Stadt könnte profitieren, Kreis ist skeptisch

BERNKASTEL-WITTLICH. (sos) Vielfältig sind die Reaktionen auf die von der Bundesregierung geplante Reform der Gemeindefinanzen (Der TV berichtete). Der TV hat bei der Stadt Wittlich und dem Kreis nach ersten Einschätzungen gefragt.

Die Skepsis bleibt. Landrätin Beate Läsch-Weber und der Kämmerer der Stadt Wittlich, Jürgen Brachtendorf, reagieren vorsichtig auf die noch umstrittenen finanztechnischen Vorhaben, die einerseits - je nach politischer Position - als "Forstschritt" andererseits als "Täuschungsmanöver" beurteilt werden. Auch für Stadt und Kreis scheint das erste Fazit: Was die Reform tatsächlich unterm Strich bringen könnte, bleibt abzuwarten.Generell, so Jürgen Brachtendorf, seien Soforthilfen für die Kommunen wichtig, damit diese finanziell wieder handlungsfähig würden, und in Folge von neuen Investitionen Arbeitsplätze im lokalen Mittelstand sichern könnten: "Vor diesem Hintergrund ist die Reform zu begrüßen."Der Stadtkämmerer weiter: "Von den Gewerbesteuereinnahmen bleiben bereits jetzt nur noch 20 Prozent bei der Stadt Wittlich, der Löwenanteil wird durch Umlagen und Abgaben abgeschöpft. Außerdem ist das Aufkommen nur schwer kalkulierbar. Die Handlungsfähigkeit der Kommunen kann daher nicht nur über die Gewerbesteuer gesichert werden." Einerseits erwartet die Stadt eventuell Mehreinnahmen durch die vorgeschlagene Ausweitung der Gewerbesteuer auf die Freiberufler.Jürgen Brachtendorf schränkt allerdings ein, dass ein Teil davon durch Einbußen bei der Einkommensteuer wieder verringert werde.Ein Aspekt der Pläne weckt bei der Stadt jedoch Hoffnungen: "Mit der Verlagerung der arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger in die Kompetenz der Arbeitsverwaltung würde der Schritt in die richtige Richtung vollzogen. Neben Einsparungen im administrativen Bereich, etwa beim Personal, würde der städtische Haushalt allein bei den ungedeckten Sozialhilfeaufwendungen um circa 200 000 Euro entlastet."Für den Landkreis Bernkastel-Wittlich relativiert Landrätin Beate Läsch-Weber die möglichen finanziellen Vorteile: "Soweit sich in 2004 bei den Gemeinden Steuermehreinnahmen einstellen, partizipiert der Landkreis über die Kreisumlage in Höhe des Kreisumlagesatzes ab 2005 beziehungsweise 2006 von diesen Mehreinnahmen.Höhere Steuerkraft mindert Schlüsselzuweisungen

Nach den Regelungen des Finanzausgleichsgesetzes von Rheinland-Pfalz führen höhere Steuereinnahmen im Kreisgebiet jedoch zu einem Anstieg der dem Landkreis zuzurechnenden Steuerkraft."Das hat nicht nur Vorteile. Läsch-Weber weiter: "Ein Anstieg der Steuerkraft führt wiederum zu einer Verringerung der Schlüsselzuweisungen B2 an den Landkreis in etwa gleichem Umfang, so dass insgesamt gesehen für den Landkreis aus einer Gewerbesteuerreform keine nennenswerten Einnahmeverbesserungen zu erwarten sind."Was wäre, wenn wirklich mehr Geld flösse, auf diese These antwortet Jürgen Brachtendorf: "Wenn alles so käme, könnten zusätzlich neben dem konkreten Projekt Neubau einer Stadthalle und der Entwicklung des Bereichs Oberstadt als weitere dringende Vorhaben die Sanierung der Altstadt (Himmeroder Straße/Neustraße) und auch des Hallenbades - unter der Voraussetzung, dass entsprechende Landesmittel fließen, - konkretere Formen annehmen."Große Sprünge wird der Landkreis aller Voraussicht nicht machen können. Beate Läsch-Weber: "Nach der derzeitigen mittelfristigen Finanzplanung reichen die laufenden Einnahmen des Landkreises in 2004 und 2005 nicht aus, um die laufenden Ausgaben zu decken. Zusätzliche Einnahmen beziehungsweise Entlastungen sind deshalb vorrangig zur Abdeckung der laufenden Ausgaben einzusetzen."Sollte sich darüber hinaus die finanzielle Situation des Landkreises bessern, hat auch Beate Läsch-Weber eine Wunschliste: "Dann wird der Landkreis seine Investitionstätigkeit in den Bereichen Kindertagesstätten, Schulen und wirtschaftsnahe Infrastruktur, insbesondere Kreisstraßen und Radwege, weiter ausbauen."

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