Todestanz im Eifelpark

Gondorf · Spannung über den Köpfen der Zuschauer: Hochseilartist Falko Traber tritt bis zum Ende der Sommerferien zweimal täglich im Gondorfer Eifelpark auf. Der TV war bei einem Auftritt des Künstlers, der mehrere Weltrekorde aufgestellt hat und ohne Sicherung arbeitet, dabei.

 Leichtigkeit in schwindelerregender Höhe: Falko Traber balanciert auf einem Bein stehend auf dem Seil im Eifelpark. Begleitet wird er von seiner Partnerin Isabelle. TV-Foto: KLaus Kimmling

Leichtigkeit in schwindelerregender Höhe: Falko Traber balanciert auf einem Bein stehend auf dem Seil im Eifelpark. Begleitet wird er von seiner Partnerin Isabelle. TV-Foto: KLaus Kimmling

Foto: Klaus Kimmling (m_wil )

Gondorf. Zahlreiche Menschen tummeln sich auf dem Piraten-Platz im Gondorfer Eifelpark. Meist sind es junge Familien, Kindergartenkinder mit ihren Betreuern, andere größere Gruppen, aber auch ein junges Paar Mitte 20 ist darunter. Das Publikum ist international, es wird Deutsch gesprochen, Luxemburgisch, Englisch, Eifeler Platt oder Französisch. In Frankreich liegen auch die Wurzeln der bekannten Artistenfamilie Traber, Hochseilakrobaten in der 14. Generation, mittlerweile im Badischen zu Hause. "Viele Künstler kommen aus dem Elsass", sagt Falko Traber, 56, der letzte seiner Brüder, der noch aufs Seil geht. Geboren wurde er 1959 während einer Tournee in Frankreich. "Früher haben die Franzosen das fahrende Volk vertrieben und hinter die Grenzen gesetzt", erzählt Traber. Deshalb sei seine Familie ins Elsass gekommen, das damals zu Baden gehörte. Aber es habe auch bessere Zeiten gegeben in Frankreich. Bei Louis XIV. zum Beispiel seien die Seiltänzer etwas Besonderes gewesen. "Die Michael Jacksons unter den Künstlern", sagt Falko Traber. Seine Familie ist eine der ältesten Artistenfamilien Europas, die Wurzeln gehen bis ins 16. Jahrhundert zurück. Im Eifelpark Gondorf zeugt ein alter Wohnwagen von der langen Geschichte der Trabers. "Der ist 100 Jahre alt, den hat meine Mutter schon gehabt", erzählt Falko Traber, der Mann mit der grauen, nach hinten gegelten Lockenfrisur. Der Wohnwagen steht am Rande des Piraten-Platzes in dem 84 Hektar großen Eifelpark. Dort, wo Falko Traber derzeit zweimal täglich seine Hochseilshow zeigt. Er, über den "alle großen Illustrierten schon geschrieben haben, alle bekannten Zeitungen. Auch in Rio de Janeiro". Über dessen Familie es im badischen Landesmuseum seit 14 Jahren eine Ausstellung gibt; der Artist, über dessen Leben und Schaffen der Discovery-Channel Sendungen ausstrahlt und der Ende der 1970er im James-Bond-Film "Moonraker" mitspielte, neben Roger Moore; der Artist, der jetzt die Eifel begeistern will. Er beginnt an diesem Tag im Park seine Show mit einem "sogenannten Schräglauf, auch Todeslauf genannt", wie sein Sohn Fernando Traber den Hochseillauf seines Vaters ankündigt. "Sie sehen hier in Minuten die Arbeit von Jahren. So etwas kann man nicht lernen, so etwas hat man im Blut. Artistenblut."Die schmalste Bühne der Welt

