Stolpersteine bringen Diskussion ins Rollen

Wittlich · Der zunächst privaten Initiative, in Wittlich "Stolpersteine" mit Namen der Opfer des Naziterrors zu verlegen, wollen die Grünen im Stadtrat per Antrag Nachdruck verleihen. Der Arbeitskreis "Jüdische Gemeinde Wittlich" sieht das Vorhaben kritisch.

 Stolpersteine wie diese, die namentlich und mit Geburts- und Todesdatum an Menschen erinnern, die dem Naziregime zum Opfer fielen, könnten theoretisch auch in Wittlich verlegt werden. Foto: dpa

Stolpersteine wie diese, die namentlich und mit Geburts- und Todesdatum an Menschen erinnern, die dem Naziregime zum Opfer fielen, könnten theoretisch auch in Wittlich verlegt werden. Foto: dpa

(sos) Sind Stolpersteine eine notwendige Ergänzung der Gedenkarbeit der Stadt Wittlich? Diese Frage stellt für den Arbeitskreis "Jüdische Gemeinde Wittlich" Franz-Josef Schmit in einer vierseitigen Stellungnahme. Sie bezieht sich auf das Ansinnen, Steine mit Namen von Opfern der Nazidiktatur zu verlegen (der TV berichtete).

Dazu erinnert der Arbeitskreis, dass es in Wittlich als Ort des Gedenkens die Synagoge gebe, dort einen Gedenkstein mit 86 Namen jüdischer Opfer nebst einem Gedenkbuch, eine DVD des Emil-Frank-Instituts mit der Liste aller im Landkreis deportierten Menschen jüdischer Herkunft, eine Dauerausstellung "Jüdisches Leben in Wittlich" nebst Ausstellungskatalog plus regelmäßige Führungen. Das alles sei "auf konkrete Menschen ausgerichtete Erinnerungsarbeit".

Auch habe der Arbeitskreis Stolperstein-Aktionen in vielen Orten wahrgenommen, dennoch "zu keinem Zeitpunkt diese Möglichkeit des Gedenkens für die Stadt Wittlich in Betracht gezogen", denn sie erscheine für Wittlich "noch immer wenig hilfreich zu sein, so lange hier vor allem der jüdischen Opfer gedacht wird". Hingegen sei eine "Erforschung der Schicksale nicht-jüdischer NS-Opfer sehr wünschenswert".

Unklar sei dem Arbeitskreis, wie man auf zehn bis 15 Steine im Innenstadtbereich käme. Weiter sei dadurch "eine Form ehrenden Gedenkens nicht in jedem Fall" gegeben. Dazu heißt es: "Viele Opferangehörige können sich kaum mit der Vorstellung anfreunden, dass die Gedenksteine mit Füßen betreten und dabei noch anderswie beschmutzt werden."

Auch störe "das Inflationäre", zumal aufgrund der "weiten Verbreitung und des scheinbaren Erfolges der Stolpersteine" Einwände gegen dieselben schwer vermittelbar seien, Weiterhin bleibe unbeantwortet: "Sollen Stolpersteine für Wittlicher Juden etwa auf dem Marktplatz verlegt werden? Muss man sie dann bei der Kirmes abdecken?"

Man wisse seitens des Arbeitskreises aufgrund der Kontakte zu ehemaligen Wittlicher Juden, dass "es hier Vorbehalte - auch direkte Ablehnung - gibt, was für uns ein weiterer Grund war, ein solches Gedenkprojekt für Wittlich nie ernsthaft ins Auge zu fassen."

Abschließend stellt Franz-Josef Schmit fest, dass des 100. Geburtstages der Synagoge mit zahlreichen Veranstaltungen gedacht werde, denn das Jubiläum sei "ein weiterer Mosaikstein in der Gedenkarbeit" der Stadt Wittlich und: "Diese Arbeit wird durch eilig verlegte Stolpersteine kaum gefördert - wenn Fehler gemacht werden, sogar eher beschädigt." Weiter müssten möglichst viele Wittlicher beteiligt werden, jedoch: "Ein solcher Meinungsbildungsprozess braucht mehr Zeit, als das vorliegende Konzept einräumt."

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