US-Militärgericht Tödliche Attacke in Wittlich: Ein Fall für die „Special Agents“
Wittlich/Spangdahlem · Wegen der tödlichen Attacke auf einen Mann während der Kirmes in Wittlich könnten zwei US-Soldaten vor ein US-Militärgericht in Deutschland kommen. Was die Gründe dafür sind.
Wenn in Deutschland stationierte US-Militärangehörige im Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben, ist vieles anders. Denn dann geben deutsche Ermittler in der Regel die Strafverfolgung an die US-Behörden ab – so sieht es das Zusatzabkommen des Nato-Truppenstatuts vor. Gerade passiert ist dies nach einer tödlichen Messerattacke auf einen 28-Jährigen bei einer Kirmes in Wittlich. Nachdem zwei US-Soldaten von der Air Base Spangdahlem in der Eifel als Tatverdächtige festgenommen wurden, ist dies nun ein Fall für die „Special Agents“ geworden.
Deren Office of Special Investigations (OSI) ist eine besondere Einheit der US-Luftwaffe. Von der Zentrale in Quantico (Virginia) aus werden rund 3000 „Special Agents“ eingesetzt. Das OSI ist eine Art Mischung von Polizei und Geheimdienst – ihre Welt ist in acht Regionen eingeteilt. Region 5, auch für Europa zuständig, hat ihren Sitz auf dem Luftwaffenstützpunkt Ramstein. Das OSI untersteht nicht der Befehlsgewalt der örtlichen Kommandeure – sondern dem für die Luftwaffe zuständigen Staatssekretär im Pentagon.
Immer wieder landen vermeintliche Straftaten amerikanischer Soldaten vor einem US-Militärgericht auch auf den Stützpunkten in Spangdahlem und in Ramstein. Sie befassen sich nach amerikanischem Recht mit den Vorwürfen unabhängig von der Frage, ob der Militärangehörige innerhalb oder außerhalb der Airbase einer Tat beschuldigt wird.
Bekanntester Fall: US-Soldat misshandelt Baby zu Tode
Solche Prozesse sind aber nicht so häufig. Aus einer Aufstellung der Generalstaatsanwaltschaft der US-Luftwaffe geht hervor, dass das Militärgericht in Ramstein in diesem Jahr erst ein und 2022 zwei Urteile gesprochen hat. Derzeit sind in Ramstein für dieses Jahr noch drei Verfahren terminiert. In Spangdahlem gab es in diesem Jahr drei und 2022 fünf Urteile. Derzeit ist für das laufende Jahr ein weiterer Prozess geplant.
Manchem mag noch ein Fall aus dem Jahr 2011 in Erinnerung sein: Da wurde ein US-Soldat, der in der Eifel sein Baby zu Tode misshandelt hat, vor dem Militärgericht auf dem US-Flugplatz Spangdahlem zu 22 Jahren Haft verurteilt. Der damals 23-Jährige hatte nach Ansicht des Gerichts seinen acht Monaten alten Sohn mehrfach so brutal geschlagen und geschüttelt, dass dieser starb. Der Mann wurde in ein Gefängnis in die USA überführt.
„Tendenziell dauern die Strafverfahren vor den Militärstrafgerichten länger als vor den deutschen Gerichten“, sagte Oberstaatsanwalt Dominik Ludwig von der Staatsanwaltschaft Kaiserslautern. Und: „Die von den US-Militärstrafgerichten verhängten Strafen sind in vielen Fällen schwerer als die von den deutschen Gerichten verhängten Sanktionen.“
Tödliche Attacke in Wittlich: US-Soldaten in Gewahrsam
Ein Militärgericht besteht aus einem Militärrichter und acht Beisitzern. Bei den Richtern muss es sich um ausgebildete Juristen handeln, die zugleich Offiziere der Streitkräfte sind. Auch die anderen Prozessbeteiligten einschließlich der Verteidiger sind Juristen und Offiziere zugleich.
Nach dem Tötungsdelikt in Wittlich sind die beiden 25 und 26 Jahre alten Tatverdächtigen an die US-Strafverfolgungsbehörden überstellt worden. „Beide Soldaten bleiben für die Dauer der Ermittlungen in amerikanischem Gewahrsam“, hatte der Stützpunkt in Spangdahlem danach mitgeteilt. Von deutscher Seite war zuvor mitgeteilt worden, dass es im Zuge eines Streits zu einem Gerangel gekommen sei, bei dem die beiden Soldaten mit einem Messer auf das Opfer losgegangen sein sollen. Der Grund für den Streit war zunächst unklar.
Der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling sagte zu dem Wittlicher Delikt beim Host Nation Council in Wittlich, dass Taten wie die auf der Säubrennerkirmes keine Belastung für die deutsch-amerikanische Freundschaft seien. Er ergänzte, dass die Tat eine schreckliche Tat bleibt.