Kultur Ein Ortsjubiläum der besonderen Art

Hetzerath · Die Theatergruppe Hetzerath bringt zum 950-jährigen Dorfbestehen ein Stück über Anne Frank auf die Bühne. Daneben gibt es eine Ausstellung  und weitere Begleitveranstaltungen.

Die Theatergruppe Hetzerath probt in der Bürgerhalle. Ottmar Hauprich (Zweiter von links) hatte die Idee für das Projekt.

Die Theatergruppe Hetzerath probt in der Bürgerhalle. Ottmar Hauprich (Zweiter von links) hatte die Idee für das Projekt.

Foto: Christina Bents

„In 950 Jahren kann es nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen gegeben haben“, sagt Ottmar Hauprich, Leiter der Theatergruppe Hetzerath. Weiter erklärt er: „Deshalb wollen wir uns mit einer Zeit beschäftigen, die oft ausgeklammert, oder nur sehr wenig thematisiert wird.“ Das waren die Hauptgedanken, warum er seiner Theatergruppe vorgeschlagen hat, bei der 950 Jahrfeier ihres Dorfes, das mit einem Festwochenende am 16. und 17. Juni und vielen weiteren Veranstaltungen gefeiert wird, ein Theaterstück über das jüdische Mädchen Anne Frank aufzuführen. „Erst einmal haben wir darüber abgestimmt, und dann galt es die Menschen im Dorf zu überzeugen, die am Anfang schon skeptisch waren. Das ist uns gelungen“, so Ottmar Hauprich.

Dann ging es an die Arbeit. Erst einmal mussten die Rollen besetzt werden. Da es wenige Jugendliche im Ensemble gibt, Hauprich aber mit seinem Stammensemble spielen wollte, hat er sich andere Produktionen angesehen, bei denen Erwachsene Jugendliche darstellen. In Amsterdam hat er sich beispielsweise mit Vereinsmitglied Kevin Zimmer, eine neue Bearbeitung von Jessica Durlacher und Leon de Winters, „Anne“ angeschaut.

Danach waren die Bedenken ausgeräumt. „Wichtig ist, dass man die Verfolgung durch die Nazis durch die Brille von Anne Frank sieht“, berichtet der Theatergruppenchef. „Es durfte tagsüber kein Wasser laufen, man konnte nicht hinausgehen, noch nicht einmal rausschauen und musste ohne Schuhe laufen. Auch die Beziehung zwischen den Bewohnern des Hinterhauses soll aus Annes Sicht gesehen werden.“ Dabei ist viel Feingefühl und Einfühlungsvermögen nötig. „Ich habe meinen Theaterkollegen gesagt: ,Das Stück wird euch verändern.’ Und das ist auch so“, sagt Hauprich.

Der Fokus liegt dabei auf den Opfern, nicht auf den Tätern. „Deshalb bekommen die Nazis bei uns kein Wort“, betont er. Die Kostüme sollen in die Zeit passen und das Bühnenbild wird selbst gemacht – mit verschiedenen Ebenen.

Es soll aber nicht bei dem Theaterstück bleiben, sondern es wird Begleitveranstaltungen geben. Das Anne-Frank-Zentrum Berlin wird für drei Wochen mit der Ausstellung „Lasst mich ich selbst sein – Anne Franks Lebensgeschichte“ vor Ort sein. Dabei arbeitet die Theatergruppe eng mit verschiedenen Schulen aus der Region zusammen. Schüler können sich sogar als Ausstellungsbegleiter ausbilden lassen.

Die katholische Erwachsenenbildung Mittelmosel bietet einen Filmabend mit Diskussion an. Mit dem Förderverein der Gedenkstätte Hinzert und dem Emil-Frank- Institut soll der regionale Bezug näher in den Blickpunkt rücken.

René Richtscheid vom Emil-Frank-Institut wird einen Vortrag zum jüdischen Leben zwischen Trier und Wittlich halten, Georg Mertes vom Förderverein Gedenkstätte KZ Hinzert referiert darüber, wie aus normalen Menschen Massenmörder werden können.

In Hetzerath selbst hat zu Beginn der Nazizeit nur eine jüdische Familie mit Namen Haas gelebt. In der Chronik des Dorfes ist festgehalten, dass Nazis von auswärts und ein damaliger Nachbar der Familie in der Reichskristallnacht die Möbel der Familie auf die Straße geworfen und das Haus zerstört haben. Nach der Pogromnacht hat eine christliche Nachbarsfamilie sie heimlich mit Lebensmitteln versorgt. Die Familie floh letztendlich nach Israel. Ein Teil hat wieder Kontakt nach Hetzerath aufgenommen, ein Sohn will Deutschland nie wieder betreten.

Finanziert wird das 5000 Euro teure Projekt durch Sponsoren. „Das Sponsoring ist fast eins zu eins aufgegangen“, erklärt Ottmar Hauprich. „Wir wollten weder Geld der Gemeinde noch die Theatervereinskasse dafür verwenden.“

Die Vorstellungen „Das Tagebuch der Anne Frank“ von Frances Goodrich und Albert Hackett, sind am 17., 18., 22., 24. und 30. November, jeweils um 20 Uhr in der Bürgerhalle. Karten zum Preis von 15 beziehungsweise 7,50 Euro gibt es im Vorverkauf bei Ticket Regional. Weitere Infos unter: www.theatergruppe-Hetzerath.de

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