Sie leiden und hoffen

HIMMEROD. (red) Bruder Stephan Reimund Senge ist Vorsitzender der Hilfsaktion "Initiative Sudan", die sich um notleidende Menschen kümmert. Vor wenigen Tagen kehrte er aus dem Sudan zurück, mit vielen neuen Eindrücken und diesem Erfahrungsbericht:

"Spannend ist es für mich, jedes Jahr im November erneut und differenzierter den mittleren Sudan, die Nubaberge, zu erkunden: Menschen, ihre Gewohnheiten und Bedürfnisse, die politische Situation und die Gesamtentwicklung nach jahrzehntelangem Bürgerkrieg. Schläge und Peitsche für Priester

Frieden? Zunächst Friedensverhandlungen gibt es, auch einen Waffenstillstand zwischen Regierung und Befreiungsarmee, überwacht von einer internationalen Einheit (YMS), aber von Frieden kann noch keine Rede sein. Im Westen (Dafur) wird weiter gekämpft, im Gebiet der immensen Erdölvorkommen (Benthiu) leidet die Bevölkerung unter großem militärischen Druck. In den von der Regierung dominierten Gebieten haben Moslems alle, aber Christen und Andersgläubige keine Rechte: Gottesdienste werden von Spitzeln überwacht, Priester und Katecheten werden oft verhört, "blows and whips" , Schläge und Auspeitschungen, sind keine Seltenheit. Außer in schon lange bestehenden Kirchen aus Stein, die sich meist in den Städten befinden, dürfen sich Gläubige nur in Häusern versammeln. Nach außen hin - gegenüber der UN, den USA, der EU, gegenüber internationalen NichtregierungsOrganisationen und ausländischen Investoren signalisiert die Regierung Aufbruch, Normalität, Menschenrechte, nach innen hat sich wenig geändert. Ein wunderbares Stück Erde sind die Nuba-Mountains: Hügel, Berge, Felsmassive, viel Blühendes - aber keine Straßen, nur "roads", oft abschüssige Hohlwege, dicke und kleine Steinbrocken, tiefe Furchen, ausgetrocknete Bäche, Felsareal, Sand-Graspisten, kein Millimeter asphaltiert, auch nicht die Landepisten für Flugzeuge. Fünf Schulen betreut die "Initiative Sudan" dort. 60 Lehrer müssen bezahlt werden, 2000 Schüler erhalten Schulspeisung. Bei wachsenden Schülerzahlen fehlt es an ausgebildeten Lehrern, an Gebäuden, deren Ausstattung, an Bänken und Tischen für die Klassenräume, an Schulbüchern, Heften und an einer Krankenstation. Kinder in einem Internat im Sudan sind zu unterhalten, immense Flugkosten von etwa 19000 Euro entstehen zu Anfang und Ende der Ferien. Wir planen und bitten um Spenden! Die Kinder sind ganz bei der Sache, lernen begeistert und legen täglich weite Wege zurück, um den Unterricht besuchen zu können. Am Ende legen sie überwiegend gute Examen ab. Überwiegend junge Leute bevölkern den Gottesdienst, der von 150 bis 800 Menschen besucht wird. Dazu die leuchtenden Farben der Frauen und Mädchen, Instrumente, Gesänge, viel Rhythmus und Bewegung. Heimwärts unter einem Baum eine Mutter mit totem Kind auf dem Arm, es starb auf dem Weg ins Hospital von Cap Anamur. Ein stark vom Gelbfieber gezeichneter Junge begegnet uns. Viele Kinder in diesem Land müssen vorzeitig sterben: Unterernährung, Krankheiten wie Malaria und Schwäche sind Ursachen hierfür - und dies nicht nur bei Kindern! "Mrs Margret" ist für die Familien da

Trotz der Anwesenheit mancher internationaler Organisationen mit zahllosen Konferenzen, auch im Rahmen der UN, ist die konkrete Hilfe für die Menschen einseitig, zögerlich, parteiisch und mangelhaft. "We are suffering" - wir leiden - ist keine Bettelfloskel der Menschen, sondern andauernde Realität! Die Rückreise wieder mit Margarete Franz aus Eschborn, 73 Jahre jung, die vom nächsten Dorf Gidel aus sich gezielt um Frauen, Mütter und Kinder kümmert. "Mrs Margret" ist dort ungemein beliebt und seit Jahren ein Begriff. Erst mit einem Transportflugzeug, einer russischen Antonov, zwischen Matratzen und Gepäck nach Lokichoggio in Kenia, dann nach Nairobi, der Hauptstadt und nach zwei Tagen mit Gesprächen, Treffen und Erholung bei deutscher Küche geht über Amsterdam nach Luxemburg und Himmerod. Dankbar bin ich, dass ich ein wenig mithelfen darf, dankbarer noch für die zahllosen Wohltäter der leidenden Menschen in den Nubabergen."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort