Streik im Morgengrauen: Mitarbeiter blockieren Tore der Firma Franklin Electric

Wittlich · Die Wittlicher Firma Franklin Electric hat rund 100 Mitarbeitern gekündigt. Nachdem Verhandlungen mit der IG Metall abgebrochen wurden, wird der Betrieb bestreikt. Am frühen Donnerstagmorgen versammelte sich die Belegschaft vor den Toren der Firma.

 Streik bei Franklin Electric in wittlich. TV-Foto: Klaus Kimmling

Streik bei Franklin Electric in wittlich. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: Hans-Peter Linz/Klaus Kimmling
 Streik bei Franklin Electric in wittlich. TV-Foto: Klaus Kimmling

Streik bei Franklin Electric in wittlich. TV-Foto: Klaus Kimmling

Foto: Hans-Peter Linz/Klaus Kimmling

Donnerstagmorgen, 6 Uhr im Industriegebiet in Wittlich. Es ist noch dunkel, leichter Nieselregen setzt ein. Die Rudolf-Diesel-Straße ist gesperrt. Vor den Toren der Firma Franklin Electric, die zu einem amerikanischen Konzern gehört, der Elektromotoren baut, versammeln sich die Mitarbeiter. Eine halbe Stunde zuvor haben sie die Produktion niedergelegt. Die Belegschaft, die der Industriegewerkschaft Metall angehört, befindet sich im Streik. Der Konzern will die Produktion nach Tschechien verlagern und hat 100 Kündigungen ausgesprochen, die im nächsten Jahr wirksam werden.

Das will die Belegschaft nicht hinnehmen. Sie demonstriert vor den Toren ihrer Firma. Mit roten Streikschürzen bekleidet rufen sie: "Einen Tarifvertrag wollen wir! Darum sind wir heute hier!". Das Firmengelände selbst gleicht einer Festung. Über Nacht wurden Zäune aufgestellt. Grimmig blickende Security-Mitarbeiter beobachten das Geschehen auf der Straße, während einige wenige Mitarbeiter, die nicht mitstreiken, ins Gebäude huschen. Die Streikenden rufen: "Verräter werden nicht gerne gesehen - macht Euch nicht die Hände schmutzig!". Uwe Zabel von der IG Metall leitet den Ausstand: "Seit 5.30 Uhr steht die Produktion still. Wir sind mit der Beteiligung sehr zufrieden, 96 Prozent haben in der Urabstimmung für den Streik gestimmt. Der Arbeitgeber hat die Situation durch sein Verhalten selbst provoziert. Er hat die Verhandlungen abgebrochen." Das Organisationsteam hat inzwischen Tische und Bänke aufgebaut. Ein Lieferwagen einer Metzgerei trifft ein, Brötchen und Kaffee werden verteilt. Auch für Musik ist gesorgt. Die Liedermacher Dirko Juchem und Manfred Pohlmann singen Freiheits- und Arbeiterlieder. "Wir fordern Sozialpläne für die Mitarbeiter, Abfindungen und einen verlängerten Kündigungsschutz," sagt Zabel, der mit seinem Organisationsteam von Frankfurt angereist ist. Die Gewerkschaft macht sich für einen langen Arbeitskampf bereit. "Wir rechnen mit einer Dauer von bis zu zwölf Wochen," erklärt der Streikleiter und räumt ein, dass der Arbeitgeber natürlich jederzeit die Tarifverhandlungen wieder aufnehmen könne. Viele Leute seien über 20 Jahre im Betrieb und im Schnitt 53 Jahre alt.

Mit dem Alter habe man schlechte Chancen, einen anderen Job zu finden. So wie Margret Mayer, Betriebsratsvorsitzende von Franklin Electric. Sie ist mit den Nerven am Ende: "Mein Arbeitsplatz ist gestern abmontiert worden. Die haben die Maschine einfach abtransportiert, um uns einzuschüchtern. Unsere Chefs sollen endlich an den Verhandlungstisch zurückkehren!" Christian Schmitz vom Deutshen Gewerkschaftsverband in Trier ist als Beobachter dabei: "Es geht hier auch um Industriearbeitsplätze der Region Trier. Frustrierend ist die Willkür dieser Firma." Roland Wöffel von der IG Metall in Trier pflichtet bei: "Es soll ein Signal sein. Das lässt sich die Gwerkschaft nicht bieten."

Nach der Kundgebung im Industriegebiet fahren die Mitarbeiter in einem Autokorso zur Agentur für Arbeit in der Wittlicher Friedrichstraße, um dort zu demonstrieren. Anschließend geht es in ein Streiklokal nach Dörbach. Für Freitag ist eine Demonstration in Trier geplant. Dann soll ein Umzug durch die Paulinstraße gehen, um sich anschließend vor der Porta Nigra zu sammeln. In Wittlich mussten am Donnerstagmorgen mehrere Straßen gesperrt werden. Die Polizei war mit 30 Beamten vor Ort. Die Geschäftsführung von Franklin Electric war gestern nicht zu erreichen. Der Anrufbeantworter meldete, dass die Büros nicht besetzt seien.

Umfrage:
Norbert Daniel, Wittlich-Bombogen (58)
"Der Produktionsstillstand ärgert natürlich die Kunden, die nicht beliefert werden können. Das übt Druck auf die Geschäftsleitung aus."
Andreas Rösner, Wittlich-Dorf (47)
"Die Maschinen werden schon abtransportiert. Aber kampflos geben wir nicht auf! Und wenn wir gehen, dann erhobenen Hauptes."
Rita Krämer, Plein (53)
"Ein Tarifvertrag wäre besser als gar nichts. Was wir hiermit erreichen, kann man noch nicht genau sagen. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt."
Karla Schirra, Altrich (59)
"Wir protestieren auch für eine Arbeitsplatzsicherung der verbleibenden 66 Angestellten bis 2020. Da ist aber noch nichts schriftlich, also auch nicht gerade sicher."
Ralf Bohr, Hupperath (54)
"Mit unseren Optimierungsmaßnahmen versuchen wir, die Entscheidung der Geschäftsleitung kippen. Eine Woche Arbeitsausfall würde die Firma Millionen kosten. Ich habe sonst noch keine Pläne. Das hier ist der letzte Strohhalm, an den wir uns klammern."

HINTERGRUND:
Franklin Electric plant, die Produktion von Motoren für Wasserpumpen von Wittlich bis 2016 nach Tschechien zu verlagern. 100 Mitarbeitern wurde bereits gekündigt. Anfang Oktober waren die Mitarbeiter mit einem Eilantrag vor dem Landesarbeitsgericht in Trier gescheitert. Sie wollten erreichen, dass der Standort in Wittlich nicht geschlossen wird, bevor über einen Sozialplan verhandelt wird (der TV berichtete).
87 Mitarbeiter haben daraufhin Klage gegen die Kündigungen eingereicht. Ihre Klage vor dem Arbeitsgericht in Bernkastel-Kues gegen das Vorgehen der Geschäftsleitung wurde jedoch abgewiesen. Nun zieht der Betriebsrat vor die zweite Instanz, das Landesarbeitsgericht in Mainz. Die Gewerkschaft IG Metall fordert Sozialpläne für die entlassenen Mitarbeiter.

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