Sie kämpfen ums Bürgerfernsehen in Wittlich

Wittlich · Die Medienwelt hat sich verändert. Und auch beim Offenen Kanal Wittlich wird dem Rechnung getragen. Es gibt keine Live-Sendungen mehr, nur noch wenige Beiträge werden von Bürgern eingereicht. Warum die Ehrenamtlichen trotzdem für ihren Verein kämpfen, erzählen sie im TV-Interview.

 Für die Sendung „Hermann!“ sucht Hermann-Josef Haller (links) ständig neue Gesprächspartner. Fürs Foto hat sich Kollege Helmut Petersen mal „geopfert“.TV-Foto: Eileen Blädel

Für die Sendung „Hermann!“ sucht Hermann-Josef Haller (links) ständig neue Gesprächspartner. Fürs Foto hat sich Kollege Helmut Petersen mal „geopfert“.TV-Foto: Eileen Blädel

Das Bürgerfernsehen in der Säubrennerstadt wird von einer Handvoll Ehrenamtlichen betrieben. Zwar zählt der Offene Kanal (OK) Wittlich 60 Mitglieder, doch aktiv am Programm beteiligt sind nur noch wenige. Eigentlich kann sich jeder Bürger eine Kamera leihen und einen Beitrag drehen. Wenige nehmen das Angebot tatsächlich wahr. Die Technik wird dem OK von der Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) zur Verfügung gestellt. Ansonsten finanziert sich der Verein aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden.Mehr Menschen


Nach fast 17 Jahren hat der OK im Jahr 2011 mit der Zusammenlegung der Fernseh-Kabelnetze seine Selbstständigkeit verloren. Das bedeutet: weniger Sendefenster und Beiträge, keine Live-Shows mehr. Dafür können theoretisch mehr Menschen erreicht werden, über Kabelanschlüsse und das Internet. Das Bürgerfernsehen in Wittlich verändert sich, aber es stirbt nicht - davon sind die Ehrenamtlichen überzeugt. Im TV-Interview sprechen OK-Vorsitzender Helmut Petersen (51), Vorstandsmitglied Hermann-Josef Haller (54) und Kassenwart Erwin Holl (62) über ihre Arbeit. Seit etwa zwei Jahren ist der OK Wittlich in das Sendeschema des OK Region Trier eingespeist. Was hat sich seitdem geändert?

Erwin Holl: Die Zusammenlegung der Kabelnetze war ein Glücksfall. Wir stehen finanziell jetzt besser da. Zwar haben wir weniger Sendezeit zur Verfügung, aber wir haben ja auch nie ein Vollprogramm gemacht.
Helmut Petersen: Dafür erreichen wir mehr Menschen: Früher konnten etwa 8000 Haushalte den OK Wittlich empfangen, heute sind es 55 000. Mittlerweile sind wir auch im Internet zu sehen: auf Youtube und per Livestream über unsere Homepage.
Zuschauerzahlen existieren aber nicht, da keine Einschaltquoten erfasst werden. Wie ist es, Fernsehen zu machen, ohne zu wissen, wer überhaupt zusieht?
Hermann-Josef Haller: Statistisch können wir das zwar nicht erfassen, aber wir erhalten viel Feedback aus der Stadt.
Holl: Wir bekommen Zuschauerreaktionen. Das ist mit ein Grund, warum wir den Verein nicht aufgeben, auch wenn wir wenige Leute sind.
Wie groß sind die Nachwuchsprobleme beim OK Wittlich?
Holl: Wir haben die gleichen Probleme wie andere Vereine auch. Die Beiträge von außen haben stark nachgelassen. Das ist den Leuten zu viel Arbeit. Im Moment füllen wir nur eine Stunde am Dienstagabend. Mit mehr Beiträgen könnten wir unser Programm ausweiten.
Haller: Man muss einfach bedenken: Die Technik hat sich weiterentwickelt, und man bekommt schon für wenig Geld eine gute Kamera. Keiner braucht heute mehr den OK, um dem breiten Publikum etwas zur Verfügung zu stellen.
Petersen: Wir erleben auch immer wieder, dass Leute bei uns anfragen, ob wir zu ihrer Veranstaltung kommen und filmen.
Haller: Als wären wir ein Kamerateam im Standby-Betrieb. So ist das aber gar nicht gedacht.
Der Grundgedanke des OK war es ja, Bürgerfernsehen für Bürger zu machen. Würden Sie das heute noch so definieren?
Petersen: Aber ja. Es sind Bürger, die das machen. Hier sitzen zwei.
Holl: Und: Jeder ist persönlich für das verantwortlich, was er macht, ganz im Sinne des Presserechts. Wir haben außerdem auch keine Möglichkeit, einen Beitrag zu zensieren. Wir dürfen keine Gebühren erheben oder Werbung machen. Die Leistung des OK ist grundsätzlich kostenlos.
Seit kurzem gibt es auch Beiträge im Internet zu sehen. Da könnte man auch argumentieren: Wenn sich alles ins Netz verlagert, wer braucht dann den OK noch?
Holl: Ganz so ist das nicht. Das Internet ist nur eine zusätzliche Möglichkeit für uns. Außerdem können wir nicht alles ins Internet setzen, das scheitert an der Gema. Es werden also im OK weiterhin Beiträge zu sehen sein, die sich nicht im Internet finden.
Was glauben Sie, bringt die Zukunft dem OK Wittlich?
Haller: Wir hoffen auf neue Mitglieder.
Holl: Wir wollen in unseren Beiträgen weiterhin die Menschen in den Fokus rücken, die das Gemeinschaftsleben ausmachen.
Haller: Da sind wir wieder bei der Philosophie des Bürgerfernsehens.
Ehrenamtliche des OK sind meistens samstags zwischen 10 und 11 Uhr im Haus der Jugend (Nebeneingang) anzutreffen. Infos unter www.ok-wittlich.com und info@ok-wittlich.comExtra

Der 54-jährige Wittlicher moderiert seit 13 Jahren im OK Magazin-Sendungen. In seinem Format "Hermann!" bietet er Bürgern ein Forum. Wie sind Sie zum OK Wittlich gekommen? Haller: Ich bin mal als Gast in eine Live-Sendung reingestolpert. Da wurde ein Freiwilliger gesucht, der dem Moderator hilft, einen Weihnachtsstern zu basteln. Ich hab den Moderator dann so totgequasselt, dass man mich hinterher gefragt hat, ob ich nicht eine eigene Sendung machen will. Wie hat sich Ihre Sendung "Hermann!" entwickelt? Haller: Das Konzept haben wir im Laufe der Jahre abgespeckt. So eine Sendung zu produzieren ist aufwendig und bedeutet viel Zeit und Arbeit. Mittlerweile ist die Show nicht mehr live und ich beschränke mich auf Einzelinterviews. Für Ihre Sendung suchen Sie auch immer Leute? Haller: Wir möchten Menschen aus der Stadt vorstellen: Wer ein Ehrenamt begleitet oder ein ausgefallenes Hobby hat, kann sich gerne an uns wenden. Aber wir freuen uns auch, wenn jemand Lust hat, so eine Sendung mitzuproduzieren oder einen Blick hinter die Kamera werfen will. eib

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