Stadtchef und Planer sprechen mit den Bürgern

Wittlich · Alles kommt wie geplant: Sechs Wochen wird ab Oktober die Kurfürstenstraße zwischen Einkaufszentrum und Fürstenhof zum Teil gesperrt. Warum das gemacht wird, können die Wittlicher nach der Einwohnerversammlung besser verstehen. Ob sie das gutheißen, steht auf einem andern Blatt. Kritik und auch Vorschläge zum Verkehrstest haben keinen Einfluss auf die Testphase selbst.

 Viele Menschen wollen viel erklärt bekommen: Bürgermeister Joachim Rodenkirch wirbt um Verständnis für den Verkehrstest. TV-Foto: Klaus Kimmling

Viele Menschen wollen viel erklärt bekommen: Bürgermeister Joachim Rodenkirch wirbt um Verständnis für den Verkehrstest. TV-Foto: Klaus Kimmling

Wittlich. Viermal so viele Köpfe, wie der Stadtrat hat, blicken auf Bürgermeister Joachim Rodenkirch. Er sagt: "Ich freue mich über die Diskussion." Fröhlich ist die Stimmung nicht. Nur einmal ruft das Publikum "Hohoho", als Rodenkirch sagt: "Und der Rathausbau hat auch Nullkommanull mit der geplanten Verkehrsführung zu tun." - Die Neubauadresse liegt am Verkehrstteststück. Als das Vorwort endet, klatscht niemand.
Dann wird informiert: Alle schauen dank Computertechnik aus der Vogelperspektive auf den Bereich zwischen Busbahnhof (Zob), Schlossgalerie, Fürstenhof nebst Kurfürstenstraße, die zum Teil gesperrt werden soll. Gezeigt werden: Der geplante, aber nie gebaute Großkreisel um den Zob. Dann gibt es Zahlen zum Verkehrsaufkommen und Zahlen zu den Parkplätzen. Dann sieht man Skizzen, wo man theoretisch neue Straßen und Kreisel bauen könnte. Und Thema ist, dass neben den Autos auch Fahrradfahrer, Fußgänger, Busse ihren Weg suchen müssen. Das alles gehöre bedacht, wenn in diesem Bereich eine städtebauliche Lösung gesucht werde. Die Frage sei: "Muss man diesen exponierten Teil allein dem Thema Verkehr widmen?" So sagt ein Planer und klickt die Bilder und Zahlen auf der Leinwand weg. Es bleibt ein weißes Feld. In der Mitte steht "Vision". Was das heißen soll, erklärt Lothar Schaefer von den Stadtwerken. Erstens: Die Stadt will den Durchgangsverkehr aus der Kurfürstenstraße verbannen und wüsste auch wie: Über die Straßen am Stadtrand, wie B 49 und L 141. Dann käme zweitens: Die Kurfürstenstraße wird verkehrsberuhigt und zwar nach einem Konzept, bei dem Autos, Fußgänger, Radfahrer gleichberechtigt sind. "Shared Spaces" heißt das. Wie das im Großen geht, zeigt eine Karte mit Wittlichs Straßennetz. Sie hat eine Lücke zwischen Einkaufzentrum und Fürstenhof. Was in ihr steckt, zeigt eine Grafik: Auf einer gemeinsamen Fläche flanieren Menschen und fahren ein paar Autos.
Das Problem: Nicht alle glauben, dass das gutgeht und das sagen die Skeptiker auch nach den umfangreichen Hintergrundinformationen.
"Wenn Sie im Test den Verkehr über den Parkplatz drücken, wird es enorme Probleme mit den Fußgängern geben", sagt DRK-Geschäftsführer Heinz-Werner Steffen zu den Plänen, den Durchgangsverkehr über den Parkplatz vorm Fürstenhof zu schicken. "Haben Sie überlegt, welche Auswirkungen das für die Innenstadt hat? Da kommt ja bald kein Mensch mehr hin", sagt Architekt Hans Krebs. "Wer zum Krankenhaus will, wird der nicht durch Lüxem fahren, wo der Wirtschaftsweg schon jetzt überlastet ist?", meint ein in der Klinik Beschäftigter. "Was ist das Shared-Gedöhns? Autofahrer sind nicht rücksichtsvoll. Kinder warten minutenlang, um über die Straße zur Schule zu kommen. Und im Wohngebiet ist jedes Auto mehr schon zu viel", sagt Nicole Baller, Mutter. "Wenn Ziel ist, den Verkehr großräumig umzuleiten, warum lassen Sie dann im Test den Verkehr sich frei regulieren?", fragt Anwohner Albrecht Gebauer. "Warum schiebt man den Test nicht, bis die Ortsumgehung Wengerohr fertig ist?", fragt Karsten Mathar, Stadtmarketing. Was gab\'s als Antwort?: Vieles sei reine Vermutung. Nur der Test liefere Fakten.Meinung

Ein Angebot kurz vor Toresschluss
Das ist kurios: Da beschwert sich eine Verwaltung, Bürger hätten zu früh von Plänen gehört und seien falsch informiert worden. Das habe zu "Irritationen" geführt. Diese aufzuklären haben die Macher des Verkehrsversuchs jetzt versucht: zwei Wochen vor Beginn des sechswöchigen Tests. Das ist zu spät, besonders wenn man betont, viel Wert auf eine gute Kommunikation mit den Bürgern zu legen. Gute Kommunikation heißt nicht, sie komplett steuern zu wollen. Vielleicht war es in den 60er Jahren eine erfolgreiche Kommunikationsstrategie, Herrschaftswissen auszubrüten, bis man die Zeit für reif hält, die Bürger damit zu konfrontieren. Das lässt man sich heute nicht mehr gefallen. Generell gilt: Verständnis kann nur erwarten, wer verstanden wird. Dazu muss man miteinander reden - und das auch wollen. Deshalb war der Abend wichtig und gut wie das Versprechen: Nach dem Test wird wieder informiert. s.suennen@volksfreund.de

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