Falko Traber — weißer Rüschenanzug, rote Schuhe — balanciert auf dem Seil und läuft dann langsam los, hebt in der Mitte des etwa 13 Meter langen Seils seinen Arm, begrüßt das Publikum. Die Gäste applaudieren, es beginnt zu regnen. Aber der Regen macht dem Vollblutartisten nichts. "Nein, es ist nicht gefährlicher bei Regen auf dem Seil", sagt er vor der Show. "Nur bei Blitz darf ich nicht rauf." Angst vor dem Fall hat der 57-Jährige, der "immer ohne Sicherung" arbeitet, nicht. "Es ist eher eine Art Respekt." Und Aufregung? "Aufgeregt? Das darf man nicht sein, es ist eine Mischung aus Adrenalin und Überzeugung." Seiltanz, das ist für ihn "die Königsdisziplin. Da bin ich der Letzte, der das noch richtig kann. Alles andere sind Nachahmer." Nicht jeder könne auf dem Seil tanzen, nicht jeder habe den Mut dazu, "nicht jeder kann den Schalter vor der Show umlegen". "Jetzt steht er freistehend auf der schmalsten Bühne der Welt", sagt Traber junior ins Mikrofon, als sein Vater am Ende des Seils angekommen ist. Das Publikum schaut gespannt in die Höhe, die Köpfe fest im Nacken verankert. Traber legt die 15 Kilo schwere Stange nieder, die ihm hilft, auf dem Seil die Balance zu halten, geht in die Knie und macht einen Kopfstand auf dem Seil. Das Publikum belohnt das Risiko erneut mit Applaus. Von diesem Publikum, den Menschen in der Eifel, ist Falko Traber begeistert. "Die Leute hier schätzen die Leistung." Seine Auftritte — Traber zeigt bis zum 28. August zweimal täglich seine Show in Gondorf — seien ein Geschenk an dieses Publikum. Zusätzlichen Eintritt müssen die Zuschauer nicht zahlen für die Show. Zustande gekommen ist das Gastspiel Trabers durch seine Kontakte zu beiden Betreibern des Eifelparks (siehe Extra). Auf dem Seil beginnt für Traber jetzt der Weg zurück. Auf der Hälfte der Strecke grüßt der 57-Jährige, der mit fünf Jahren das erste Mal auf dem Seil war, erneut das dankbare Publikum. "Und was ist das? Das ist das hohe C der Seiltanzkunst", sagt sein Sohn ins Mikrofon: Falko Traber läuft rückwärts auf dem Seil, balanciert auf einem Bein, tanzt fast. Dann beginnt er, in kurzen, schnellen Schritten zurück zum Ausgangspunkt zu laufen. Der gute Draht nach oben

Acht Weltrekorde hat Falko Traber bisher in seiner Karriere aufgestellt, unter anderem überquerte er die Zugspitze mit einem Fahrrad auf einem zwölf Millimeter starken Drahtseil, in 600 Metern über Null machte der Ausnahmeartist einen Kopfstand auf der Lenkgabel seines Fahrrads, er spazierte über die längste, freihängende Seilbahn der Welt in Kitzbühl in 412 Metern Höhe, und in Rio de Janeiro lief er ebenfalls über das Seil der Seilbahn. Meilensteine für die Ewigkeit, für die Erinnerung. Bis auf einen. Als Falko Traber im Mai 1996 den Längenweltrekord aufstellte und in Baden-Baden 640 Meter über ein Seil lief, das in 60 Meter Höhe gespannt war, starb sein Kollege Lutz Schreyer, der hinter ihm lief und Trabers Lauf filmen wollte. "Er hatte einen Rutscher, das passiert. Es kam zu einer Wellenbewegung des Seils, wie bei einer Tischdecke, die man schüttelt. Ich lief einige Meter vor ihm und konnte mich halten, er nicht." Schreyer fiel und starb drei Tage später im Krankenhaus. In Gondorf passt alles an diesem Tag. "Wir haben hier nicht hoch aufgebaut. Aber auch, wenn man aus dieser Höhe runterfällt, bedeutet das das Aus. Für immer, für ewig." Er selbst habe einen guten Draht nach oben, spreche jeden Tag sein Dankesgebet, wenn alles gut gehe. Der Traum von der Porta

