"Singst du in der Badewanne?"

WITTLICH-DORF. Wie viele andere Chöre der Region leidet auch der Männergesangsverein Dorf unter Nachwuchsmangel. Nach mehr als 80 Jahren droht in einigen Jahren das Aus.

"Ich bin zu jung, das sind doch nur alte Männer!" Das war in der Vergangenheit eine von vielen Ausreden der Dorfer auf die Aufforderung: "Mach' doch mit bei uns im Männergesangsverein 1922 Dorf!"Reinhold Lehnen ging schließlich mit seinem Vorstand im vergangenen Jahr in die Offensive. Bei meist nur rund 20 Stimmen hatte die Qualität des Chores immer mehr gelitten. "Singst du manchmal? In der Badewanne, bei der Arbeit?", fragte er in seinem Rundschreiben die Dorfer Männer.Er beschrieb die vielen schönen Seiten des geschulten Singens und das Vereinsleben und erklärte auch die Schritte zum Vereinsbeitritt. "Ganz einfach: Du kommst an einem Donnerstagabend um 20.15 Uhr zum Schnuppern in unser Vereinshaus und bringst noch deinen Freund mit."Als der Erfolg dennoch ausblieb, versuchte er es im Oktober noch einmal. Diesmal mit persönlichen Anschreiben, in denen der Vorstand auch die aktuellen personellen Veränderungen im Chor nannte. "Mit Heinz Lücke ist ein neuer dynamischer Dirigent verpflichtet worden. Wir pflegen jetzt neben dem traditionellem Liedgut auch die moderne Chormusik," hieß es.Das Resümee, das Reinhold Lehnen heute zieht, ist ein trauriges: "Keine einzige neue Stimme haben wir trotz unserer Bemühungen gefunden. Vielleicht hilft uns die Artikulierung unserer Sorgen über die Dorfgrenzen hinaus zu einer Erweiterung unserer Sängerschar." Nur sehr ungern möchten die Dorfer Sänger ihren Einsatz im 500-Seelen-Stadtteil beenden.Maifest, volkstümlicher Abend und Singen unterm Weihnachtsbaum sind seit Jahren eine lieb gewonnene Tradition in der Nachbarschaft.48 junge Männer gründeten am 9. Januar 1922 den Männergesangsverein Dorf im Gasthaus Arnoldi. Dort fanden auch die Proben statt. Drei Reichsmark (RM) Eintrittsgeld mussten gezahlt werden. Monatlicher Beitrag: eine RM. Wer zu spät kam wurde mit 0,25 bis 1 RM bestraft. Mit dem Stiftungs- und ersten volkstümlichen Sängerfest wurde 1924 die Vereinsfahne eingeweiht. Mathias Simon war der erste Präsident, Edmund Marx der Dirigent. Otto Thul übernahm 1937 den Dirigentenstab und gab ihn bis zu seiner schweren Krankheit im Jahr 1986 nicht mehr ab.Dazwischen lag die kriegsbedingte Schließung. Doch in Dorf wurde bereits 1947 unter Vorsitz von August Thetard die Vereinstätigkeit wieder aufgenommen. "Sie muss und wird weitergehen", ist Reinhold Lehnen sicher.

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