Justiz Wittlicher Richter verurteilen Mann wegen Kindesmissbrauch

Wittlich · Wegen sexuellen Missbrauchs an einer 13-Jährigen hat das Amtsgericht Wittlich einen 44-Jährigen zu zwei Jahren Haft und 2000 Euro Geldbuße verurteilt.

sexueller Kindesmissbrauch Prozess Amtsgericht Wittlich
Foto: dpa/Britta Pedersen

Der Mann auf der Anklagebank macht es dem Jugendschöffengericht offenbar leicht. Schon im Vorfeld der Verhandlung hat er ein volles Geständnis angekündigt. Und zum Verhandlungsauftakt erklärt seine Trierer Verteidigerin Martha Schwiering: „Der Anklagevorwurf wird von meinem Mandanten voll und ganz eingeräumt.“ Der Vorsitzende Richter Josef Thul verweist auf das entsprechende Protokoll einer verfahrensverkürzenden Absprache mit der Verteidigerin und Staatsanwalt Stephane Parent. Thul: „Wir haben deshalb zum heutigen Termin keine Zeugen geladen und auch die Vernehmung der Geschädigten ist entbehrlich.“ Die heute 15-Jährige tritt als Nebenklägerin auf und wird von Rechtsanwältin Anne Kohlhaas vertreten. Ihre Mutter und ihr Freund haben sie zum Gerichtstermin begleitet.

Zunächst hat der Staatsanwalt mit seiner Anklageschrift das Wort: Der Vorwurf lautet auf schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes. Als Jugendwart einer Freiwilligen Feuerwehr im Kreis Bernkastel-Kues habe der Angeklagte das Mädchen kennengelernt. Daraus sei über Whatsapp und Facebook eine zwei Jahre dauernde, sexualisierte Kommunikation entstanden. Im Oktober 2015 soll es dann zwischen dem Angeklagten und der damals 13-Jährigen zu konkreten sexuellen Handlungen bis hin zum Geschlechtsverkehr gekommen sein.

Nun wäre formal fast alles erledigt: Die Anklage ist verlesen, das Geständnis liegt vor. Der Vorsitzende müsste den Angeklagten nur noch zur Person befragen, dann könnte er zu den Plädoyers aufrufen, die Akten zuklappen und sich mit den Schöffen zur Beratung zurückziehen. Aber so glatt kommt der 44-Jährige nicht davon. Thul kennt alle betreffenden WhatsApp- und Facebook-Inhalte des sichergestellten Handys.

Darauf fußend beginnt er eine fast einstündige, bohrende Befragung des Angeklagten. Wieso lässt sich ein selbstständiger Handwerksmeister und Vater von zwei kleinen Kindern mit einer 13-Jährigen ein? Was hat ihn dazu bewegt, sich mit dem Mädchen im Kindesalter über zwei Jahre hinweg in ordinärster Pornosprache auszutauschen. Thul: „Da ist man doch fassungslos! Wenn das zwei Erwachsene machen, wissen beide, was sie wollen. Aber bei einem Kind muss man dazu doch erst eine Wand überspringen.“

Das Geschehen von Oktober 2015 sei dann nur noch die Konsequenz aus allem gewesen. Und noch etwas sei auf dem Handy gefunden worden, erklärt Thul: Rechtsradikale Fotos, Texte und Videos übelster Art mit offenen Nazi-Bekenntnissen – offenbar schon im Bereich der Strafbarkeit, aber das ist hier nicht angeklagt.

Der heute geschiedene Angeklagte windet sich, verweist auf Ehe- und sonstige Probleme. Seine häufigste Antwort: „Ich weiß es nicht, kann mir das selbst nicht erklären.“ Es tue ihm alles leid , sagt er und entschuldigt sich beim ehemaligen Opfer, das ihm nun als Teenager schräg gegenüber sitzt. Und es gehe doch wieder aufwärts mit ihm, er habe auch eine neue Partnerschaft.

Nicht immer sei der Angeklagte so geständig gewesen, er habe während der Ermittlungen sogar ein Glaubwürdigkeitsgutachten zu den Aussagen des Mädchens erzwungen, betont Staatsanwalt Parent in seinem Schlusswort. Dennoch geht der Ankläger von einem minder schweren Fall aus, weil das Opfer zum Zeitpunkt der Haupttat mit 13 Jahren an der Schwelle zur Schutzaltersgrenze (über 14 Jahre) stand, das Geständnis zu berücksichtigen sei und der Angeklagte bisher strafrechtlich unbescholten war. Sein Antrag: Zwei Jahre Haft mit dreijähriger Bewährungsfrist und 5000 Euro Geldstrafe. Verteidigerin Schwiering schließt sich bei dem Haftantrag an, hält aber eine Therapieauflage für sinnvoller als eine hohe Geldstrafe für den finanziell eher knappen Mandanten. Nebenklagevertreterin Kohlhaas schließt sich Parent an und empfiehlt ebenfalls eine Sexualtherapie.

Das Urteil: Zwei Jahre Haft, die für drei Jahre auf Bewährung ausgesetzt wird sowie 2000 Euro Bußgeld an eine soziale Einrichtung. Außerdem muss sich der Angeklagte einer Therapie mit Nachweis unterziehen. Dann schickt ihn der Vorsitzende  mit einer dringenden Warnung nach Hause: „Sie sind noch nicht über den Berg! Sie müssen sich mit sich selbst auseinandersetzen. Und auch die Geschichte mit den rechtsradikalen Kontakten könnte Ihnen in der Bewährung ganz schnell auf die Füße fallen.“

Der Angeklagte will das Urteil spontan annehmen – das geht aber noch nicht, da nach einer verfahrensverkürzenden Absprache dazu eine 14-Tage-Frist verstreichen muss.

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