Und alles geht gut in der Eifel. Auch, als seine Partnerin Isabelle auf einem 52 Meter hohen Peitschenmasten Kunststücke zeigt (Fernando Traber: "Diese Frau fürchtet weder Tod noch Teufel.") oder Traber senior mit dem Motorrad und Isabelle im angehängten Trapez Kunststücke zeigend über das Seil braust. Nach rund 30 Minuten ist die Show vorbei, das Publikum begeistert. Die Artisten um ihren Star Falko Traber stehen anschließend an dem alten Wohnwagen am Rande des Platzes und geben bereitwillig Autogramme, lassen sich mit den Zuschauern fotografieren — "gegen einen kleinen Unkostenbeitrag". Und wie hoch ist die Gage, die Falko Traber und seine Crew für ihr Engagement bekommen? "Geld ist mir nicht wichtig", weicht Traber aus. "Wichtig sind die Erinnerungen, die man hat. Die Erinnerungen sind das, was bleibt."Nach seiner Zeit in Gondorf geht Falko Traber erst einmal in den Urlaub, abschließend sind seine Ziele Karlsruhe oder das Olympiastadion in Berlin. Und vielleicht auch Trier. "Das wär es doch. Ich in einem weißen Anzug auf einem Seil vor der schwarzen Porta Nigra balancierend. Als Zeichen für den Frieden. Das braucht die Welt jetzt." Ein Video von der Falko-Traber-Show im Eifelpark Gondorf finden Sie im Internet untervolksfreund.de/videoExtra

 Stehend übers Seil: Falko Traber und seine Partnerin Isabelle bei ihrer Show. Tv-Foto: Klaus Kimmling

Stehend übers Seil: Falko Traber und seine Partnerin Isabelle bei ihrer Show. Tv-Foto: Klaus Kimmling

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Todestanz im Eifelpark
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Todestanz im Eifelpark
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 Die schmalste Bühne der Welt: Falko Traber nutzt seine Balancierstange, um auf dem Seil einen Kopfstand zu machen. TV-Fotos (4): Klaus Kimmling

Die schmalste Bühne der Welt: Falko Traber nutzt seine Balancierstange, um auf dem Seil einen Kopfstand zu machen. TV-Fotos (4): Klaus Kimmling

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Todestanz im Eifelpark
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Der Eifelpark Gondorf, der 2014 seinen 50. Geburtstag feierte, ist seit Oktober 2013 in den Händen von Alexander Goe tzke und Nadine Löwenthal, die den Park nach der Insolvenz des Vorbesitzers übernommen haben. Wiedereröffnung war am 5. April 2014, damals kamen 10 000 Menschen. Seit der Parkeröffnung haben Goetzke und Löwenthal nach eigenen Angaben 8,5 Millionen Euro in die Anlage investiert. Im Park, dessen Fläche etwa so groß ist wie 100 Fußballfelder, arbeiten rund 120 Menschen. Mehr als 200 Wildtiere leben im Eifelpark, der im Jahr von rund 200 000 Gästen besucht wird. Zu den Attraktionen gehören unter anderem eine Sommerrodelbahn, Fahrgeschäfte wie die Familienachterbahn, ein Wasserspielplatz, das Rutschenparadies oder die Greifvogelschau. Für die kommenden Jahre sind weitere Neuerungen geplant. Der Eintritt in den Park ist gestaffelt nach Größe und Alter: Er kostet 18,50 Euro für Besucher, die größer als 1,50 Meter sind. Besucher zwischen einem Meter und eineinhalb Metern Größe zahlen 15,50 Euro, unter einem Meter ist der Eintritt frei. Eine Tageskarte für zwei aufeinanderfolgende Tage kostet 32 beziehungsweise 26 Euro. Ein Familienticket (Sparticket, zwei Erwachsene, zwei Kinder unter 1,50 Meter) kostet 60 Euro, weitere Kinder bis 1,50 Meter zahlen 13,50 Euro. Für Senioren ab 60 Jahre kostet der Eintritt 14,50 Euro. Fahrgeschäfte und Wildpark sind bis Mitte September von 9 bis 18 Uhr geöffnet, ab dem 12. September ist wochentags nur der Wildpark von 10 bis 17 Uhr offen (plus Falknerei-Flugschau), an den Wochenenden ist der komplette Park von 10 bis 17 Uhr offen, ebenso in den Herbstferien. Ab dem 24. Oktober ist ausschließlich der Wildpark von 10 bis 16 Uhr geöffnet. will

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