Tauziehen um Sportangebote

WITTLICH. Pilates- und Rücken-Fit-Kurse, angeboten von der Stadt: Die einen glauben an Konkurrenz, die das Geschäft belebt, die anderen sehen darin eine "Rosinenpickerei", die die schwierige Finanzierung von Vereinen weiter erschwert.

 Im Eingangsbereich des Vitelliusbads werden sie angekündigt: Neben dem Kraul- und einem Aqua-Fit-Kurs können über die Stadt auch ein Pilates- oder Rücken-Fit-Kurs gebucht werden. Foto: Petra Geisbüsch

Im Eingangsbereich des Vitelliusbads werden sie angekündigt: Neben dem Kraul- und einem Aqua-Fit-Kurs können über die Stadt auch ein Pilates- oder Rücken-Fit-Kurs gebucht werden. Foto: Petra Geisbüsch

"Studios sind schon Konkurrenz genug", beklagt sich Axel Henrichs. Der Vorsitzende des Polizeisportvereins Wengerohr betrachtet mit Sorge, wie sich die Stadt in den Reigen der Anbieter von Rücken- und Pilateskursen - den Sportvereinen und Physiotherapeuten - eingereiht hat. In einem Brief vom 24. März bat er Bürgermeister Ralf Bußmer um eine Stellungnahme. Als "Rosinenpickerei" und "nicht zu den kommunalen Aufgabengebieten gehörend" bezeichnet Henrichs das sportliche Angebot der Stadt. Den Vereinen fielen durch diese Konkurrenz potenzielle Vereinsmitglieder sowie Geldeinnahmen weg, die für Breitensport und Jugendarbeit dringend benötigt würden, sagt er dem TV. Statt Hunderte fleißiger Ehrenamtler bei ihrem Einsatz zu unterstützen, werde auf so der Kommerzialisierung des Sports Vorschub geleistet. "Aufgabe ist es, den Vereinen zu helfen und nicht, ihnen das Leben noch schwerer zu machen." Der Präventionsboom der vergangenen Jahre mit einer Expansion an Angeboten beim Gesundheitssport macht auch dem Wittlicher Turnverein (WTV) Sorgen. Der Vorsitzende Ralf Schira beobachtet, wie "der zu verteilende Kuchen in immer kleiner werdende Stücke aufgeteilt wird", was gemeinnützige Vereine besonders hart treffe. Finanzierung der Vereine wird schwieriger

In Anbetracht der ständig zurückgefahrenen Förderungen, auch seitens der Stadt, werde es zunehmend schwieriger, die Finanzierung der originären Aufgaben eines Sportvereins zu bewältigen. Die Kurserlöse stellten dabei "einen nicht unerheblichen Baustein zur Finanzierung ihrer Aufgaben" dar. Im Juni 2002 hatte der städtische Sportausschuss beschlossen, durch gezielte Maßnahmen die Attraktivität des Vitelliusbads zu erhöhen. Dazu gehören Schwimm- und Aqua-Fit-Kurse, die seit März 2006 um einen Pilates- und einen Rücken-Fit-Kurs erweitert wurden. Auch Kinderspieltage und andere Angebote seien Voraussetzung dafür, dass Wittlich beim Bädervergleich des Innenministeriums seine Chance auf Investitionen des Landes behalte, erläutert der Pressesprecher der Stadt, Ulrich Jacoby. Außerdem sagt er: "Die Besucher des Bades haben diese Angebote ausdrücklich bei uns nachgefragt." Kursleiter bei allen Kursen außer den Kinder-Schwimmkursen - die leitet das Badpersonal - sei ein lizensierter Übungsleiter: Als selbstständiger Sportprojektleiter und Gruppenfitness-Manager besitzt er langjährige Erfahrung als Aerobic- beziehungsweise Spinning-Bereichsleiter und als Rückenfitnesstrainer. Die Stadt sieht sich als Mitanbieter auf dem Markt, auf dem sich Gemeinnützige und Gewerbliche um Kunden bemühen. "Da unterschiedliche Zielgruppen angesprochen werden, ist diese breite Angebotspalette in unserer lebendigen Kommune ausdrücklich zu begrüßen." Für Physiotherapeut Gerd Neumann bedeutet diese weitere Konkurrenz, eine mehr auf dem ohnehin inzwischen übersättigten Markt. Er weist allerdings darauf hin, dass nicht alle Angebote halten, was sie versprechen. Der Verbraucher tue gut daran, sich genauestens über die Qualifizierungen des Übungsleiters zu erkundigen. Manche Krankenkassen fördern die Teilnahme ihrer Mitglieder an präventiven Gesundheitskursen anteilig. Andere, wie die AOK, bieten selbst welche an und fördern ausschließlich diese.

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