Mit der SPD Wittlich durch die Zeit Früher lockte Willy, heute führt ein Duo

Wittlich · Mit einer Partei durch die Zeit: Der SPD-Ortsverein Wittlich feiert 100-jähriges Bestehen. Ein Politiker sprach einst vor tausenden Menschen auf dem Marktplatz.

 Mit den Sozialdemokraten durch die Zeit: Noch im Jahr 1969 trat der damalige Vizekanzler Willy Brandt auf seiner Wahlkampftour in Wittlich auf (Zweiter von links).

Mit den Sozialdemokraten durch die Zeit: Noch im Jahr 1969 trat der damalige Vizekanzler Willy Brandt auf seiner Wahlkampftour in Wittlich auf (Zweiter von links).

Foto: privat

Das Jahr 1919. Ein in allen Belangen historisches Jahr. Die Wahl zur Nationalversammlung und die Einführung des Frauenwahlrechtes prägen das Leben in Deutschland bis heute. Doch auch in der Region geschah einiges. So wurde am Sonntag, 6. Juli 1919 der Ortsverein der SPD Wittlich gegründet. Die erste Mitgliederversammlung fand damals in Elsens Garten statt und stand unter dem Vorsitz von Carl Nels, der zu dieser Zeit eine Buchdruckerei in der Trierer Straße betrieb. Er war der Herausgeber der „Wittlicher Zeitung“.

Doch den Beginn der sozialdemokratischen Arbeit in der Säubrennerstadt besiegelt dieses Datum mitnichten. Denn schon vorher waren einige Wittlicher Bürger Mitglied in der SPD, allerdings fehlte ein eigener Ortsverein.

Neben Nels waren der Postbeamte Carl Frenger, der Bäckermeister Johann Bohlen, der Kriegsbeschädigte Hermann Weber und Josef Elsen, der Eisenbahnschaffner sowie Matthias Drautzburg die Spitzenkandidaten für die Wahl zum Kreistag im November 1919. Doch damals war nicht jeder gut auf die Sozialdemokraten zu sprechen. Die Parteimitglieder, die sich auch ehrenamtlich engagierten, wurden teilweise verfolgt und angefeindet.

Das hatte den Grund, dass das Wittlich dieser Jahre eher konservativ und katholisch geprägt war, dem Stand die Mitgliedschaft in der SPD entgegen. Auch mehrere Juden waren in der SPD aktiv, darunter Bernhard Illfelder, Erwin Hess und Ernst Kahn. Diese drei Männer überlebten die Judenverfolgung und besuchten die Säubrennerstadt 1991 erneut und hielten die Traditionsfahne in den Händen. Diese Fahne überstand die Nazizeit durch ein Versteck in einem Türfutter in der Walstraße Hausnummer 8.

Springen wir doch schnell 50 Jahre nach vorne. Das Jahr 1969, das für viele SPD’ler als „Willy-Brandt-Jahr“ bekannt ist, wurde zum Boom-Jahr für die Wittlicher SPD. Die Mitgliederzahl vervierfachte sich. In diesem Jahr schloss sich die SPD Stadt mit den neuen Stadtteilen zusammen und gründete den SPD Stadtverband. Willy Brandt selbst gastierte ebenfalls in der Säubrennerstadt.

 Bernhard Lehnen, Ortsvereinsvorsitzender und Erika Werner, Fraktionsvorsitzende im Stadtrat

Bernhard Lehnen, Ortsvereinsvorsitzender und Erika Werner, Fraktionsvorsitzende im Stadtrat

Foto: TV/SPD Wittlich

Der damalige Kanzlerkandidat und Außenminister sprach auf dem Wittlicher Marktplatz vor 3000 Menschen. Neben ihm standen auf der Treppe der ehemaligen Posthalterei, heute Brasserie, die Wittlicher Willy Girkens und Heinfried Thul sowie der spätere Staatssekretär Karl Haehser aus Trier. Vor heute genau 50 Jahren reisten Günter Grass und Friedel Drautzburg viele Monate gemeinsam im VW-Bus durch die Bundesrepublik Deutschland. Ihre Mission war der Wahlkampf für Willy Brandt. Es sollte nicht der letzte Besuch Brandts in Wittlich sein, denn er kehrte im Jahr 1986 zurück.

Noch einmal 50 Jahre später sind wir schon in diesem Jahr angekommen. 2019 feiert die SPD damit ihren 100. Geburtstag. Auf Ebene des Ortsvereines ist die Partei unverändert aktiv. Die Partei erklärt, dass sie ist „geprägt vom Ehrenamt im Vorstand, im Kreistag, Stadtrat, den vielen Ausschüssen, Ortsbeiräten sowie Gremien der Stadt wie Stiftungsrat Zweckverbände“ ist. An der Spitze der SPD Wittlich stehen der Ortsvereinsvorsitzende Bernhard Lehnen und die Fraktionsvorsitzende im Stadtrat, Erika Werner. Den geschichtlichen Hintergrund zur Partei stellte der Ortsverein bei seinem Neujahrsempfang vor.

Dabei blickt Dieter Burgard, langjähriges SPD-Mitglied und ehemaliger Ortsvereinsvorsitzender, Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, Landtagsabgeordneter, Bürgerbeauftragter und jetzt Antisemitismusbeauftragter des Landes Rheinland-Pfalz zurück. In seiner Ansprache verwendete er den Satz: „Wir wollen mehr Demokratie wagen“. Von wem dieser Ausspruch stammt? Nun, der Kreis schließt sich, denn er stammt von Willy Brandt aus dem Jahr 1969.

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