Stimmung zwischen Wehmut und Zuversicht

Neumagen-Dhron/Schweich · In wenigen Tagen wird die Verbandsgemeinde Neumagen-Dhron mit ihren zuletzt vier Dörfern Geschichte sein. Wie mehrfach berichtet wechseln die Gemeinden Neumagen-Dhron, Piesport und Minheim zur Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues und Trittenheim auf mehrheitlichen Wunsch der Bürger nach Schweich. Unmittelbar vor dem Stichtag 1. Januar 2012 hat sich der Trierische Volksfreund vor Ort umgehört, wie die Stimmung in den Gemeinden derzeit ist.

Neumagen-Dhron/Schweich. Sehen die Menschen dem Wechsel der Verbandsgemeinde eher gelassen oder skeptisch entgegen? Mit welchen Erwartungen gehen sie ins Jahr 2012, das den Kommunen einschneidende Veränderungen bringen wird?
Die spontane Umfrage bei je fünf Bürgern der vier Orte spiegelt die unterschiedlichen Sichtweisen wider. Die Bürger sehen den Änderungen teils verhalten, teils erwartungsvoll - aber durchweg gelassen - entgegen.
Kommunal-Reform

In der Noch-Verbandsgemeinde Neumagen-Dhron lebten am 29. Dezember 2011 exakt 5800 Bürger: 2258 im 1969 gebildeten Doppelort Neumagen-Dhron, 1977 in Piesport, 1073 in Trittenheim und 492 in Minheim.
Bis zur Verwaltungsgebietsreform 1970/71 gehörten zu dem 1815 gegründeten Amt Neumagen auch die Hunsrückorte Horath (434 Einwohner am 30. Juni 2011) und Gräfendhron (129). Sie wurden damals nach rund 150-jähriger Zugehörigkeit per Landesgesetz der Verbandsgemeinde Thalfang angegliedert.

Umfrage

Kerstin Ludwig-Hasenstab (42), Trittenheim (Tourist-Info): "Ich seh dem Wechsel nach Schweich schon mit gemischten Gefühlen entgegen - und auch traurig. Ich freue mich zwar auf die neuen Kollegen, aber es ist doch auch ein komisches Gefühl. Ein bisschen Wehmut gehört wohl dazu beim Abschied von alten Gewohnheiten."

Myriam Steins (38), Trittenheim: "Für mich ist das nichts Neues. Ich bin erst vor einem Jahr von Trier hierher gezogen. Was Abfallgebühren und Abfallbeseitigung betrifft, haben die dort ein wirklich gut funktionierendes System. Aber natürlich ist es bequem gewesen, nach Neumagen zum Amt zu gehen. Nach Schweich ist es schon ein bisschen weiter, und das Familiäre wird dort auch fehlen."

Frank Naumann (42), Trittenheim: "Ich sehe den Änderungen mit gemischten Gefühlen entgegen. Aber einerseits ist es schon besser. Abfall und Sperrmüll sind in der Verbandsgemeinde Schweich besser geregelt und die Gebühren dafür sind günstiger."
Melanie Schmitt (35) mit Tochter Lina (2), Trittenheim: "Es ist grundsätzlich positiv, dass es ein paar gute Veränderungen für uns gibt. Mein Herz hängt allerdings ein bisschen mehr am Landkreis Bernkastel-Wittlich. Ich bin Hunsrückerin und im Kueser Krankenhaus geboren. Daher werde ich mein Auto auch sicher nicht allzu bald ummelden."

Hilde Clüsserath (60), Trittenheim: "Ich seh das positiv. Mein Mann und ich sind sowieso eher nach Trier orientiert. Dort sind wir auch zur Schule gegangen, so dass man schon deshalb Bindungen hat. Nach Bernkastel-Kues fahren wir hingegen nicht jedes Jahr einmal hin".
Sandra Görgen (36), Neumagen-Dhron: "Ich finde das gut und sehe dem positiv entgegen. Ich hatte auch von Anfang an für Bernkastel-Kues gestimmt. Es kann doch nur besser werden. Warum sollte es da schlechter sein."

Josef Pesch (45), Neumagen-Dhron: "Es ist zwar irgendwie schon in Ordnung - aber, wenn wir alle zusammen geblieben wären, wäre das auch nicht schlecht gewesen. In Bernkastel-Kues fühle ich mich wie das letzte Rad am Wagen. Da werden wir finanziell wohl das Wenigste zu erwarten haben und Projekte werden eher hintan gestellt."

