Kommunalpolitik Beschlussunfähig: Keine Entscheidung über Bauprojekt im Morbacher Gemeinderat

Morbach · Bei Auseinandersetzungen im Morbacher Gemeinderat über das ehemalige Anwesen Bohr/Barwinski kritisieren die Freien Wähler die Vorgehensweise der Verwaltung und den Morbacher Ortsvorsteher.

 Wann erhält ein Investor den Zuschlag, diese drei Gebäude in der Bahnhofstraße abzureißen und ds Gelände neu zu gestalten? Der Morbacher Gemeinderat konnte dies nicht entscheiden.

Wann erhält ein Investor den Zuschlag, diese drei Gebäude in der Bahnhofstraße abzureißen und ds Gelände neu zu gestalten? Der Morbacher Gemeinderat konnte dies nicht entscheiden.

Foto: Strouvelle Christoph

Seit Jahren steht das ehemalige Anwesen Bohr/Barwinski in der Morbacher Ortsmitte leer und ist für viele Anwohner ein Schandfleck. Eigentlich wollte der Morbacher Gemeinderat diese Woche in nichtöffentlicher Sitzung entscheiden, welchem Projektierer man den Zuschlag geben will, das Anwesen neu zu gestalten.

Doch dazu ist es nicht gekommen. Grund sei, dass das Gremium beschlussunfähig gewesen sei, sagt der Morbacher Bürgermeister Andreas Hackethal. Warum der Gemeinderat in dem Punkt beschlussunfähig war, will der Bürgermeister nicht sagen, da dies der Geheimhaltung unterliege.

Nach TV-Informationen hat jedoch die mit sieben Mitglieder an diesem Abend anwesende Fraktion der Freien Wähler (FWM) die Abstimmung verhindert, indem sie nicht daran teilgenommen habe. Da mehrere weitere Mitglieder des Gremiums gefehlt haben und so weniger als die Hälfte der Abgeordneten anwesend war, war der Rat nicht beschlussfähig.

Vorangegangen war ein Antrag der FWM, den Punkt von der Tagesordnung zu nehmen. Zum einen sei es der Fraktion unklar, warum die Entscheidung nicht öffentlich behandelt werden solle, las Fraktionsvorsitzender Hugo Bader als Begründung im öffentlichen Teil der Sitzung vor. Es würden keine Kosten genannt, und es sei deswegen „völlig unverständlich, weswegen die Sache nicht öffentlich sein soll.“

Der Gemeinderat habe sich zwischen zwei Projekten nicht einigen können – nach TV-Informationen sind dem Rat drei von ursprünglich fünf Projekten vorgestellt worden -, jetzt solle erneut versucht werden, eine Einigung zu finden.

Bader kritisiert dabei den Morbacher Ortsvorsteher Georg Schuh, der als Mitglied des Gemeinderats bei dieser Sitzung des Gremiums nicht anwesend war. Die Vorgehensweise der Verwaltung und des Ortsvorstehers sei aus Sicht der FWM äußerst „fragwürdig und rügenswert“. Dem Gemeinderat seien die Projekte lediglich nur indirekt vorgestellt worden, dem Ältestenrat und dem Haupt- und Finanzausschuss jedoch von den Projektierern selbst. Zum Ältestenrat sei der Morbacher Ortsvorsteher geladen worden, obwohl er kein Mitglied des Gremiums sei. Es sei geplant gewesen, den Ortsbeirat nicht mit ins Boot zu nehmen beziehungswiese nach dem Gemeinderat abstimmen zu lassen. Erst auf Initiative der FWM sei eine Dringlichkeitssitzung des Ortsbeirats anberaumt worden. Die FWM verlange als „basisdemokratische Partei“ eine Einwohnerversammlung abzuhalten, bei der die Projektierer ihre Entwürfe vorstellen sollen.

Bürgermeister Hackethal ist sichtlich überrascht von dem Antrag der FWM. „So, wie wir vorgegangen sind, ist es geübte Praxis“, sagt er. Das Projekt Ärztehaus sei genauso behandelt worden. Der Ortsbeirat habe eine Empfehlung ausgesprochen. Es liege im Ermessen des Bürgermeisters, ob ein Punkt öffentlich oder nichtöffentlich behandelt werde. Hackethal habe sich für Nichtöffentlichkeit entschieden, da es sich um Grundstücksangelegenheiten handele. Der Gemeinderat sei als Repräsentant der Bevölkerung originär zuständig.

Auch am Tag darauf ist Hackethal noch erregt: „Wir reden seit einem Jahr über das Thema.“ Die Vorgehensweise sei mit allen Fraktionen abgestimmt gewesen, „auch mit der FWM“, sagt er. Eine Aussage, der sich Ortsvorsteher Georg Schuh anschließt. „Es ist üblich, dass der Ortsvorsteher bei relevanten Punkten zum Ältestenrat eingeladen wird“, so Schuh. Dass der Ortsbeirat nicht informiert worden sei, stimme nicht, entgegnet er auf Baders Vorwürfe. Auf die Aussage Baders, der Gemeinderat sei nicht direkt von den Projektierern unterrichtet worden, erläutert er, es gebe Informationsfluss innerhalb der Fraktionen. Zur Beratung im Ortsbeirat sei es nicht durch Baders Intervention gekommen, sondern diese Sitzung sei nach einem Telefonat von Schuh mit Bürgermeister Hackethal angesetzt worden.

Der FWM wirft er vor, diese verhindere die Abstimmung, da der Fraktion ein ihr nicht genehmes Projekt möglicherweise den Zuschlag erhalten hätte. „Es ist bemerkenswert, wie man Demokratie lebt und beugt, wie man es braucht“, sagt er. „Eigentlich ist es ein Versagen.“ Statt dies einzugestehen, werfe man mit Dreck.

Bader hält seine Vorwürfe aufrecht. Im Ältestenrat und im HFA säßen größtenteils die gleichen Personen. Diese wären somit zweimal direkt informiert worden, der Gemeinderat als Entscheidungsgremium jedoch nicht.

Inzwischen hat sich auch die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zu den Vorgängen im Rat zu Wort gemeldet. In einer Pressemitteilung verwahrt sich Sprecherin Bärbel Anton gegen „Verdrehungen der Tatsachen in der Begründung der FWM“ im Antrag auf Änderung der Tagesordnung. Durch Tricksereien erreiche die FWM, dass über die Projektvergabe nicht abgestimmt werden konnte. Anton: „Unseres Erachtens ist dies eine klare Verzögerung der Prozesse, die nicht nur dem Ortsbezirk Morbach, sondern der gesamten Einheitsgemeinde Morbach schadet.“

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