Sitzungspräsident fährt nach China

BERNKASTEL-KUES. Wer ist das starke Geschlecht? Diese Frage nahm bei der fünfstündigen Kappensitzung des Karnevalsvereins "Huckebein" breiten Raum ein.

 Die gestandenen Bayern (Christa Stein, links, und Christel Marmann) beratschlagen, wie sie den alten Holzmichel aktivieren können.Foto: Clemens Beckmann

Die gestandenen Bayern (Christa Stein, links, und Christel Marmann) beratschlagen, wie sie den alten Holzmichel aktivieren können.Foto: Clemens Beckmann

Muss Eric Achtermann, Sitzungspräsident des Karnevalsvereins "Huckebein", um seinen Posten bangen? Wenn es nach "Männerkeule" Sylvia Horne geht, dann ja. "Ein Mann ist zwar viel, aber eine Frau, die ist alles", erklärte sie mehrfach den rund 300 Narren in der Mosellandhalle. Zum Schluss gab sie aber doch zu, dass sie froh ist, einen Mann zu haben. Auch "Hausmeister" Lothar Marmann scheint nicht abgeneigt, eine Frau als Sitzungspräsidentin zu akzeptieren. "Dann hätten wir endlich wieder mal jemand mit Haaren", sagte er mit Blick auf Achtermanns hohe Stirn. Erst ein mal muss sich aber der 1879 gegründete Karnevalsverein einen neuen Hausmeister suchen, denn der hat gekündigt, weil es sich der Elferrat gut gehen ließ, für ihn aber nichts abfiel.Der Hochzeitstag kann warten

Otto Oster, der "städtische Ausscheller", reagierte prompt auf die "Männer verachtende Büttenrede" von Sylvia Horne. Die Frauen müssten den Männern wieder mehr Honig um den Bart schmieren ("Du bist so sexy, wenn Du besoffen bist" oder: "Geh ruhig zum Fußball. Nächstes Jahr ist ja auch wieder Hochzeitstag"). Sonst müsse das andere Geschlecht mit einer geharnischten Reaktion rechnen. Oster: "Als ich letztens um vier Uhr morgens heimkam, stand meine Frau mit dem Besen hinter der Tür. Kehrst Du schon, oder fliegst Du schon weg?, hab ich sie gefragt." Oster nahm auch die Politik aufs Korn. In Bernkastel-Kues sei manches Großprojekt entstanden (Tunnel, Forumsgelände) - aber noch nicht bezahlt. "Es ist an der Zeit, wieder etwas Neues zu bauen, das wir nicht bezahlen können", sagte er mit Blick auf die Arbeiten am Karlsbader Platz, auf dem "mindestens deutsche Meisterschaften im Eiskunstlauf stattfinden sollen". "Leb wohl armes Deutschland, leb wohl Sozialstaat", intonierten die "Huckisingers" mit Macht. "Weiß der Schröder oder weiß er nicht, scheiss egal, es interessiert ihn nicht." Diesen Refrain mussten sich aber auch Stadtbürgermeister Wolfgang Port und der Stadtrat anhören: "Denn die machen nicht, was die Wähler wollen." Vielleicht haben die Besucher an diesem Abend sogar die neue Hymne der Stadt gehört. Zur Melodie von "Mit 66 Jahren" (Udo Jürgens) sang die Gruppe "Seit 100 Jahren gibt es Bernkastel-Kues". "Bayrische Gäste" zerrten den "Holzmichel" auf die Bühne. In ihrer Show spielten aber auch andere Größen eine Rolle. Sogar die vor wenigen Tagen in Bernkastel-Kues gefundenen Schädelteile fanden Platz. Und am Schluss zeigte sich der "Holzmichel" wieder äußerst lebenslustig. Lustig, aber auch merkwürdig, geht es in der Kirche zu. Das stellte zumindest "Schuljung" Doris Schwab beim ersten Besuch in einem Gotteshaus fest. Spaß gibt es auch immer bei Dialekttalent Kalle Huwer, der dieses Mal als "Horst aus Saarbrige" verteufelt gut an Heinz Becker erinnerte und den meisten Beifall erhielt. Ganz viel fürs Auge boten das Huckebein-Ballett mit zwei Auftritten, die Showtanzgruppe "Onyx", Funkenmariechen Anna Grommes, die gackernden "Hühner" in tollen Kostümen und das Männerballett, das mit dem Spacetaxi zum "(T)Raumschiff Surprise" unterwegs war. Gar nicht ungelenk präsentierte sich die Gruppe "Ungelenk", die die Geschichte der Olympischen Spiele tänzerisch nacherzählte, und sich dann auf den Weg machte, um rechtzeitig (2008) in Peking zu sein. Vielleicht braucht der Karnevalsverein deshalb wirklich einen neuen Sitzungspräsidenten, denn dem Olympia-Tross gehört auch Eric Achtermann an.

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