Sprungbrett für ein Leben in der neuen Heimat

Irmenach · Ihr Ziel ist es, sich eine neue Existenz in Deutschland aufzubauen. Die jungen Afghanen in der Irmenacher Wohngruppe Zugvögel müssen teilweise schwere Kriegsereignisse verarbeiten.

Irmenach. Ein ganz normales Leben führen - das ist der Wunsch von zehn jungen Menschen aus Afghanistan, die zur Gruppe Zugvögel gehören. Bei ihnen handelt es sich um Asylbewerber, die hier eine neue Heimat suchen. Darunter ist der 18 Jahre alte Faiz Hassansade, der vor anderthalb Jahren nach Deutschland kam. Nachdem sein Vater in Afghanistan im Krieg gestorben war, entschloss sich seine Mutter mit ihren beiden Söhnen zur Flucht. Doch beim Grenzübertritt wird die Familie beschossen. Faiz gelingt es, alleine zu entkommen. Was aus seiner Mutter und seinem Bruder geworden ist und ob sie noch leben, weiß er bis heute nicht. Auf welchen Wegen er nach Deutschland gereist ist, kann Faiz nicht mehr nachvollziehen. Jetzt ist er als Asylant anerkannt und besucht die Realschule plus in Büchenbeuren.
Im Rahmen seines Schulbesuchs arbeitet er einen Tag pro Woche in einer Kfz-Werkstatt. Sein Ziel: ein Schulabschluss und in Deutschland bleiben. "Ich wünsche mir ein Leben in Freiheit und ohne Drohungen", wie er es in seinem Heimatland erlebt hatte. In Irmenach hat er sich gut eingelebt und erste Freundschaften geschlossen. Aufgrund ihrer individuellen Vorgeschichten werden die jungen Männer traumapädagogisch betreut, sagt Wolf-Rüdiger Pfalz, Leiter des evangelischen Jugendhofs in Traben-Trarbach.
"Die Besonderheit der Wohngruppe Zugvögel ist, dass die Mitglieder bei uns ab dem ersten Tag in die Schule gehen", sagt Pfalz. In der integrativen Realschule in Sohren-Büchenbeuren können die Afghanen im Rahmen des Programms KoA (Keiner ohne Abschluss) einen Hauptschul- oder Realschulabschluss ablegen oder sich für einen Beruf qualifizieren. Zu dem Schulgang gehört ein Tag Praktikum pro Woche in einem Betrieb. "Die jungen Männer sind engagiert und lernwillig", sagt Pfalz. So kommen die Asylanten sofort unter andere junge Menschen und können dort Kontakte knüpfen. "Vier spielen in einem Verein Fußball." Dass in Irmenach nur Afghanen untergebracht sind, ist laut Pfalz Zufall. Bei der Zuweisung spielen andere Faktoren wie gleiche Konfessionen eine größere Rolle als Staatszugehörigkeiten.
Pfalz freut sich, dass die evangelische Kirche das ehemalige Pfarrhaus in Irmenach für die Wohngruppe Zugvögel zur Verfügung gestellt hat: "So können wir in Deutschland auch mehr über Menschen anderer Konfessionen erfahren." cst

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