"Töchter sind die Ehre der Familie"
Die deutsche Schriftstellerin türkischer Abstammung Serap Cileli las in der Akademie Kues aus ihrem Buch "Eure Ehre, unser Leid". Die engagierte Frau setzt sich unermüdlich für benachteiligte türkische Mitmenschen ein.
Bernkastel-Kues. (mü) Gewalt ist ein weltweites Problem in allen Kulturen und Regionen. Die deutsche Schriftstellerin türkischer Abstammung Serap Cileli engagiert sich für die Probleme der muslimischen Frauen und kämpft mit viel Zivilcourage für Menschenrechte und gegen Gewalt an islamischen Frauen. Vehement setzt sie sich gegen Zwangsheirat, Zwangsverschleierung und Ehrenmord ein. Dafür wurde sie 2005 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Heute lebt sie unter Staatsschutz. "Das ist der Preis für meinen Einsatz", sagt sie.
Serap Cileli weiß, wovon sie spricht. Mit 15 Jahren wurde sie zwangsverheiratet, bekam zwei Kinder und hat sich Jahre später von ihrem gewalttätigen Mann getrennt. "Ich musste mir meine Freiheit erkämpfen", sagt sie stolz.
In ihrem Vortrag mit etlichen Fallbeispielen von türkischen Mitbürgern wird schnell klar, dass Gleichberechtigung und Demokratie oft nicht anerkannt sind. Viele dieser Menschen lebten schon lange in Deutschland und seien zudem im Berufsalltag gefestigt.
"Auch das Christentum bedarf einer Reformation"
Die Ehre der Familie gelte es unter allen Umständen zu wahren. In den Köpfen traditioneller und konservativer Eltern seien Töchter die Ehre der Familie.
Es sei nicht selbstverständlich, dass türkische Muslime Hilfe bekämen, führt Serap Cileli aus. Wichtig sei es, den Weg gemeinsam mit den Frauen zu gehen, und nichts gegen den Willen der Frau zu tun, gibt sie auf eine Frage in der Diskussionsrunde zurück.
Die Meinungen der gut 100 Zuhörer in der Akademie Kues gehen zwar emotional auseinander, werden aber sachlich diskutiert. Rudi Kremmer aus Wittlich nimmt den Dialog von Christen und Muslimen in direkter Nachbarschaft wahr. "Die Ehre scheint höher zu stehen als die Menschenrechte", findet er, aber "die türkische Tradition ist in erster Linie nicht im Islam begründet, sondern in der Überlieferung", ist er sich sicher.
"Normalerweise kriegt man nur oberflächlich was mit", bedauert Elisabeth Lenssen aus Bernkastel-Kues, "aber die Schilderung der ausgesuchten Fälle war sehr bewegend". Schon länger beschäftigt sich Wolfgang Wittenhorst aus Kleinich mit dem Islam. "Alle Kulturen und Religionen haben gute und schlechte Sachen gemacht", sagt er und fordert die Reformation des Islams. "Aber auch das Christentum bedarf einer solchen".