Tierisch guter Plan: Wie Kröten und Co. zwischen Bombogen und Ürzig geschützt werden

Bernkastel-Wittlich · Was machen die Leitplanken im Graben? Autofahrer zwischen Bombogen und Ürzig wundern sich über die ungewöhnliche Baustelle am Straßenrand. Das Ganze wird noch zugeschüttet, damit es Motorradfahrern nicht gefährlich werden kann. Die ungewöhnliche Konstruktion dient dem Schutz von Kröten, Fröschen und Molchen: Die Tiere sollen nicht überfahren werden, wenn sie zum Laichen wandern.

 Mit diesen Planken werden die Kröten geschützt. TV-Foto: Petra Willems

Mit diesen Planken werden die Kröten geschützt. TV-Foto: Petra Willems

Foto: (m_kreis )

Sie wollen einfach nur nach Hause und das ist lebensgefährlich. Und sie zu retten ist richtig Arbeit. Man muss zum Beispiel im Dunkeln am Straßenrand lungern und warten, ob sie angehüpft kommen. Dann werden all die Kröten, Frösche, Molche in Eimern gesammelt und sicher über die Straße gebracht. Und das ist nur der kleinste Teil der Arbeit! Richtig Stress ist auch das Auf- und Abbauen der sogenannten Krötenzäune: Ein Job für Ehrenamtler.

In diesem Jahr hat die Wanderung der Amphibien, die es, sobald die Temperaturen es nach dem Winter zulassen, zu ihren Laichgewässern zieht, schon im Februar begonnen. Da war es kurz warm genug, um sich aus Laub und Erdhöhlen auszugraben und loszukrabbeln. So eine kleine Kröte will dabei stets dahin zurück, wo sie geboren ist. Bis zu vier Kilometer wandert sie im ziemlichen Schneckentempo, um ihr Heimatgewässer zu erreichen, wenn sie es denn schafft. Denn der Gegner hat vier Räder und ist stärker als die seltsamen Tiere, die nur langsam vorankommen: Frösche sind dagegen Sprinter! Aber auch das Wetter kann ihnen schaden.

Zum aktuellen "Wanderjahr" sagt Werner Schumann aus Flußbach, der sich seit Jahren mit vielen anderen Helfern vom NABU Wittlich im Amphibienschutz engagiert: "An unseren beiden Zäunen entlang der L 55 konnten wir in diesem Jahr 495 Kröten und zahlreiche Lurche erfassen. Das vergleichsweise ,magere' Ergebnis, sonst sind es rund tausend Tiere, ist sicherlich auf die extreme Wetterlage zwischen Ende Februar und Anfang April dieses Jahres zurückzuführen."

Tierschutz auf 300 Metern

Gegen das Wetter kann die Kreisverwaltung, deren untere Naturschutzbehörde für Amphibienschutz zuständig ist, nichts machen. Aber für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sozusagen. Dem dienen auch die aktuell an der L 55 zwischen Bombogen und Ürzig in einen Graben gesetzten Leitplanken. Manuel Follmann, Pressesprecher der Kreisverwaltung erklärt auf TV-Nachfrage: "Die Streckenlänge beläuft sich auf rund 300 Meter. Die Einbautiefe der Leitplanken und Pfosten ist so gewählt, dass nach dem straßenseitigen Verfüllen ein Gefälle von zwölf Prozent erreicht wird. Nach dem Verfüllen sind Leitplanken und Pfosten von der Straße aus nicht mehr sichtbar. Sie stellen somit auch keine Gefahr für die Verkehrsteilnehmer dar."

Mit der aktuellen Aktion werde die bereits bestehende Lenkung der Tiere, die in der Mitte der Strecke ebenfalls aus Leitplanken errichtet wurde, in beide Richtungen erweitert. "Diese wurde im Rahmen des Ausbaus der L 55 vor rund fünf Jahren auf einer Teststrecke von rund fünf Kilometern errichtet und hat sich in der Praxis bewährt", sagt Follmann, der aber auch klarstellt, dass Amphibienschutz ohne menschliche Hilfe aussichtslos wäre: "Der Amphibienschutz funktioniert nur durch die Hilfe von ehrenamtlich tätigen Personen aus Naturschutzverbänden, Schulen oder durch Privatpersonen. Sie stellen mobile Zäune auf und bringen täglich die Tiere über die Straßen. Maßnahmen wie die zwischen Bombogen und Ürzig dienen der Entlastung dieser Helfer, da mit dem Bau der Leiteinrichtung das jährliche Auf- und Abbauen eines mobilen Zaunes entbehrlich wird." Die Kosten von 10 000 Euro für die aktuelle Baumaßnahme übernimmt der Kreis.

Werner Schumann sagt: "Ich habe 16 Jahre für diesen Zaun gekämpft und getrommelt ohne Ende und bin wahnsinnig erleichtert. Da sind wir alle sehr froh drüber! Das nennt sich übrigens nicht Krötenzaun, sondern Amphibienleiteinrichtung!" Sein Schlüsselerlebnis hatte er einst, als er aus der Praxis in Traben-Trarbach nach Haus auf der L 55 unterwegs war: "Ich fuhr wohlgemut in den Abend hinein und traf auf ein fürchterliches Gemetzel. Die Straße war voll mit lebenden und toten Kröten und man war gezwungen, durchzufahren. Ich dachte, das kann ja wohl nicht wahr sein." Seither organisiert er jährlich die Rettungsaktion bei Wittlich. Für dieses Jahr ist sie vorbei. Jedoch wolle man im Herbst noch selbst einen festen Holzkrötenzaun nahe der Baumschule Erbes bauen. Der 71-Jährige ist echter Fan der Tiere ohne große Lobby: "Was schön ist, ist ihr Gesang. Den hört man, wenn sie im Eimer sind: Die können wirklich toll singen!"Meinung

Stille HeldenWer dankt es Menschen, die sich jedes Jahr im noch kühlen und feuchten Frühjahr aufmachen, Zäune und Eimer aufzustellen, im Dunkeln kleine Tiere einsammeln, die nicht unbedingt zu den Lieblingen der Menschheit gehören, aber fürs Ökosystem wichtig sind? Im Grunde niemand. Oder kennen Sie vielleicht einen ausgezeichneten Krötenretter? Solche stillen Helden sind bewundernswert. Interesse und Verständnis für ihre unbezahlbare Arbeit aufbringen, ist das Mindeste, was man tun kann. Umso besser, wenn man ihnen ihre Arbeit erleichtern kann. Dazu tragen die Leitplanken im Graben bei. s.suennen@volksfreund.deExtra

Manuel Follmann von der Kreisverwaltung sagt: "2016 war kein gutes Amphibienjahr, da die Tiere wegen des kurzen Temperaturanstiegs Ende Februar aktiv wurden, dann aber durch die Kälteperiode wohl starke Verluste erlitten haben." Die wenigsten sind an der L 55 2007 mit 100 Stück, die meisten 2013 mit 1100 Stück gezählt worden. Dieses Jahr waren es 495 und im Vorjahr noch 975. Kreisweite Rekordwerte stammen aus dem Jahr 2009 von der L 34 bei Eisenschmitt: 3198 Amphibien wurden dort gerettet. Aktuell sind es dort 1105 Tiere gewesen und 2982 im Vorjahr. Wer sich für die Arbeit des Naturschutzbundes NABU Wittlich interessiert: Telefon: 06571/ 93318. E-Mail: info@nabu-wittlich.de

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