Toleranz für die Ohren

WITTLICH. (peg) Diese Woche ist es soweit: "Babs befreit das Lachen" wird im Atrium aufgeführt. Die Proben sind in der heißen Phase. Immer dabei: Musikstudent Dominik Scheider aus Altrich.

 Babs stellt sich mutig gegen das Lachverbot ihres König Spassenix. Wie sie das macht, können die Zuschauer am kommenden Wochenende im Atrium erleben.Foto: Petra Geisbüsch

Babs stellt sich mutig gegen das Lachverbot ihres König Spassenix. Wie sie das macht, können die Zuschauer am kommenden Wochenende im Atrium erleben.Foto: Petra Geisbüsch

Er nennt die Proben lieber "Workshops", weil diese Bezeichnung das Kind eher beim Namen nenne. Dominik Scheider hatte sich in der Entstehungsphase des Theaterstücks "Babs befreit das Lachen" nach einer Rafik-Schami-Geschichte (der TV berichtete) dazu bereit erklärt, die musikalische Truppe zu leiten. Zur Erinnerung: Annette Münzel aus der Stadtbücherei hatte im vergangenen Jahr das Projekt für den Kultursommer angemeldet. Nachdem es dort abgelehnt wurde, ließ sie die Idee jedoch nicht fallen, sondern brachte es fertig, das gesamte Potenzial an Jugendkulturschaffenden der Stadt zusammenzubringen. Einer davon ist Dominik Scheider, Jahrgang 1976, der im Altricher Musikverein an der Trompete begann. Heute studiert er Musik mit den Schwerpunkten Klavier und Dirigieren in Mannheim und investierte bereits rund 60 Stunden in die Babs-Workshops und all das arbeitsintensive Drumherum. "Spa-sse-nix - Spa-sse-nix", flüstert die Chorus-Gruppe links, unterlegt von dezentem Schlagwerk, während die rechte Gruppe im Takt dazu spricht: "La-chen-ver-bo-ten, La-chen-ver-bo-ten". "Die Trommel ist zu laut", urteilen die Regisseurinnen Edda Eich und Ulla Simon, die hochkonzentriert lauschen. Also noch mal von vorn! Ohnehin müssen am Freitag, wenn das komplette Stück erstmals im Atrium geprobt wird, alle Mitwirkenden noch einmal ihre ganze Flexibilität und ihren Ideenreichtum beweisen. "Dort haben wir eine völlig andere Akustik als hier im Musikraum der Grundschule Jahnplatz", dämpft Scheider die Aufregung. Überhaupt geht es bei dem angehenden Musiklehrer aus Passion erstaunlich ruhig zu. Als er sich auf "Babs" einließ, die sich mutig gegen das Lachverbot ihres König Spassenix stellt, wusste er, dass er seine elfköpfige Truppe zunächst für die Musik, das Projekt und das Team selbst gewinnen musste: Keine leichte Aufgabe bei Menschen zwischen Klasse 7 und 12. Denn bevor das Team an seinen eigentlichen Job, die musikalische Interpretation des Stückes, gehen konnte, galt es, locker und vertraut miteinander zu werden, sich auf nie gehörte Klänge einzulassen, Improvisationen auszuprobieren. Zum Beispiel mit Gläsern und Kreide, Radiergummis, die an einer Flasche entlang reiben, oder mit simplen Holzperlen, die auf den "Saiten" eines Eierschneiders hüpfen. Also: Mit geschlossenen Augen horchen und zu erraten versuchen, womit der Nachbar da wohl eben Töne erzeugt hat. "Interessante, neugierige und tolerante Leute haben sich da zusammen gefunden", so Scheider. Für ihn ist das Ganze ein ebenso großes Abenteuer wie für die Teilnehmer des mehrteiligen Workshops. Er sieht sich weniger als Chef, vielmehr als einer unter vielen, der stets selbst offen ist für frischen Wind in seinem Konzept, das ohnehin gemeinsam erarbeitet und nur in den Grundzügen von ihm vorgegeben wurde. Ein Beispiel sind die Partituren, die jeder der Mitwirkenden inzwischen vor sich liegen hat, und die ständig erweitert und abgeändert werden. Die beiden tragenden Themen des Stückes, das Griesgram- und das Lachen-Thema, sind in Teamarbeit entstanden. Chorisches Sprechen samt der dazugehörigen Notation mochten anfangs langweilig geklungen haben - in dieser Truppe hat sich das geändert. Wo Brecht'sches Chorsprechen für heutige Hörgewohnheiten allzu belehrend daherkommt, wirkt es in der Babs-Aufführung angenehm unaufdringlichlich. Das mag daran liegen, dass keine Theoretiker am Werk sind, einige Aktive nicht einmal ein Instrument beherrschen. Der einzige wirkliche Fachmann ist Dominik Scheider. Für Babs hat er behutsam sein Anliegen erreicht, jungen Leuten die Tür aufzustoßen für einen sehr weiten und umfassenden Begriff von Musik. Und der soll nicht nur die Ohren zu neuer Toleranz führen, sondern den ganzen Menschen im Leben bereichern. Die Aufführungen von "Babs befreit das Lachen" sind am kommenden Wochenende, Samstag und Sonntag, 22. und 23. März, jeweils um 19.30 Uhr im Atrium des Cusanus-Gymnasiums.

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