Ürziger streiten über Abriss der Schule

Ürzig · Die Ürziger hätten gerne ein Bürgerhaus - vielleicht in der alten Schule. Gestritten wird aber unter anderem über die Kosten. Und es geht um die Frage, ob die Einwohner ausreichend informiert sind. Vielleicht gib es sogar einen Bürgerentscheid.

 Streitobjekt: die alte Schule in Ürzig, die seit Mitte des Jahres 2007 leersteht. TV-Foto: Klaus Kimmling

Streitobjekt: die alte Schule in Ürzig, die seit Mitte des Jahres 2007 leersteht. TV-Foto: Klaus Kimmling

Ürzig. Das Ürziger Schulgebäude steht seit Mitte 2007 leer. Seither wird über eine alternative Nutzung diskutiert. Wunschvorstellung ist ein Bürgerhaus. Gestritten wird darüber, ob das Gebäude abgerissen und neugebaut wird, oder ob eine Sanierung reicht. Dabei geht es auch ums Geld. Eine Sommerpause gibt es in dieser Diskussion nicht. Der Gemeinderat wird sich voraussichtlich noch im Juli mit einem Bürgerbegehren beschäftigen. Es könnte auch zu einem Bürgerentscheid kommen.
Die Frage lautet: "Ich unterstütze die Forderung, dass die alte Schule nicht abgerissen wird und an dieser Stelle auch kein neues Bürgerhaus errichtet wird." Stimmt die Mehrheit des Gremiums diesem Antrag zu, wird die Beratung über die Nutzung des Gebäudes von vorne beginnen. Findet der Antrag keine Mehrheit, kommt es zu dem Bürgerentscheid (siehe Extra). Mehr als 260 der 782 Wahlberechtigten unterstützen einen entsprechenden Antrag der Gemeinderatsmitglieder Kurt Loosen, Paul Keukert und Stephan Webering. Um das Verfahren in Gang zu setzen, reichen 118 Unterschriften (15 Prozent der Wahlberechtigten bei der Kommunalwahl 2009). Bei der VG-Verwaltung Bernkastel-Kues werden die Unterschriften derzeit geprüft.
Die Kosten für einen Neubau werden auf zwei Millionen Euro geschätzt. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens gehen von 2,5 Millionen aus. Ihre Forderung: Die Bürger sollen mitentscheiden.
"Wir sind nicht gegen den Bau eines Bürgerhauses", sagt Paul Keukert. Doch es müsse möglich sein, die Schule auch für eine Million Euro umzubauen. Außerdem müsse die Sporthalle, in der auch die großen Veranstaltungen stattfinden, dringend saniert werden. Keukert schätzt die Kosten dafür auf 500 000 Euro.
Laut Ortsbürgermeister Arno Simon wurde die ursprüngliche Planung für die Schule schon abgespeckt. Statt zweigeschossig solle nur noch eingeschossig gebaut werden. Kostenpunkt für Abriss und Neubau (inklusive Dorfplatz): etwa 1,5 Millionen Euro. Der Sanierungsbedarf der Sporthalle sei unstrittig. Simon rechnet mit Kosten von 350 000 Euro und hohen Zuschüssen.(bis zu 60 Prozent). Als Schwerpunktgemeinde des Landes könne Ürzig auch beim Bau des Bürgerhauses mit hohen Zuschüssen rechnen.
Vereine und Bürger seien an diesem Prozess beteiligt, unter anderem im Rahmen der Dorfmoderation, sagt Arno Simon. Beteiligung und Information seien unzureichend, argumentiert Paul Keukert. "Durch das Bürgerbegehren soll die Uhr auf Null gestellt und eine neue Diskussion in Gang gesetzt werden", sagt er. Wenn die Bürger dann für die große Lösung votierten, werde das akzeptiert.
Gisela Oster, Vorsitzende des Urzechachores (mit Kinderchor), hat auch unterschrieben. Die Renovierung der Sporthalle bringe dem Chor nichts. Er nutze einen Raum in der Schule, sagt sie. Oster möchte gleichwohl, "dass sehr offen über das Thema geredet wird. Bisher wurden die Bürger weitgehend außen vor gelassen."Meinung

Es geht ans Eingemachte
Bürgerbeteiligung: Vielleicht wird das ja das Wort des Jahres 2011. Allerdings sollte die Bürgerbeteiligung nur da erfolgen, wo es ans Eingemachte geht. Sonst nimmt die Bürokratie noch weiter zu. In einem Ort wie Ürzig, der zwischen 1999 und 2009 zehn Prozent seiner Bürger verloren hat und aus Kindermangel vor vier Jahren seine Grundschule schließen musste, geht es ans Eingemachte. Die im Raum stehenden Summen sind kein Pappenstiel. Mehr als 260 Unterschriften zeigen, dass die Bürger an diesem Prozess beteiligt werden möchten. Es bedeutet nicht, dass sie ein Bürgerhaus ablehnen. Der Gemeinderat sollte darauf hören und das Projekt nicht mit aller Macht durchboxen. c.beckmann@volksfreund.de Ein Bürgerentscheid würde vor aussichtlich noch 2011 stattfinden. "Schätzungsweise zwei Monate Vorlaufzeit sind aber nötig", sagt Burkhard Höhlein (Städte- und Gemeindebund Rheinland-Pfalz). Um das Projekt zu kippen, müssten 30 Prozent der Wahlberechtigten den Antrag unterstützen, und dies müsste die Mehrheit der abgegebenen Stimmen sein. In der VG Bernkastel-Kues gab es bisher einen Bürgerentscheid. 1997 entschied sich in Zeltingen-Rachtig die Mehrheit gegen den Umbau des Schorlemer-Anwesens in ein Bürgerhaus. Es wurde dann aber doch in abgespeckter Version gebaut. cb

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