Hans Kraemer (57), Neumagen-Dhron: "Mir persönlich ist das schnuppe. Ich halte das nicht für problematisch, weil man doch eher selten zum Amt gehen muss. Wie lange hält beispielsweise so ein Pass."

Michael Tittelbach (28), Neumagen-Dhron: "Ich habe da absolut nichts dran auszusetzen. Denn wesentlich ändern wird sich ja nichts. Den Kreis Bernkastel-Wittlich bin ich ja gewöhnt, ich bin ja hier aufgewachsen. Und am Stressfaktor für die Leute, die arbeiten gehen, wird sich dadurch eh nichts ändern".

Horst Esseln (49), Neumagen-Dhron: "Ich finde es nicht gut. Das hier ist näher und einfacher. Auch wenn man ja nur ab und zu mal seinen Pass erneuern oder ein Auto an- und abmelden muss. Aber man ist natürlich auch heimatverbunden".

Maria Mertes (60), Minheim: "Für mich ist es nicht so gut. Wegen einer Gehbeeinträchtigung darf ich derzeit nicht Auto fahren und bin auf eine Fahrgelegenheit angewiesen. Daher war das Neumagener Amt für mich besser, weil es näher war".

Edith Becker (43), Minheim: "Ich sehe das positiv und hab damit wirklich gar kein Problem. Die Verwaltungsarbeit wird ja in Bernkastel-Kues ebenso wie in Neumagen-Dhron erledigt werden. Und da wir eh viel fahren, sehe ich es nicht als Problem, dass wir jetzt 15 Kilometer fahren müssen. Für Ältere oder Leute, die nicht fahren können, ist es sicher ein Problem. Aber vielleicht gibt es ja irgendwann mal mobile Ansprechpartner, die ähnlich wie rollende Geschäfte vor Ort fahren".

Suzan Boringa (37), Minheim: "Für unser Hotel am Ort macht das nicht so viel aus. Unsere Gäste buchen übers Internet. Als wir noch in Wehlen gewohnt haben, hatte ich den Eindruck, dass erst die Zimmer in Bernkastel-Kues belegt werden und erst danach die in den Dörfern der Verbandsgemeinde".

Ulli Föhr (42), Minheim: "Die Stimmung im Dorf ist ganz gut. Es gab nur das Problem, dass wir zu Wittlich wollten. Aber die jetzige Lösung mit Bernkastel-Kues ist doch gut. Als Winzerdorf in einer Weinbauregion sollte man schon an der Mosel bleiben. Für die Winzer ist das eine perfekte Sache".

Rosa Bollig (84), Minheim: "Vielleicht ist es ja besser, an der Mosel zu bleiben. Ich hoffe, dass wir gut aufgenommen werden und dass die Bernkasteler was Gutes draus machen."

Ewa Stadtfeld (60), Piesport: "Den Wechsel nach Bernkastel-Kues finde ich gut. Ich gehe super optimistisch ins neue Jahr. Man muss künftig zwar weiter zum Amt fahren. Aber ein Auto muss man hier ja ohnehin haben - ohne ist es schwierig."

Frank Haas (39), Piesport: "Ich bin vor einem halben Jahr hier in Piesport zugezogen. Daher habe ich da gar kein Problem mit, dass Neumagen-Dhron mit der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues zusammengeht."

Regina Lauterbach (42), Piesport: "Das wird schon eine Umstellung sein. In Bernkastel-Kues ist das eine größere Verwaltungsorganisation als in Neumagen-Dhron. Daher wird es sicher auch anonymer sein in der größeren Einheit dort."

Elisabeth Dienhart (82), Piesport: "Eigentlich ist das ja schon gut. Benkastel-Kues ist ja wie Piesport eine Weinbaugemeinde. Und wenn so viele das wollen - die Mehrheit der Piesporter war ja dafür gewesen."

Herta Veit (54), Piesport: "Ich wäre zwar lieber sonst wohin gegangen - aber man muss sich ja der Mehrheit anschließen. Dennoch denke ich schon, dass sich das auf jeden Fall positiv entwickeln wird." urs/TV-Fotos(20): Ursula Schmieder
Extra

Was die Trittenheimer in ihrem neuen Landkreis Trier-Saarburg erwartet, erklären wir auf einer Themenseite in der TV-Ausgabe am Montag, 2. Dezember. Die Trier-Saarburger wiederum erfahren dort auch mehr über Trittenheim. cus

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