Spektakuläre Funde zur Burg Ottenstein

Beim Bau der Schlossgalerie vor zwei Jahren haben die Bagger Überreste der spätmittelalterlichen Burg Ottenstein zu Tage befördert - dar unter bis dato unbekannte Festungsteile. Die Bedeutung dieser Funde hat Archäologe Joachim Hupe den Wittlichern bei einem Vortrag im Casino vor Augen geführt.

 Entdeckung 2009 an der Schlosstraße: ein Wasserbecken aus dem Mittelalter. TV-Foto: Archiv/Sonja Sünnen

Entdeckung 2009 an der Schlosstraße: ein Wasserbecken aus dem Mittelalter. TV-Foto: Archiv/Sonja Sünnen

Wittlich. Ein Stück Geschichte nur wenige Meter unter Wittlichs Innenstadt: Das ist die spätmittelalterliche Burg Ottenstein, erbaut im 15. Jahrhundert vom Trierer Erzbischof Otto von Ziegenhain. Für die Bevölkerung unsichtbar und weitgehend in Vergessenheit geraten, schlummerten die Überreste dieses historischen Bauwerks lange Zeit im Boden des Areals, wo heute die Schlossgalerie steht - bis sie 2008 beim Bau des Einkaufszentrum wieder ans Tageslicht kamen.

Entdeckungen zu Grundriss und Verteidigungstechnik

 Archäologe Joachim Hupe vom Landesmuseum präsentiert neue Funde zur Burg Ottenstein. TV-Foto: Christa Weber

Archäologe Joachim Hupe vom Landesmuseum präsentiert neue Funde zur Burg Ottenstein. TV-Foto: Christa Weber



Damals waren bei Grabungen im Frühjahr 2008 und Anfang 2009 im Baufeld Teile der Festungsmauern und bisher unbekannte Details des Grundrisses entdeckt worden. Die Ergebnisse der Grabungen hat Archäologe Joachim Hupe vom Rheinischen Landesmuseum jetzt bei einem Vortrag im Wittlicher Casino präsentiert. Die Funde, so Hupe, hätten "verblüffende Erkenntnisse zur baulichen Ausstattung und Verteidigungstechnik" ermöglicht.

Zu den spektakulärsten Entdeckungen zählen eine fünfeckige Bastion, eine Art Vorsprung im Mauerwerk, und ein brunnenartiger Hohlraum. Beide sind im einzig überlieferten Grundriss der Burg von 1756 nicht verzeichnet. Den Hohlraum, der bisher als Zisterne galt, deutet Hupe heute als eine für die damalige Zeit "sehr ausgeklügelte Form" einer Wasserrückhaltekammer und damit als "außergewöhnliches Zeugnis spätmittelalterlicher Ingenieurskunst". Der Fund der Bastion, so Hupe, könne "die Diskussion in der Festungsforschung neu beleben". Denn ihre fünfeckige Form ist in Deutschland erst ab dem 16. Jahrhundert etabliert, die Burg wurde bereits 1424 gebaut.

Erhalten sind Bastion und Wasserkammer allerdings nur noch in den Aufzeichnungen der Archäologen. Beides wurde noch auf dem Baufeld zerschreddert (siehe unten stehenden Artikel "Drei Fragen an...". Die Mauerreste waren 2009 bei Ausschachtungsarbeiten für Kellerräume des Einkaufszentrums entdeckt worden, die der Bauinvestor kurzfristig ohne Genehmigung vorgenommen hatte. Die Baupläne, die dem Landesmuseum als zuständiger Denkmalfachbehörde 2008 vorlagen, sahen keinen Keller vor. Mit ein Grund, warum kein Erhalt der Funde gefordert wurde. Die Umstände der Grabungen sieht Archäologe Hupe heute kritisch: "Von einem Bauträger erwartet man eine transparente Planung, die auch bindend ist", sagt er. Bei "frühzeitiger, sorgfältiger Planung" hätten die Zeugnisse "vermutlich vor Ort erhalten werden können".

Eine Meinung, die der Wittlicher Architekt Philippe Bourassin, einer der Besucher des Vortrags, teilt: "Ich bin einfach nur entsetzt, dass solche herausragende archäologische Befunde zerstört wurden." Jetzt gelte es, die übriggebliebenen Grundmauern der Burg zu bewahren. Elisabeth von den Hoff, Vorsitzende des Fördervereins Wittlicher Kulturgüter, mahnte: "Wieder wurde etwas Einmaliges in Wittlich zerstört. Das darf nicht noch einmal passieren."

Die neuen Erkenntnisse zur Burg Ottenstein sollen nächstes Jahr veröffentlicht werden.

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