Steinbruch bei Gemünden geplant

Fortschritt und wirtschaftliche Entwicklung auf der einen, Schutz von Natur und Umwelt auf der anderen Seite stehen immer wieder im Zwiespalt. In Gemünden im Soonwald wird mit einem gewaltigen Steinbruch-Projekt ein weiteres Kapitel in diesem unendlichen Widerstreit der Pole aufgeblättert.

Gemünden. Oberhalb von Gemünden im Rhein-Hunsrück-Kreis soll im Soonwald ein riesiger Steinbruch entstehen. Die Pachtverträge sind bereits geschlossen. Jetzt beginnt ein langwieriges Genehmigungsverfahren. 60 Hektar groß ist das auf 562 Metern Höhe gelegene Gebiet, in dem in den kommenden Jahrzehnten schneeweißer Quarzit abgebaut werden soll. Der größte Teil davon - 45 Hektar - sind im Eigentum der Gemeinde Gemünden. 15 Hektar gehören zu den Ländereien des Schlosses Gemünden und sind Besitz der Familie von Salis.

Betreiber des neuen Steinbruchs ist die Nahe Hunsrück Baustoffe GmbH (NHB) in Kirn. Diese zu gleichen Teilen der bundesweit agierenden Basalt AG und dem Straßenbau-Unternehmen Schnorpfeil aus Treis gehörende Gesellschaft besitzt auch den riesigen Steinbruch im benachbarten Henau.

Dort geht der Abbau allmählich dem Ende entgegen. Die Geologen kalkulieren, dass dort noch rund zehn Jahre lang der weiße Quarzit gefördert werden kann. Dieses Gestein ist ein begehrter Rohstoff für die Asphaltherstellung. Neben der hohen Griffigkeit hat dieses Material die Eigenschaft, dass es im Straßenbelag reflektiert, und daher bei Dunkelheit die Verkehrssicherheit erhöht. Zurzeit werden dort jährlich zwischen 250 000 und 300 000 Tonnen abgebaut.

Schon früher Quarzabbau in der "Sandkaul"



Als Alternative soll ein neuer Steinbruch im Soonwald oberhalb von Gemünden dienen. Von 1929 bis 1942 wurde an dieser Stelle, der "Sandkaul", bereits Quarzit abgebaut. Während des Krieges stoppte man die Produktion, alle Maschinen und betrieblichen Einrichtungen wurden nach Russland verfrachtet.

Die Spuren dieses ersten Abbaus sind heute noch zu sehen. Der Gemündener Unternehmer Kühnreich war der erste Besitzer der Sandkaul. Bereits 1932 veräußerte er die gesamte Anlage samt Pachtvertrag und Abbaurechten an Albert Pfeiffer aus Kirn. Dieses Pachtverhältnis besteht bis heute. Pfeiffer ging nach dem Krieg in die Basalt AG über.

Das Ende der Henauer Betriebsstätte im Auge, besann man sich auf die "Sandkaul". Geologen erkundeten das Gebiet inklusive der benachbarten Gemündener Höhe. Sie fanden große Vorkommen des begehrten weißen Gesteins. Pachtverhandlungen zwischen den Grundbesitzern und der NHB waren erfolgreich, ein bis 2038 gültiger Vertrag wurde im Sommer unterschrieben. Bei einer Enthaltung stimmte der Gemeinderat dem Pachtvertrag geschlossen zu.

Wenn der Abbau läuft, ist die Gemeinde auch am Ertrag beteiligt. Zum Vergleich: In Henau fließen 50 000 bis 60 000 Euro aus dem Steinbruch in die Gemeindekasse.

Während einer Bürgerversammlung wurde das Projekt der Bevölkerung präsentiert. Im Gegensatz zu Henau, wo der Quarzit in einer offenen, weithin sichtbaren Flanke abgebaut wird, soll der Steinbruch oberhalb Gemündens in die Tiefe getrieben werden. Der Steinbruch soll dadurch kaschiert und nicht wie in Henau als große Narbe in der Landschaft wahrzunehmen sein. Wie bei der Bürgerversammlung vorgestellt, könnte ein bis auf die Talsohle des Kellenbachs führendes, rund 260 Meter tiefes Loch entstehen. Zug um Zug soll der Abbau in Richtung Mengerschied vergrößert werden. Das Asphaltmischwerk und die Aufbereitung des Gesteins sollen darin "verschwinden". NHB-Geschäftsführer Elmar Schnorpfeil rechnet mit einer Abbauzeit von 50 Jahren.

Auf fünf bis zehn Jahre kalkuliert er die Dauer des umfangreichen Genehmigungsverfahrens. In der ersten Zeit der Ausbeutung der "Gemündener Höhe" soll das Material per LKW oder über ein Förderband zur Weiterverarbeitung nach Henau gebracht werden. Schnorpfeil rechnet mit einer Investition von zehn bis 15 Millionen Euro. Bis zu 15 Arbeitsplätze werden von Henau nach Gemünden verlagert.

Angesichts leerer Kassen im Gemeindehaushalt, kontinuierlich zurückgehender Einnahmen auf der einen Seite und dem großen Sanierungsbedarf in seinem "Flecken", begrüßt Gemündens Bürgermeister Dieter Kaiser das Projekt. Unverhohlen sei der Steinbruch ein Eingriff in Landschaft und Natur. Doch gibt Kaiser zu bedenken, dass mit den gleichen Steinen, aus denen früher die Gemündener Häuser gebaut wurden, zukünftig dank der zu erwartenden Einnahmen ihre historische Substanz erhalten werden kann.

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