdische Friedhof in Osann-Monzel ist mit 2169 Quadratmetern der drittgrößte im Kreis Bernkastel-Wittlich. Von Bäumen eingerahmt ist hier ein Ort der Ruhe und des Gedenkens.

Foto: Christina Bents

  Außerhalb an Wald- oder Ortsrändern finden sich besondere Orte, die oft in Vergessenheit geraten sind: Dazu zählen die jüdischen Friedhöfe. Meist liegen sie sehr malerisch mit Blick auf das jeweilige Dorf. Die alten, teilweise verwitterten Grabsteine   und die leicht verwilderte Natur lassen den Besucher in eine andere Zeit eintauchen. Oft ist es nur der Gemeindearbeiter, der die Ruhestätte regelmäßig zum Mähen betritt. Dennoch geben diese Friedhöfe oft wichtige Anstöße, sich heute mit der Geschichte der Juden zu beschäftigen. Sie haben in vielen Orten ganz normal zur Dorfgemeinschaft gehört, als Viehhändler oder Geschäftsleute waren sie aktiv eingebunden. Es gab beispielsweise in Zeltingen-Rachtig die Familie Bach, die im Weinhandel tätig und - so die Überlieferung - sehr großzügig war. Monika Metzen-Wahl, vom Wittlicher Emil-Frank-Institut, das die jüdische Geschichte erforscht,  erklärt: „Regina Bach war eine Frau, die beispielsweise den Kommunionkindern immer kleine Präsente gemacht hat.“ Jetzt ist ein Grabstein der Familie, der bei einer Schändung umgeworfen worden war, nach langen Jahren wiederentdeckt worden. „Es ist wie bei kleinen Puzzleteilen, die zu Geschichten führen und Menschen in der Erinnerung wieder lebendig werden lassen“, so die ehrenamtliche Mitarbeiterin des Emil-Frank-Instituts.

Die jüdischen Gemeinden mussten in der Zeit des Nationalsozialismus, der Vertreibung und des Holocaust ihre Friedhöfe aufgeben. Seitdem gibt es keine jüdischen Gemeinden mehr im Kreis. Bis in die 1940er Jahre hatten die Mitglieder der jüdischen Gemeinden im Landkreis ihre Verstorbenen auf den Friedhöfen beigesetzt. In 15 Orten des Kreises gibt es jüdische Friedhöfe, in einigen sogar zwei, wie beispielsweise in Bernkastel-Kues. Sie liegen bewusst außerhalb von Ortschaften. René Richtscheid, Geschäftsführer des Emil-Frank- Instituts in Wittlich erklärt: „Nur Christen beerdigen ihre Toten im Ort. Jüdische Grabstätten sind immer für die Ewigkeit angelegt. Dort gibt es keine zeitlich beschränkte Ruhezeit, die nach 20 oder 30 Jahren endet.“ Weiter berichtet er: „Die Bestattungskultur ist ebenfalls eine andere. Mahagonisärge und kunstvoll gestaltete Grabstätten sind im Judentum, nachdem jeder im Tod gleich ist, ungewohnt. Jeder wird im gleichen Holzsarg und schlichten Totenhemd beigesetzt.“ Den Grabstein zieren Name, Geburts- und Sterbedatum sowie ein Lobspruch.

Der jüdische Friedhof in Wittlich ist mit 3657 Quadratmetern Fläche und 167 Gräbern der größte im Kreis. „Das hängt mit der Größe der ehemaligen jüdischen Gemeinde zusammen“, erklärt Richtscheid. Hier finden sich die beiden ältesten Grabstätten. Eine Inschrift verweist auf das Jahr 1671. Den abgezäunten Friedhof kann man nur besuchen, wenn man sich vorher den Schlüssel bei der Stadtverwaltung ausgeliehen hat. Der zweitgrößte jüdische Friedhof ist in Neumagen-Dhron. Auf seinen 3300 Quadratmetern finden sich 126 Gräber. Erinnerungsarbeit leistet dort ein Arbeitskreis und die dortige Realschule Plus ist sehr engagiert.

Heute sind die jüdischen Friedhöfe im Landkreis im Eigentum des Landesverbands jüdische Gemeinden von Rheinland-Pfalz, gepflegt werden sie meist von den Kommunen. In der Vergangenheit, auch nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wurden sie von Grabschändungen heimgesucht. Belegt sind solche Friedhofsschändungen in Bausendorf und Wittlich. In den Jahren 1970, 1971, 1972, 1983 und 1987 wurde auf dem Wittlicher Friedhof Vandalismus betrieben. 1987 sind 111 der 167 Grabsteine umgeworfen worden. Auf die antisemitische Gesinnung der Täter, die zu Freiheitsstrafen auf Bewährung verurteilt worden sind, ist dabei nicht eingegangen worden. „Das hatte damals noch lebende Juden der ehemaligen Gemeinde sehr erbost“, erklärt René Richtscheid.

In einer Serie wird der Volksfreund in  den kommenden Wochen  die jüdischen Friedhöfe vorgestellen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort