Unbemannter Spritzhubschrauber im Anflug

Schweich · Das Schweicher Bürgerzentrum war bei der Eröffnung des Weinbautages Mosel mit 450 Menschen sehr gut gefüllt. Der Winzerberuf, das war eine Botschaft, ist wieder attraktiv. Ganz und gar nicht attraktiv sind dagegen die Fassweinpreise. Die sind ganz tief im Keller.

Schweich. In weniger als 100 Tagen wird in Rheinland-Pfalz ein neuer Landtag gewählt. Da verwundert es nicht, dass der Mosel- Weinbautag auch ein Schaulaufen der politischen Prominenz ist. Ulrike Höfken (Grüne), die für Weinbau im Land zuständige Ministerin, ist da. Peter Bleser (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, wird im Schweicher Bürgerzentrum auch begrüßt - genauso wie diverse Landtagsabgeordnete aus der Region zwischen Trier und Cochem. Höfken und Bleser, die beiden Eifeler, mögen sich, wie sie mehrfach betonen. In der Sache berichten sie den etwa 450 Zuhörern über die Wohltaten, die die Winzer aus Mainz beziehungsweise Berlin bekommen haben oder noch erhalten.
Wer nicht nur den beiden genau zuhört, merkt: Es geht den Winzern nicht schlecht, obwohl die Fassweinpreise wieder einmal im Keller sind. "Das Jahr 2015 brachte einen sehr guten Jahrgang hervor", sagt Rolf Haxel, Präsident des Weinbauverbandes Mosel, in seinem Bericht zur weinbaupolitischen Lage. "Wir dürfen uns auf einen überdurchschnittlichen Jahrgang freuen", pflichtet ihm Ulrike Höfken bei. Diese Nachricht ist das, was zählt, wenn sie bei den Verbrauchern ankommt.
Und es wird auch in Zukunft gut ausgebildete Winzer geben, die diesen Wein kreieren. Hubert Friedrich, Leiter des Dienstleistungszentrums Ländlicher Raum (DLR) Mosel, berichtet von 110 jungen Leuten, die derzeit den Beruf erlernen und in sechs Klassen unterrichtet werden.
Wenn sie einmal im Beruf stehen, dürfte es weitere Arbeitserleichterungen geben. Technikexperte Mattias Porten (DLR) berichtet von den Innovationen beim Steillagenvollernter. Die Erfahrungen aus dem Jahr 2015 seien schon wesentlich besser als die Ergebnisse von 2014. Ein weiterer Anbieter werde auch den Wettbewerb stärken.
Und Freimut Stephan, der viele Jahre lang einen Spritzhubschrauber über die Weinberge steuerte, steht mit seinem neuen Favoriten auf der Bühne - einem kleinen unbemannten Helikopter. Ein solches Gerät soll mittelfristig gewisse Aufgaben seines großen Bruders übernehmen: beispielsweise in schwer zugänglichen Bereichen, in der Nähe von Häusern oder da, wo der große Hubschrauber zu teuer wird.
Serienreif ist die kleine Variante noch nicht. Wenn sie es ist, soll sie etwa 80 000 Euro kosten. In manchen Bereichen werden dann Lärm und davonwehende Spritzmittel gegen Null tendieren, was den Anwohnern gefallen dürfte.
Offiziell kein Thema ist der Mindestlohn, der seit 2015 auch im Weinbau gilt. In den alten Bundesländern ist er am 1. Januar 2016 von 7,40 Euro auf acht Euro gestiegen. 2017 werden es zuerst 8,60 Euro sein und ab dem 1. November 9,10 Euro. Welche Auswirkungen hat das auf Winzer und Verbraucher? Für die Selbstvermarkter sei das kein Problem, glaubt Gerd Knebel, Geschäftsführer des Weinbauverbandes. Die Umsetzung führe aber wieder zu mehr Bürokratie. Der Druck des Handels, der sich auf die Fassweinpreise auswirke, werde eventuell dazu führen, dass es in den Geschäften in den unteren Segmenten zu Preisstürzen komme. "Von 2,49 auf 1,99 Euro und von 1,99 auf 1,49 Euro", unkt Knebel. Für Winzer in diesem Bereich werde es deshalb immer schwerer (siehe Extra).
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Wie stehen die Winzer zum Mindestlohn? Erich Lehnert (Piesport) sieht auf die Winzer, die keine Selbstvermarkter sind, sondern an Kellereien oder Genossenschaften liefern, Probleme zukommen. "Die können das nicht bezahlen", sagt er. Die Selbstvermarkter könnten das besser regeln. Preiserhöhungen seien aber nicht auszuschließen. Marcus Haag (Brauneberg) sieht die sogar als zwingend an. Sein neuer Jahrgang werde wahrscheinlich fünf Prozent teurer. Problematisch sei der bürokratische Aufwand. Einmal pro Woche werde ein Stundenzettel ausgefüllt, auf dem beispielsweise auch die Pausen vermerkt sein müssten. Harald Conrad (Burg) rechnet für seinen Betrieb derzeit nicht mit Preiserhöhungen. Auch für ihn ist die Bürokratie ein Ärgernis. Das Unternehmertum werde benachteiligt. cb

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