Streusalz, Papierkram und Apfelkompott

Dierscheid · Wen interessieren Friedhofsgebühren, Streusalzvorräte und Straßensanierungen? Alle - nur nicht mich, denken wohl die meisten jungen Landbewohner. Doch es gibt auch junge Dorfbewohner wie den Dierscheider Ortsbürgermeister Dirk Laudwein, die die Kommunalpolitik nicht scheuen und sich für ihre Gemeinde engagieren.

 Der 43-jährige Malermeister und Berufsschullehrer Dirk Laudwein engagiert sich als neuer Ortsbürgermeister in Dierscheid. TV-Foto: Christian Moeris

Der 43-jährige Malermeister und Berufsschullehrer Dirk Laudwein engagiert sich als neuer Ortsbürgermeister in Dierscheid. TV-Foto: Christian Moeris

Dierscheid. Sein Engagement für die Gemeinde begann schleichend - mit ehrenamtlichen Malerarbeiten in der Pfarrkirche. Später kamen weitere Arbeiten an der Schutzhütte hinzu, die der 43-jährige Dirk Laudwein für seine Ortsgemeinde Dierscheid kostenlos erledigte. Vor acht Jahren zog der gebürtige Trierer von Föhren nach Dierscheid in den Meulenwald - heute ist er Ortsbürgermeister der kleinen Gemeinde mit 180 Einwohnern. "Wir sind hier von der Nachbarschaft mit ausgebreiteten Armen empfangen worden und bei unserem Zuzug so gut aufgenommen worden wie sonst nirgendwo", schwärmt Laudwein, der mit seiner Frau Anke (40) in Dierscheid ein Haus gebaut hat. Mit Frau, Tochter Johanna (vier) und Hund Ernie fühlt sich der Malermeister und Berufsschullehrer auf dem Land inzwischen pudelwohl. "Uns haben viele gesagt: ‚Wie könnt ihr nur von Föhren nach Dierscheid ziehen?‘ Aber ich bereue nichts."
Mit dem Malerpinsel war Laudwein schnell bei der Hand, wenn es darum ging, sich für seine Gemeinde zu engagieren. Doch sein Interesse für die Kommunalpolitik wie Friedhofsgebühren und Gewerbesteuersätze hat er mehr oder weniger unfreiwillig entdeckt. Nachdem der ehemalige Ortsbürgermeister Peter Zenner im Mai dieses Jahres abtrat, überredeten Gemeinderatsmitglieder den 43-Jährigen, das Amt des Bürgermeisters zu übernehmen.
Das gelang ihnen, denn am 2. September wählten sie Laudwein zum Ortsbürgermeister von Dierscheid.
"Warum ich das gemacht habe, kann ich wirklich nicht beantworten." Aber es könne ja schließlich nicht jeder sagen, Kommunalpolitik ginge ihn nichts an. Denn irgendeiner müsse es ja machen, sagt Laudwein. Doch ohne die Hilfe des ehemaligen Ortsbürgermeisters Peter Zenner, der ihm mit Rat und Tat zur Seite stehe, wäre er als blutiger Anfänger in der Kommunalpolitik aufgeschmissen, so Laudwein.
Streusalz und Gewerbesteuer


"Wenn man als Ortsbürgermeister was zu den Friedhofsgebühren gefragt wird, kann man nicht mehr sagen: ‚Geht mich nichts an.‘ Das geht heute nicht mehr. Jetzt geht mich hier alles was an", sagt Laudwein. "Streusalz, Schulbus, Gewerbesteuer: Das hatte ich früher alles nicht auf dem Schirm."
Gerade eben sei er noch am Dorfmuseum vorbeigefahren, und da sei ihm an einer Wand der abgebröckelte Putz aufgefallen. "Da müssen wir dringend was machen." Als Berufsschullehrer bringe er wohl auch die nötigen Nerven für das Amt mit, so Laudwein. Denn unliebsame Themen, wie Streit im Dorf schlichten, gehören jetzt ebenfalls zu seinen Aufgaben.
Doch es gibt auch angenehme Momente im Leben eines Ortsbürgermeisters einer kleinen Gemeinde im Meulenwald, wie ein Donnerstagnachmittag im November zeigt: 16.30 Uhr, es schellt an Laudweins Tür. Eine Nachbarin bringt zwei Gläser selbst gemachtes Apfelkompott vorbei. "So ist das hier auf dem Land", sagt Laudwein, der sich über die nette Nachbarschaft freut. Allein für das Geld, könne man den Job als Ortsbürgermeister jedoch nicht machen, erzählt Laudwein, der für sein Amt eine Unkostenpauschale von 400 Euro im Monat erhält.
Mit Gemeinderatssitzungen, Ortsbürgermeisterbesprechungen und dem Papierkram gingen schon jeden Monat viele Stunden drauf.
Doch mittlerweile habe er sich etwas in die Kommunalpolitik eingearbeitet und sehe sein Amt als Herausforderung. "Wir haben als Dorf keine großen Probleme, aber zum Beispiel hier oben Schwierigkeiten mit der Busanbindung, weil hier so wenige Menschen zusteigen." Auch um die beiden Leerstände im Dorf will sich der 43-Jährige kümmern. Laudwein: "Unser Dorf soll ein schönes Bild abgeben."Extra

Der jüngste Ortsbürgermeister der 45 Ortsgemeinden innerhalb der Verbandsgemeinde Wittlich Land, Sven Engler (Schwarzenborn), ist 40 Jahre alt. Mit einem Alter von 73 Jahren amtiert in Dierfeld Gerhard von Greve-Dierfeld als ältester Ortsbürgermeister innerhalb der Verbandsgemeinde. Im Durchschnitt sind die Ortsbürgermeister in der VG Wittlich-Land 54 Jahre alt. cmo

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