TV-Serie 32 jüdische Grabsteine als unaufdringliche Mahnung

Bengel · Serie jüdische Friedhöfe: In Bengel stehen abseits vom Dorf 32 Grabsteine auf mehr als 1000 Quadratmetern im Wald. Nur auf wenigen sind noch Inschriften zu erkennen.

 Der jüdische Friedhof in Bengel liegt im Hang an der Straße zwischen Bengel und Kröv. Er ist von hohen Bäumen umgeben.

Der jüdische Friedhof in Bengel liegt im Hang an der Straße zwischen Bengel und Kröv. Er ist von hohen Bäumen umgeben.

Foto: Christina Bents

Der letzte Bengeler jüdischen Glaubens, der auf dem jüdischen Friedhof in Bengel beerdigt ist, hieß Hermann Herz und wurde 1937 zu Grabe getragen. Der Friedhof ist mit seinen 1037 Quadratmetern in Besitz der jüdischen Kultusgemeinde Trier und wurde 1830 angelegt. Auf den älteren Grabsteinen kann man noch hebräische Inschriften erkennen. Bei den Neueren fehlen die Tafeln mit Namen und Daten meist.

Beim Besuch des Friedhofs fallen die Namen der Familie Drucker ins Auge, von der mehrere Mitglieder hier beerdigt sind. Auch die Namen Mendel und Schömann tauchen auf. Auf dem Grabstein von Johann Drucker ist ein Kreuz eingemeißelt, das für das Eiserne Kreuz, eine Auszeichnung aus dem Ersten Weltkrieg, steht. Auf der Gedenktafel für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs ist sein Name ebenso notiert, auch die weiterer jüdischer Soldaten.

Bengel hatte eine recht große jüdische Gemeinde. 1895 sind 39 Juden im Ort registriert. Bis 1927 sank die Zahl auf 25, 1933 waren es noch 14 und 1938 noch sieben Menschen jüdischen Glaubens, die in Bengel lebten, wie Anja Klasen in ihrer Facharbeit „Die jüdischen Gemeinden in Bengel, Kinderbeuern und Bausendorf- Eine Spurensuche“ aus dem Jahr 1990 zusammengetragen hat. In der Chronik der Alftalgemeinden hat Anja Klasen auch das Verhältnis zwischen Juden und Christen beschrieben. Dort heißt es: „Nach Aussagen meiner Informanten lässt sich grundsätzlich sagen, dass das Verhältnis gut war.“ Weiter steht dort: „Die jüdische Minderheit konnte hier ihren Glauben problemlos ausüben und Fragen bezüglich des nachbarschaftlichen Verhältnisses wurden stets positiv beantwortet.“

Es gab auch eine Synagoge im Ort, im Gebäude der heutigen Kondelstraße 173. Die jüdischen Bürger waren vollständig in das Dorfleben integriert. Abraham und Salomon Drucker gehörten sogar zu den Gründern des Bengeler Turnvereins im Jahr 1905. Katholische und jüdische Kinder gingen gemeinsam in die Schule. Dort habe einmal ein jüdisches Kind die Überschrift eines Textes, die „gelobt sei Jesus Christus“ hieß, geschwärzt, erinnerte sich der Lehrer Kaspar Hebler. „Die Oberstufenschüler verprügelten ihn da­raufhin und der Vater von Wolf, so der Name des jüdischen Kindes, rief den Herrn Pastor zur Hilfe. Er sagte zu den Oberstufenschülern: „Hört ihr Jungen, ihr habt es in eurem katholischen Eifer gut gemeint, aber das ist nicht katholisch und soll nicht wieder vorkommen.“ Nach und nach hätten sie sich wieder ausgesöhnt.

Die jüdischen Menschen aus Bengel, beispielsweise Familienmitglieder der Samsons, Fabers oder Druckers sind in der Zeit des Nationalsozialismus in größere Städte wie Köln gezogen, wurden von dort aber trotzdem in die Lager nach Theresienstadt oder Auschwitz deportiert. Paula Drucker, die am 25. Januar 1869 geboren war, kehrte aber von Theresienstadt nach Köln zurück.

Nach dem Krieg haben viele Juden zwischen dem deutschen Naziregime und den Menschen, mit denen man in Deutschland jahrelang friedlich zusammengelebt hatte, unterschieden. „Viele Kontakte zwischen ehemaligen jüdischen Bürgern der Gemeinden Bengel, Kinderbeuern und Bausendorf beweisen dies,“ so Anja Klasen in ihrer Facharbeit.

Die Familie Herz habe nach dem Krieg sogar Carepakete nach Bengel geschickt und Ernst Herz hatte noch lange persönlichen und schriftlichen Kontakt, ebenso Karl Drucker, der 40 Angehörige durch die Nazis verlor.

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