Trotz Sehbehinderung voll im Einsatz

Bernkastel-Kues · Christian Philipps musste seinen Job als Elektriker wegen einer Sehbehinderung aufgeben. Er gab sich selbst nicht auf, schulte zum Verwaltungsfachangestellten um und arbeitet heute in der Verbandsgemeinde (VG) Bernkastel-Kues.

 Mit wenig Aufwand trotz Sehschwäche voll im Dienst: Christian Philipps an seinem Arbeitsplatz in der Verbandsgemeinde – ganz links sieht man die Vergrößerungskamera für Schriftstücke. TV-Foto: Claudia Szellas

Mit wenig Aufwand trotz Sehschwäche voll im Dienst: Christian Philipps an seinem Arbeitsplatz in der Verbandsgemeinde – ganz links sieht man die Vergrößerungskamera für Schriftstücke. TV-Foto: Claudia Szellas

Bernkastel-Kues. Christian Philipps hat auf dem einen Auge noch zehn bis zwanzig Prozent Sehfähigkeit und auf dem anderen noch 40 bis 50 Prozent. "Es war ein Unfall als Zwölfjähriger beim Spielen, der mich einen Teil meines Augenlichts kostete", berichtet der 37-jährige Wehlener. Verätzungen durch ungelöschten Kalk waren die Ursache. Dennoch absolvierte er eine Lehre als Elektriker und arbeitete in dem Job, so lange bis er vor 13 Jahren seine Arbeit nicht mehr ausüben konnte. Es folgte erst Arbeitslosigkeit, dann die Frühberentung.
Aber, sagt Philipps: "Ich wollte wieder berufstätig sein."Für beide Seiten ein Gewinn


Er machte zunächst ein Praktikum in der Verwaltung der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues. Hieraus entstand die Möglichkeit, eine Ausbildung als Verwaltungsfachangestellter zu absolvieren. Gudrun van Brandwijk, zuständig für Ausbildungen bei der VG, unterstützte Philipps: "Er hat gezeigt, dass er hier arbeiten und dafür lernen wollte. Wir sind sehr froh, dass wir Herrn Philipps haben."
Das war zunächst gar nicht so einfach. Philipps kam auf die Regelschule in Daun. Jedoch war für ihn mit seiner Sehbehinderung die Belastung zu groß, die Noten fielen in den Keller. Eine Lösung musste her - die wurde mit dem Berufsförderungswerk (BFW) in Düren/Nordrhein-Westfalen gefunden. Das Zentrum für berufliche Bildung blinder und sehbehinderter Menschen schult jährlich gut 200 Menschen um. "Wir sind speziell auf die Bedürfnisse von Blinden und Sehbehinderten eingerichtet", erläutert Karl-Albert Eßer vom BFW. Der Fall Christian Philipps sei dabei vorbildlich: "Hier hat ein Arbeitgeber jemanden mit einer Behinderung eingestellt, ihn ausgebildet. Das ist uns in den vergangenen 30 Jahren genau noch ein weiteres Mal vorgekommen. Und hier kann man sehen: Für beide Seiten ist das ein Gewinn."
Geschätzte 150 000 Blinde oder Sehbehinderte gibt es in Deutschland. Das BFW bildet dabei nicht nur aus, sondern vermittelt auch - bei etwa 70 Prozent liegt die Quote.
Was ist am Beispiel Philipps so besonders? "Wir haben hier länderübergreifend eine Ausbildung auf Verwaltungsebene erwirkt, und es hat bestens funktioniert", so van Brandwijk.
Die praxisorientierte und auf seine Sehschwäche eingestellte Ausbildung schloss Philipps als Drittbester des Kurses in Nordrhein-Westfalen ab. Heute ist er in einer Ordnungsbehörde in Rheinland-Pfalz tätig. Mit wenigen Hilfsmitteln kann der leidenschaftliche Feuerwehrmann und Tauchfan problemlos arbeiten: "Ich habe ein PC-Vergrößerungsprogramm und ein Kameralesegerät, mit dem ich Schriftverkehr gut erkennen kann." Philipps trägt zudem eine Baseballkappe: "Für mich ist das kein modisches Accessoire, sondern ein Schutz gegen die Sonnenstrahlen."

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