Suppe im Wald

MORBACH. (HB) Seine Freizeit verbrachte der 87-jährige Hermann Catrein meist mit seiner Lieblingsbeschäftigung, dem Wandern und dem Hunsrückverein, dem er seit 1952 angehört. Seit 1964 hat er sich als langjähriger Vorsitzender und Wanderführer große Verdienste erworben. Zudem engagiert er sich bis heute ehrenamtlich im Hunsrücker Holzmuseum.

Die Wanderlust und Liebe zur Heimat wurden Hermann Catrein wohl von seinem Vater in die Wiege gelegt. Er war ebenfalls ein begeisterter Wanderer, und nahm ihn schon als Kind bei kleinen Wanderungen um Morbach mit. Hierbei wurde stets eine Suppe auf offenem Feuer gekocht, was Hermann besonders begeisterte. "1933 war es mit dem Wandern vorbei", sagt Catrein, da wurde marschiert und zwar im Gleichschritt mit einem backsteinbeschwerten Tornister auf dem Rücken, und das nannte man Wehrertüchtigung. "1940 wurde ich zur Wehrmacht einberufen und meine Rekrutenausbildung war durch meine regelmäßigen Wanderungen ein Kinderspiel für mich. Ich hatte das Glück, den Krieg gut zu überstehen und wurde im Sommer 1945 aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft entlassen. In den Jahren danach fiel mir das Wandern schwer, weil ich wegen der schlechten Ernährung körperlich nicht dazu in der Lage war." Hermann Catrein heirate 1948 eine Frau, die auch gerne wanderte. Wenn sie nicht mit dem Hunsrückverein unterwegs waren, dann gingen die beiden allein. Als 1952 sich die Lage verbesserte, der wirtschaftliche Aufschwung kam und Lehrer Heinrich Fiene aus Bischofsdhron die Ortsgruppe Morbach im Hunsrückverein, der seit 1890 besteht, wiederbegründete, trat Catrein dem Verein bei. "Als 1964 mein großes Vorbild Heinrich Fiene starb, wurde ich zum Vorsitzenden und Wanderwart gewählt. Da ich damals zur AOK nach Bernkastel versetzt wurde und dadurch einen zwölfstündigen Arbeitstag hatte, unterstützten mich Hermann Josef Gellenberg, Klemens Schell und Willi Thömmes bei der Vereinsarbeit. Es hatte sich eine große Jugendgruppe gebildet, für die wir erstmals Mehrtagewanderungen mit Übernachtungen in Jugendherbergen organisierten, die im eigenen Schlafsack 30 Pfennig kosteten", erinnert sich Catrein. Die Verpflegung steckte im Rucksack, und gekocht wurde in freier Natur: Jeder hatte ein Päckchen Suppe dabei, die alle in einen Topf gegeben wurden und eine kräftige Nudelsuppe ergaben. Bei den Mehrtagewanderungen lernte die Wandergruppe auch weiter entfernt liegende Landschaften wie die Luxemburger Schweiz, das Elztal, die Pfalz und die Täler und Höhen von Rhein, Mosel, Saar und Lahn kennen. Außer dem Elsass hat Catrein das Hohe Venn besonders ins Herz geschlossen: "Die weite Landschaft und die unwahrscheinliche Ruhe haben mich mehr beeindruckt als die Alpen". Nach der Pensionierung konnte sich Wanderwart Catrein ausgiebig in Morbach weilenden Gästen widmen. Mit ihnen wanderte er zu den umliegenden Sehenswürdigkeiten, und abends begeisterte er die Wanderfreunde mit seinen Dia-Vorträgen. Mit dem Wandern kam auch die Liebe zur Fotografie. Auf Hunderten von Dias hat er Landschaften und Erlebnisse festgehalten. "Wenn meine Frau und ich auch heute nicht mehr wandern können", sagt Catrein, "Langeweile kennen wir nicht. An langen Winterabenden sehen wir uns eine Dia-Serie an, um vergangene Zeiten wieder lebendig werden zu lassen. Die unzähligen Wanderungen haben unser Leben geprägt und bereichert, wir möchten diese Zeit nicht missen."

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